Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
das gehen? Habt ihr sie nicht gesehen? Ich würde mich nicht wundern, wenn dhanisches Blut in ihren Adern fließt. Und ihr ›Onkel‹, oder was immer er ist, schien über meinen Vorschlag weit weniger entsetzt als mancher hier.«
Die Schlange blickte Maru weiter unverwandt an. Marus Herz schlug bis zum Hals.
»Er ist bereit, das Mädchen zu opfern?«, fragte Skeda erstaunt.
»Er hat gesagt, dass er darüber nachdenken will, was mich in meinem Verdacht bestärkt, dass sie eben nicht seine Nichte ist.«
Maru lag wie erstarrt. Die Schlange züngelte ihren Oberarm entlang.
»Das ist kein Ja«, giftete Hana.
»Es ist aber auch kein Nein«, erwiderte Taiwe scharf.
»Du hast uns dennoch in eine schwierige Lage gebracht, Taiwe, denn dank dir kennen die Fremden nun unser Geheimnis«, sagte Skeda.
»Ja, es war ein Fehler«, gab Taiwe zu. »Ich ahnte nicht, dass wir beobachtet werden, aber vielleicht ist das auch ein Wink des Schicksals, das will, dass wir das Angebot des Farwiers annehmen.«
Wieder füllte unruhiges Gemurmel den Saal.
»Erkläre uns das, Taiwe«, bat Skeda.
»Wenn du kannst«, höhnte Hana.
»Was haben wir denn zu verlieren?«, fragte Taiwe. »Es sind noch drei Tage bis Neumond. Nehmen wir an, die Fremden finden die Erwachte, und es gelingt ihnen tatsächlich, sie zu töten – wir wären den Fluch für alle Zeiten los, und meine Enkelin wäre gerettet.«
»Aber das Gold!«, sagte Hana.
»Das Gold? Nun, das wird sich weisen, wenn es so weit ist. Eines nach dem anderen.«
Die Schlange rollte sich zusammen. Sie schien auf Marus Arm schlafen zu wollen!
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie die Erwachte besiegen können«, sagte Skeda zweifelnd.
»Ich auch nicht«, erwiderte Taiwe. »Ich denke aber, dass sie sie finden werden, denn dieser Dakyl scheint ein guter Jäger zu sein. Oder vielleicht findet die Zermalmerin auch sie, wer weiß? Die Fremden werden diese Begegnung jedenfalls kaum überleben, und dann nehmen sie, was sie wissen, mit ins Grab.«
Ferner Donner rollte über den Himmel. Es würde bald ein Gewitter geben.
»Also willst du sie in ihr Verderben laufen lassen?«, fragte Skeda. Es klang erstaunt.
»Es sind Söldner. Sie suchen die Gefahr und vielleicht auch den Tod. Das ist ihr Schicksal. Wenn sie nicht hier sterben, dann in diesem sinnlosen Bruderkrieg.«
»Deine Kälte erstaunt mich, alter Freund«, sagte Skeda betroffen.
»Ich bin erkaltet, seit Hanas Los meine Enkelin getroffen hat. Sie ist das Licht meines Alters, das nun auf dem Altar der Bestie verlöschen soll. Soll ich da singen und tanzen?«, fragte Taiwe verbittert. Dann seufzte er und sagte: »Verzeih, alter Freund. Ich hoffe, du kannst, ihr alle könnt verstehen, dass ich jeden anderen Weg versuchen muss, bevor ich Lathe den Opfergang antreten lasse.«
»Und glaubst du, diese anderen Wege führen zu ihrer Rettung? Du sagtest selbst, dass die Söldner wohl kaum Erfolg haben werden«, sagte Skeda. »Wenn sie alle tot sind, ist nichts gewonnen.«
»Alle?«, fragte Taiwe. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass
sich der Urather mit seiner ›Nichte‹ an dieser Hatz beteiligt. Er scheint mir nicht der Mann, der sich auf tollkühne Unternehmungen einlässt. Er wird abwarten. Und wenn die Krieger scheitern, glaubt er ja immer noch, dass er auf einem anderen Weg an das Gold herankommt. Und so kommt meine Enkelin vielleicht doch noch mit dem Leben davon.«
»Aber das Gold!«, zischte Hana.
»Es ist nur Metall, nichts weiter. Das wird er einsehen«, sagte Taiwe ruhig.
Das war offenbar etwas, was die Männer im Saal untereinander besprechen mussten, denn es wurde laut oben.
Skeda wartete, bis die Unruhe verebbt war, dann sagte er: »Ich sehe, du hast es gut bedacht, Taiwe, wie stets. Also, sollten wir dem Vorschlag des Farwiers zustimmen?«, fragte Skeda.
»Wenn Hana keine Einwände mehr hat«, sagte Taiwe trocken.
Aber der Edaling schwieg.
Maru hätte sich jetzt nur zu gern zurückgezogen, aber die Schlange auf ihrem Arm rührte sich nicht. Oben wurde jemand beauftragt, die Fremden zu rufen. Erneut erklang ferner Donner. Maru konnte sehen, wie die ersten Tropfen draußen auf die nasse Erde fielen. Irgendwo zuckte ein Blitz. Eine Maus tauchte in Marus Blickfeld auf. Sie suchte den Boden ab. Die Schlange hob den Kopf. Sie ließ die Maus nicht aus den Augen. Träge entrollte sie sich und schlängelte sich von Marus Arm in den Staub. Langsam kroch sie auf ihre Beute zu. Maru hörte die schweren Schritte der
Weitere Kostenlose Bücher