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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Schließlich kam sie auf die Idee, auf den Schirqu zu steigen. Sie war nicht die Erste, die Treppen und Absätze des Tempelturms waren bereits voller Menschen, aber sie fand einen guten Platz auf dem Dach der zweiten Stufe, wo sie sich setzen und den ganzen Platz überblicken konnte. Die Serkesch in ihrer Umgebung sahen sie neugierig an. Maru fragte sich, warum es so offensichtlich war, dass sie nicht aus dieser Stadt stammte. Dann fiel ihr ein, dass sie vermutlich ihr kurz geschorenes Haar und ihre ärmliche Kleidung verrieten. Der Überwurf, den sie trug, war nicht viel besser als ein Sack. Sie sah sich die Menschen um sie herum an: Es waren fast nur Männer. Sie wirkten wohl genährt, ihre Skers und Umhänge waren sauber und farbenfroh, nur wenige waren geflickt. Auf der Stufe unter ihr entdeckte sie einige Männer, die die ärmlichen Schilf-Skers von Fischern trugen. Aber das waren Ausnahmen. Den Menschen der Stadt schien es gut zu gehen. Sie entdeckte auch einige junge Priester oder Tempeldiener mit den üblichen kahl geschorenen Schädeln. Unwillkürlich strich sie sich mit der Hand über den Kopf. Fast einen Monat war es jetzt her, dass ihr Atib der Händler ihr die Haare hatte abrasieren lassen. Es hatte geholfen, die Läuse waren verschwunden, aber
mit den kurzen Haaren und in dem Leinensack sah sie eben aus wie eine frisch verkaufte Sklavin. Maru seufzte. Sie sollte Tasil bitten, ihr etwas anderes zum Anziehen zu kaufen. Das musste doch auch in seinem Sinne sein, oder? Ob er auch auf dem Platz war? Gesehen hatte sie ihn nicht.
    Unten tat sich etwas. Die Menschen auf dem Platz gerieten in noch größere Unruhe. Eine Welle lief vom Torweg her quer durch die dicht gedrängten Leiber. Dann teilte sich die Menge. Maru sah große, kräftige Soldaten, die sich mit den Schäften ihrer Speere den Weg bahnten. Sie drängten die Umstehenden zur Seite. Es wurde geschrien und geflucht, aber der Spalt wurde breiter, und schließlich war eine Gasse vom Torweg bis zum Palast gebahnt. Dann erschien der Malk. Er war umringt von einer Schar Krieger mit großen eisernen Äxten. Er kam allein, von seinem Bruder war nichts zu sehen. Erst jetzt fiel Maru auf, dass Biredh das auch so angekündigt hatte. »Der Malk kommt «, hatte er gesagt. Woher hatte er nun wieder gewusst, dass es nur einer war? Hinter dem Malk, mit respektvollem Abstand, folgten fünf Priester. Vier trugen weiße Umhänge. Maru erkannte an der Farbe ihrer Gürtel, welchem Hüter sie dienten: Rot für den Diener Bronds, blau für Alwas Priester; bei dem von Hirth war der Gürtel grün, und beim Priester von Fahs war er weiß. Grau war das Gewand des fünften, der den anderen folgte. Maru hatte in Akyr genug gelernt, um zu wissen, dass es immer so war. Die Diener der vier Hüter hatten in vielem Vorrang vor den Priestern Strydhs, denn Strydh war als letzter der erstgeborenen Götter zur Welt gekommen. Maru sah aber auch, dass diese Reihenfolge nichts über die wahren Machtverhältnisse auf dem Tempelberg aussagte. Selbst von Weitem sah sie dem Graugekleideten an, welch schneidende Verachtung er seiner Umgebung entgegenbrachte. Er war ein großer, hagerer Mann, der die anderen Priester im Wuchs überragte – und er strahlte eine Selbstsicherheit
aus, die Maru noch auf der zweiten Stufe des Schirqu zu spüren glaubte.
    Plötzlich spürte sie eine harte Hand auf ihrer Schulter: »Maru, du nutzlose Sandkröte, hier treibst du dich also herum!« Es war Tasil.
    Maru fiel vor Schreck fast von der Mauer. Tasil saß plötzlich neben ihr, während einige verdutzte Serkesch sich ein Stockwerk tiefer aufrappelten. Jemand schien auf sie gefallen zu sein. Verletzt war offenbar niemand, aber es wurde mächtig geschimpft. Der Gefallene behauptete, dass er gestoßen worden sei, aber niemand glaubte ihm.
    Tasil lächelte. »Wenigstens hast du einen guten Platz ausgesucht«, lobte er, »aber hast du auch etwas von Belang in Erfahrung gebracht?« Er sprach halblaut, damit die Umstehenden nichts hörten.
    Maru ordnete kurz ihre Gedanken. »Der Immit des Kaidhan wird bald, eigentlich täglich hier erwartet«, antwortete sie ebenso leise. Diese Nachricht schien ihr unter allen, die sie gehört hatte, die wichtigste.
    Tasil warf ihr einen überraschten Seitenblick zu. Offenbar hatte er nicht wirklich erwartet, dass sie ihm irgendetwas von Bedeutung mitzuteilen hatte. Er legte den Kopf in den Nacken. »Der Immit … Täglich? Ist dir klar, was das heißt?«
    Auf diese Frage hatte Maru

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