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Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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ihr den Atem. Das warnende Gefühl, das sie noch auf der Treppe so stark verspürt hatte, wurde verdrängt. Der Raum war alt, das konnte sie spüren, als sie eintrat. Er war schlicht und einfach gehalten und wurde von sechs hohen, schlanken Säulen getragen. Die Männer hatten weitere Lampen entdeckt und entzündet. Verwitterte Zeichen, ähnlich denen, die sie schon gesehen hatten, schmückten die Säulen und hier und dort, in langen Reihen, die Wände. An einer der Seiten war ein großes steinernes Becken in den Boden gelassen. Vermutlich wurde dort das Opfer gereinigt. Aber das alles verblasste angesichts dessen, was Maru am anderen Ende des Raumes erblickte: Es war die Figur einer Schlange, vier Schritte lang, ein gewundener Körper mit acht kräftigen Beinen, mit langen Klauen und angedeuteten Flossen. Die Schlange wand sich in übertriebenen Bögen über einen schmucklosen, steinernen Altar, und ihr breiter Kopf mit langen Zähnen starrte den Besucher aus blitzenden Augen an. Sie war plump, ihr Leib zu dick, der Kopf zu mächtig, Klauen und Zähne maßlos übertrieben, und doch war sie das Wunderbarste, was Maru je gesehen hatte, denn sie war ganz und gar aus Gold!
    »Die Augen, seht nur, Edelsteine, wie weißes Feuer«, flüsterte Tasil.
    Der Dakyl versuchte, sie anzuheben. »Sie ist schwer«, murmelte er andächtig.

    »Ich habe sie zuerst gesehen«, rief Ulat mit vor Aufregung heiserer Stimme.
    Für einen Augenblick legte sich feindseliges Schweigen über den Tempel.
    »Sei kein Narr, Akkesch, du könntest sie doch alleine gar nicht tragen«, sagte Meniotaibor.
    »Aber mir steht der größte Teil zu, denn ich habe sie zuerst gesehen.«
    »Wenn du nicht willst, dass sie das Letzte ist, was du gesehen hast, solltest du solche Narreteien unterlassen, Akkesch«, herrschte der Iaunier ihn an.
    Ulat legte seinen langen Speer betont gelassen von einer Schulter auf die andere. »Drohst du mir, mein Freund?«
    »Eine Warnung, nur eine Warnung. Es hat sich schon mancher Vogel an einem so großen Bissen verschluckt, Ulat.«
    »Hört auf, Männer, vielleicht gibt es hier noch mehr, genug für alle«, rief Bolox dazwischen.
    »Das hoffe ich für diesen alten Narren«, zischte Meniotaibor.
    »Die Ringe«, sagte Vylkas knapp.
    »Natürlich! Die Ringe müssen irgendwoher kommen«, rief Tasil. »Seht euch dieses goldene Biest an. Es ist ohne Kratzer, da fehlt kein Stück.«
    »Hässlich ist sie«, sagte Vylkas, »und vollkommen.«
    »Ich finde sie nur hässlich«, meinte Lathe plötzlich.
    Maru musste lachen. War das Mädchen die Einzige, die sich nicht von dem Gold blenden ließ? Sie selbst sah es eher wie der Dakyl. Eigentlich hatte er genau das ausgedrückt, was sie empfand, und das war mehr als erstaunlich, denn er sagte ja sonst so gut wie nie etwas. Tasil entdeckte hinter dem Altar eine Treppe, die weiter nach unten führte.
    »Da unten muss er sein, der Schatz«, flüsterte Bolox.
    »Licht!«, befahl Tasil.

    »Geh es dir selbst holen, Urather«, antwortete Meniotaibor.
    »Kröte!«
    Tasil hatte den ganzen Tag nicht viel gesagt, und mit Maru hatte er kaum gesprochen. Selbst das Wort »Kröte« hatte sie lange nicht von ihm gehört. Sie gehorchte widerwillig und brachte eine Lampe von einer der Säulen. In ihrem Schein zeigte sich eine weitere lange Treppe, die schmaler war, als jene, die sie heruntergekommen waren.
    »Folgt mir«, sagte Bolox und stieg hinab.
    Die Männer zögerten, und dann sagte Ulat plötzlich, mit einem verstohlenen Seitenblick auf die Schlange: »Ich bleibe hier.«
    »Ich auch«, sagte Meniotaibor schnell.
    »Wie Kinder«, meinte Vylkas kopfschüttelnd und begann, die Treppe hinabzuhumpeln.
    »Nun komm, Biredh«, sagte Tasil.
    »Du willst, dass ich mitkomme, Urather?«, fragte Biredh überrascht.
    »Natürlich. Vielleicht gibt es wieder eine Tür, bei der wir deine Ohren brauchen. Oder kannst du dich an der Schönheit dieser Schlange hier nicht sattsehen?«
    Biredh lachte laut auf, nahm seinen Stock und folgte Tasil die Stufen hinab. Lathe führte ihn. »Na, da werde ich wohl gar nicht mehr gebraucht«, dachte Maru. Sie musste zwischen dem Iaunier und dem Akkesch hindurch. Sie konnte den Hass der beiden Männer aufeinander beinahe fühlen.
    Sie lief eilig nach unten und hörte Lathe fragen: »Sag, Großvater Biredh, sind wir hier unter Wasser?«
    »Das sind wir, mein Kind, das sind wir«, erwiderte Biredh mit einem Lächeln in der Stimme.
    Maru bekam ein Gefühl von Beklemmung. Bis jetzt hatte sie

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