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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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eine Ehre. Warum habt Ihr Euren Besuch nicht angekündigt, dann hätte ich Vorkehrungen treffen können?«
    Der Vogt trat um den schweren Eichentisch herum und ging mit großen Schritten auf den Erzbischof zu, der wartend an der Tür stand.
    »Mein lieber Gottwald, tragische Ereignisse erfordern manchmal schnelles Handeln. Als ich die Nachricht von der Ermordung meines Bruders erhalten habe, gab es nur diesen einen Weg für mich: nämlich seinen Leichnam persönlich nach Hause zu begleiten. Auch wenn Burg Goseck nicht mehr sein wahres Zuhause ist, schließlich dient sie nach seinem Umbau den Benediktinermönchen als Heimstatt, so hing sein Herz doch immer ganz besonders an diesem alten Gemäuer. Ich habe mit Abt Thiemo gesprochen, dem Leiter des Stifts, und er war freundlicherweise sofort bereit, meinem Bruder seine letzte Ruhestätte in geweihter Erde nahe der Stiftskirche zu gewähren.«
    Während er sprach, hielt er Gottwald die Hand hin, der sich verbeugte und den goldenen Ring des Bischofs küsste.
    »Das verstehe ich sehr gut. Auch ich hatte nach Erhalt der traurigen Botschaft sofort das Bedürfnis, Euren Bruder noch einmal zu sehen. Ich kann mir kaum einen schöneren Ort als letzte Ruhestätte für ihn vorstellen.«
    Adalbert ließ sich schwer in den großen Holzstuhl fallen und legte die Arme auf die mit Leder bespannten Lehnen. Dabei zog er seinen knielangen und ärmellosen Mantel, den er auf all seinen Reisen trug, ein Stück höher, so dass deutlich seine violette Soutane zu sehen war, die er darunter anhatte. Die Mitra, den hohen, dreieckigen Hut, ließ er achtlos zu Boden fallen. Mit seinen sechsundfünfzig Jahren war er beileibe kein junger Mann mehr, und seinem oft maßlosen Lebensstil musste er immer öfter Tribut zollen. Langsam ließ er den Blick durch den Raum schweifen, und als er Randolf entdeckte, der sich in eine der Ecken zurückgezogen hatte, betrachtete er das Gesicht des Jungen.
    Gottwald folgte dem Blick des Bischofs, und erst jetzt fiel ihm der ängstliche Gesichtsausdruck seines Knappen auf.
    »Randolf, mein Sohn, komm her zu mir und begrüße mich, wie du es gelernt hast.« Die Stimme Adalberts hatte leicht an Schärfe gewonnen, trotz des Lächelns, das unentwegt auf seinen Lippen lag.
    Der Junge zögerte kurz, straffte sich dann und ging langsam auf den Erzbischof zu. Einen Schritt vor ihm kniete er nieder und küsste ebenfalls den Ring, der mit einem großen blauen Edelstein besetzt war.
    »Ich habe mich schon gefragt, wohin du verschwunden bist, denn mein Lehnsmann konnte mir nur von deiner Flucht berichten. Aber ich habe meinen Bruder ja davor gewarnt, dich aus dem Klosterleben herauszureißen. Du bist nicht geschaffen für ein Leben mit der Waffe. Ich werde dich mitnehmen, damit du deine Ausbildung in unserem Kloster wieder aufnehmen kannst.«
    Randolf riss die Augen auf und sah mit einem flehenden Blick hinüber zu Gottwald.
    Der kam nach kurzem Zögern der stummen Bitte nach. »Verzeiht mir meine Einmischung, Euer Eminenz. Als Ausdruck meiner Dankbarkeit Eurem Bruder gegenüber habe ich mich dazu entschlossen, den Jungen als Knappen in meine Dienste zu nehmen. Ich bin sicher, damit im Sinne des Grafen, Eures von mir verehrten Bruders, zu handeln. Sollte ich allerdings Euren Plänen mit meiner Entscheidung zuwiderhandeln, so lasse ich Euch natürlich gerne den Vortritt.«
    Adalberts Lächeln verschwand. Wieder einmal bereute er es, Gottwald nicht schon viel früher in seine Schranken gewiesen zu haben. Bereits als sein Bruder, Gott hab ihn selig, sich vor vielen Jahren des Halbwüchsigen angenommen hatte, beschlich ihn das ungute Gefühl, dass Gottwald viel gerissener war, als er den Anschein erweckte. All die Jahre hatte es ihn nicht losgelassen, und nun stand er hier und musste seine schönen Pläne, die er durch die Einmischung seines Bruders vor ein paar Monaten schon einmal aufgegeben hatte, erneut begraben. Das Schlimmste daran war für ihn jedoch, dass Gottwald wusste, dass er nicht anders handeln konnte. Es gab keine plausible Erklärung dafür, warum der mittellose Junge ohne Familie nicht als Knappe bei dem Vogt bleiben sollte.
    So schnell, wie sein Lächeln verschwunden war, kam der freundliche Gesichtsausdruck zurück, auch wenn der Bischof nicht gleich aufgab. »Aber natürlich, mein lieber Freund, da habt Ihr sicher recht. Ich wollte Euch nur die mühevolle Aufgabe ersparen, den Jungen als Knappen auszubilden. Er ist der geborene Gelehrte, denn er lernt deutlich

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