Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
Schwierigkeiten?«
»Ich muss hier ein großes Stück Fels absprengen, aber ich habe keinen Keil mehr, und mein Dolch ist schon zerbrochen.«
»Und jetzt?«
»Deinen Dolch, ich brauche deinen Dolch. Dann kriege ich dich da raus.«
Nagende Zweifel meldeten sich, als ihr die Satteltasche vor die Füße fiel. Sie legte den Dolch hinein und sah zu, wie die Tasche durch das Loch verschwand. Plötzlich fiel ihr etwas ein. »Was ist mit den Dolchen des Raik?«
Einen kurzen Augenblick war es still.
»Zu zerbrechlich«, antwortete Tasil schließlich. »Schön, aber minderwertige Ware, Maru. Warte, gleich habe ich es.«
Maru hörte es oben hämmern und klopfen, dann ein heftiger Schlag, noch einer, und dann zerbrach etwas.
»Bei Bronds Hammer!«
»Was ist geschehen?« Maru blickte durch das Loch nach oben.
Es dauerte eine Weile, bis dort der Schatten von Tasils Kopf auftauchte.
»Es tut mir leid, Maru, Muqtaqs Axt ist zerbrochen. Wie es aussieht, kann ich diesen Fels nicht zerschlagen.«
»Die Axt? Hast du keinen Hammer?«
»Nein, wie gesagt, es tut mir leid, aber ich kriege dich wohl nicht durch dieses Loch.«
»Was?« Marus Stimme wurde schrill.
»Niemand bedauert das mehr als ich, Maru. In dir steckt mehr, als ich dachte.«
»Aber …«
»Vielleicht finden sie dich irgendwann. Ich werde den Geheimgang offen lassen. Viel Glück.«
»Halt! Warte! Onkel?« Nackte Angst stieg in ihr auf. Aber gleichzeitig weigerte sie sich zu glauben, dass dies wirklich geschah.
»Ich kann nicht länger bleiben.«
Das war doch sicher ein böser Traum, oder? Das konnte nicht wahr sein! »Lass mir wenigsten meinen Dolch hier.«
Einen Augenblick blieb es still. Dann fiel etwas durch das Loch. Es war eine der silbernen Klingen des Raik.
»Das ist nicht mein Dolch, Onkel.«
Tasil schien zu zögern, bevor er antwortete. »Es ist eine gute Waffe. Ich lasse das Seil hier. Vielleicht kannst du dich von unten durcharbeiten. Leb wohl.«
»Onkel?« Maru lauschte. »Onkel?«
Aber er war fort. Sie glaubte zu hören, wie er davonrannte. Die Beute in den Satteltaschen klapperte blechern.
»Mein Dolch!«, schrie sie. »Er gehört mir!«
Das war Unsinn, das wusste sie. Ob mit oder ohne Hakul-Dolch, sie war verloren. Das Echo hallte von den Wänden. Sonst blieb es stumm.
Völlig erschöpft sackte Maru auf die Knie.
Tasil war weg. Er hatte sie im Stich gelassen. Sie setzte sich und betrachtete das schwache Licht der Kerze. Lange würde es nicht mehr reichen. Tasil hatte sie verraten und dem sicheren Tod überlassen. Dort oben brannte Licht, wahrscheinlich eine der Öllampen. Den warmen Schein dort oben zu sehen, machte es noch schlimmer. Er war nah, doch unerreichbar. Durch dieses Loch würde sie vielleicht ihren Kopf schieben können, aber keinesfalls den Rest ihres Körpers. Sie hatte Angst. Sie würde hier sterben.
Maru schüttelte den Kopf und atmete tief durch. Es gab eine Möglichkeit, irgendeine. Sie musste sie nur finden.
Die Sekunden verrannen. Durcharbeiten, hatte er gesagt. Womit denn? Wie sollte sie sich durch Fels bohren, den nicht einmal er sprengen konnte? Sie stöhnte. War das also das Ende? Jalis, der Maghai, hatte gesagt, dass sie ihr Leben nicht als Sklavin beenden würde. Offenbar hatte er sich getäuscht. Sie wischte sich eine Träne aus dem Auge.
»Wasser.« Der Daimon stand plötzlich vor ihr.
Sie zuckte zusammen. Dann lächelte sie schwach. »Hallo, Utukku. Willst du mir beim Sterben zusehen?«
Er legte den Kopf schief. Seine kupferfarbenen Augen starrten sie an. »Drei Tropfen.«
»Was?«
»Dein Blut, Maru Nehis. Drei Tropfen. Mehr nicht.«
»Dann nimm sie dir doch«, sagte sie matt.
Er saß plötzlich auf der anderen Seite der Kammer. »Freiwillig, Maru Nehis.«
Maru fuhr herum. Dass er sich das nicht abgewöhnen konnte! »Ich soll sie dir freiwillig geben? Ist es das, was du meinst?«
»Ja.«
»Aber was willst du überhaupt damit?«
Im Grunde war es natürlich gleich, ob sie ihm einen Tropfen oder all ihr Blut gab. Sie würde bald sterben. Langsam und qualvoll. Das wurde ihr plötzlich klar. Es schauderte sie. In der Kammer des Raik gab es Vorräte. Die würden für Jahre reichen. Und Wasser gab es hier auch. Die Furcht drückte ihr das Herz zusammen. Ihr Sterben würde dauern. Waren die Kerze und die Fackeln erst einmal verloschen, würde sie im Dunkeln dahinsiechen. Blind würde sie durch die Gänge kriechen, Wasser aus Pfützen trinken und faulende Gerste herunterschlingen. Ohne jede
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