Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
erst einmal einen Baum, und soweit ich es
sehe, gibt es hier nur Schilf«, meinte Tasil. »Wir sollten machen, dass wir weiterkommen.«
»Erst Wunden versorgen«, sagte Vylkas.
Sein Gesicht war ganz grau. Offenbar hatte auch er etwas abbekommen, auch wenn Maru die Wunde nicht sehen konnte.
»Gut, aber wir müssen uns beeilen«, mahnte Tasil.
»Wohin geht unsere Fahrt eigentlich?«, fragte Ulat, der bei jeder Bewegung vor Schmerz stöhnte. »Hat das Mädchen denn was in Erfahrung bringen können?«
»Hat es«, sagte Maru knapp. Sie mochte es nicht, wenn man über sie redete, als sei sie gar nicht da. »Ich meine, ich kenne den Weg zu Dwailis’ Insel«, sagte sie, als sie die düsteren Blicke der Söldner sah. Es war vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, empfindlich zu sein.
»Die Wunden. Brauche Schlammflechten, Blutegel, Schilf«, erklärte Vylkas knapp. »Dann kann ich sie versorgen.«
Obwohl Tasil weiter auf Eile drängte, lenkten sie die Boote in einen schmalen Seitenarm, wo sie hohes Schilf den Blicken möglicher Verfolger entziehen würde. Eine Flussechse ließ sich träge von einer Sandbank ins Wasser gleiten.
»Aufpassen, Kröte, das ist sicher nicht die einzige«, meinte Tasil.
Sie besorgten, was der Dakyl verlangt hatte, schnitten Schilf für Verbände und sammelten Schlamm, um Wunden zu schließen. Von allem gab es im Isberfenn reichlich. Vylkas selbst kümmerte sich um die Blutegel. Er behauptete, sie hätten Heilkraft.
»Mag sein, mein Freund, dass ihr in den Wolfsbergen diese Art Heilkunde pflegt«, meinte Meniotaibor, »aber diese Tiere kommen nicht an meine Wunden.«
Sie alle hatten etwas abbekommen. Tasil hatte eine Fleischwunde am Unterarm, Bolox war mit blauen Flecken und vielen kleinen Schnittwunden geradezu übersät. Vylkas steckte ein abgebrochener
Pfeil im Unterschenkel. Der Widerhaken saß tief im Fleisch. Meniotaibor wollte ihn herausschneiden.
»Später«, sagte der Dakyl. »Braucht Feuer, Feuer reinigt.«
Maru war ebenfalls verwundet worden. Sie selbst hatte es gar nicht bemerkt, aber Tasil sagte plötzlich: »Was hast du da am Rücken?«
»Am Rücken?« Maru hatte dort schon die ganze Zeit ein leichtes Ziehen verspürt, dem aber keine Bedeutung beigemessen. Jetzt griff sie mit der Hand an die Stelle. Ihr Garwan war aufgerissen, und der Stoff fühlte sich klebrig an.
Tasil grinste. »Sauberer Schnitt, Kröte.«
Maru wurde flau im Magen.
»Ehrenzeichen«, sagte Vylkas, als er sich die Wunde ansah. »Aber schon geschlossen. Brauchst meine Kunst nicht.«
»Es ist ein Wunder, dass uns nichts Schlimmeres widerfahren ist«, meinte Meniotaibor, der seine Schulter auf Rat des Dakyl mit einer Art Sumpfflechte kühlte.
»Ein Wunder, an dem Arbi leider nicht teilhaben kann«, sagte Ulat düster.
»Es war ein guter Kampf«, warf Bolox ein, »wir haben viele getötet.«
»Das bringt ihn nicht zurück«, erwiderte Ulat.
»Ich wundere mich über dich, Akkesch. Ist es nicht das Schicksal und der Wunsch des Kriegers, in der Schlacht zu sterben?«, fragte Meniotaibor. »Wir alle hoffen doch, dass diese Stunde einst auch für uns kommen wird. Oder wollt ihr alt und grau auf dem Sterbebett dahinsiechen, Männer?«
»Er war kein Krieger«, sagte Ulat leise.
Die Söldner sahen ihn verwundert an, sagten aber nichts.
»Wie meinst du das?«, fragte Maru schließlich.
Ulat seufzte bekümmert. »Er war in der gleichen Ansai wie ich«, begann er, »das ist wahr, doch war er nur ein Sklave unseres
Schab. Dabei wollte er so gerne ein Krieger sein. Ich mochte ihn, denn er war von guter Art. Ich habe euch erzählt, dass dieser Schab ein Feigling war, der den Kampf scheute und sich aus dem Bruderkrieg heraushalten wollte. Vielleicht war er aber auch nur klüger als ich, denn wir Krieger waren untereinander zerstritten. Die einen, vor allem die Kydhier, wollten für Numur, die anderen, die Akkesch zumal, für Luban kämpfen. Mir war es gleich. Ich wollte nur nicht länger auf den staubigen Hügeln sitzen und warten, bis mir das Alter die Waffen aus der Hand nimmt. Also entschloss ich mich, in den Krieg zu ziehen. Ich fragte Arbi, ob er mich nicht begleiten wolle, denn es marschiert sich leichter, wenn du einen Gefährten an deiner Seite hast. Wie er sich gefreut hat, als ich ihn fragte! So haben wir uns davongestohlen, wie Diebe in der Nacht. Und ein Dieb bin ich, denn viele Jahre guten Lebens habe ich Arbi geraubt.«
Bolox legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Mach dir keine Vorwürfe,
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