Die Tochter des Münzmeisters
schneller als die meisten Jungen in seinem Alter und saugt jede Form von Wissen förmlich in sich auf. Wollt Ihr Euch diese Last wirklich zusätzlich zu Euren vielen anderen Sorgen aufbürden?«
Gottwald machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich danke Euch sehr für Euren Großmut, doch diese Aufgabe kostet mich nicht viel Mühe. Damit wäre es also abgemacht, Randolf bleibt bis auf weiteres bei mir. Ich denke, er kann uns jetzt verlassen und seine Pflichten bei den Pferden wahrnehmen.«
Adalbert wusste, wann er verloren hatte. »Natürlich kann er gehen. Ich wollte mit Euch sowieso unter vier Augen sprechen.«
Ein kurzer Blick Gottwalds, verbunden mit einem knappen Nicken in Richtung Tür, genügte, und der Junge stürzte hastig und mit einer angedeuteten Verbeugung aus dem Raum.
Ohne einen Laut öffnete Randolf die Tür zu seinem Gemach und schlüpfte hinein. Da er mit seinen Gedanken in der Vergangenheit verhaftet gewesen war, hatte er gar nicht gemerkt, wie spät es war. Resigniert warf er seiner fest schlafenden Gemahlin einen müden Blick zu, und durch den hellen Mondschein, der ins Zimmer fiel, stellte er mit schlechtem Gewissen fest, wie erschöpft Betlindis aussah. Das Essen beim König war anscheinend anstrengender für sie gewesen, als er angenommen hatte. Hinzu kam, dass Betlindis die Zärtlichkeiten ihres Gatten fehlten, mit jedem ihrer sehnsüchtigen Blicke machte sie ihm das klar. Doch mehr als einen flüchtigen Kuss auf die Wange oder eine kurze Umarmung konnte Randolf ihr einfach nicht geben, da jedes Mal Henrika vor seinem inneren Auge auftauchte.
Abgespannt rieb er sich die Nasenwurzel und dachte an das zurückliegende Gespräch mit dem König. Nachdem er die Erinnerungen an den Erzbischof seit langer Zeit zum ersten Mal wieder zugelassen hatte, wurde ihm plötzlich bewusst, wie ähnlich Heinrich dem Kirchenmann manchmal in seinem Verhalten war. Eine Tatsache, die alles nicht unbedingt einfacher macht, dachte er, während er sich vorsichtig neben Betlindis legte. Die Mühe, sich auszukleiden, hatte er sich nicht mehr gemacht.
Ein anderer konnte an diesem Abend ebenfalls keine Ruhe finden. Dietbert von Hanenstein hatte die niederschmetternde Botschaft höchstpersönlich durch seinen schlimmsten Gegner vernommen. Randolf war vor dem festlichen Mahl, zu dem auch Burchards Sohn geladenwar, bei ihm erschienen und hatte mit einem Satz seine letzte Hoffnung zunichtegemacht.
»Euer Vetter zweiten Grades hat soeben vom König die Zustimmung erhalten, Henrika von Gosenfels zu ehelichen.«
Mit wutverzerrtem Gesicht hatte Dietbert die Faust geballt, und es hätte nicht viel gefehlt, dann hätte er auf den höhnisch grinsenden Ritter eingeschlagen, der sich noch nicht einmal die Mühe gemacht hatte, seine Genugtuung über diese Entwicklung zu verbergen. Einzig die Tatsache, dass Randolf augenscheinlich nur auf eine solche Gelegenheit zu warten schien, hielt ihn zurück, denn der langjährige Vertraute des Königs überragte ihn nicht nur an Größe, sondern besaß auch ein großes Talent im Umgang mit dem Schwert. Dietbert hatte durch Zufall mal einen Übungskampf verfolgt und legte seitdem keinen großen Wert mehr auf einen direkten Kampf mit Randolf. Doch die offensichtliche Freude des verhassten Ritters stellte seine Geduld auf eine harte Probe.
Als Dietbert sich nicht rührte, zuckte Randolf nur mit den Schultern, wandte sich um und ging mit langen Schritten in Richtung der Treppe, die zum oberen Stockwerk führte, wo das Festmahl stattfinden sollte.
Dietbert sah dem hochgewachsenen Mann nach, der ihm immer wieder in die Quere kam. Schließlich hatte der Ritter Kuno mitgebracht, womöglich hatte er sogar den verfluchten Grafen von Northeim dazu überredet. Obwohl Dietbert eigentlich nicht daran glaubte, denn Randolf wirkte eher verbittert über diese Wendung als erfreut.
Was natürlich nichts im Vergleich zu seiner eigenen Verbitterung war! Dabei hatte er sich noch beim Einzug des königliches Trosses, dem er selbst angehört hatte, in Hochstimmung befunden!
Nachdem er den vom König erhaltenen Auftrag zu dessen vollständiger Zufriedenheit ausgeführt hatte, schien sein Wunsch, Henrika möglicherweise doch noch ehelichen zu können, wieder in greifbarer Nähe. Dass der König mit seiner Äußerung, es wäre vielleicht doch nicht völlig undenkbar, wenn Henrika eine Verbindung mit Dietberts Familie einginge, seinen Vetter Kuno gemeint hatte, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen. Dabei
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