Die Tochter des Münzmeisters
verließ ebenfalls hastig den Stall.
19. KAPITEL
S chlecht gelaunt und mal wieder über den berechnenden Charakter des Königs enttäuscht, begab sich Randolf auf direktem Weg zu seiner Unterkunft. Bezeichnend für die Person Heinrichs war auch die Tatsache, dass er nach dem Erhalt der Nachricht so lange gezögert hatte, um ihm den Inhalt mitzuteilen.
Der Weg des Ritters führte ihn zu dem zweiflügeligen Bau, der sich direkt gegenüber des herrschaftlichen Palas befand und in dem neben dem Vogt auch Bischof Benno untergebracht war. Es war noch früh am Morgen, und Randolf genoss die ungewohnte Ruhe zu dieser Stunde. Das war eine der wenigen Eigenschaften, die der König mit ihm teilte, an den er im Augenblick aber nicht denken wollte. Mit Bitterkeit überlegte Randolf, wie er sich immer den Moment ausgemalt hatte, in dem es ihm endlich gelänge, das Andenken an Gottwald wieder ins rechte Licht zu rücken.
Mit dem gleichen Ärger wanderten seine Gedanken zu Erchanger von Hadersgraben, der gerne lange schlief, wofür ihm der Ritter in diesem Augenblick allerdings dankbar war. Schließlich bestand so nicht die Gefahr, ihm über den Weg zu laufen. Seit seiner Rückkehr zur Hartesburg hatte es immer wieder Situationen gegeben, in denen der Vogt seinen Weg gekreuzt hatte, doch mit keiner Silbe hatte er bisher die beiden toten Wachen und die Befreiung des eingekerkerten Bauern erwähnt.
Kurz vor dem Gebäude überlegte Randolf es sich kurzfristig anders und stieg auf den runden Turm, der ihm einen guten Ausblick auf das Zeltlager des sächsischen Heeres bot. Die Größe war immens, und hätte der König ihm gestern nicht mitgeteilt, dass es einen geheimen Ausgang aus der Hartesburg gab, würde er wahrscheinlich immer noch verzweifelt darüber nachgrübeln, wie er Henrika suchen sollte. Unten im Lager, das endlich fertiggestellt schien, regte sich erst langsam das Leben.
Gleich nach dem Eintreffen des Grafen von Northeim, der an der Spitze des Heeres stand, hatten sie einen Boten hinauf zur Burg geschickt, der dem König die Forderungen der sächsischen Fürsten überbrachte. Diese entsprachen im Großen und Ganzen genau dem, was Heinrich bereits bekannt war, und entlockten ihm nur ein müdes Lächeln. Dunst lag im Tal, und am Horizont zeigte sich die erste Hälfte der Sonne, die mit rötlichem Licht, das sich wie ein Schleier um die halbe Scheibe legte, ihr Kommen ankündigte.
»Herr Randolf, kann ich Euch kurz sprechen?«
Der Ritter fuhr herum und sah sich einem der königlichen Burgmannen gegenüber, dessen Gesicht ihm unbekannt war. Fragend runzelte er die Stirn und wartete ungeduldig darauf, dass der Mann weitersprach.
»Der Vogt hat uns die Anweisung gegeben, dass wir Euch sofort Meldung machen sollen, wenn wir etwas über den Verbleib des edlen Fräuleins erfahren. Ich habe nun jemanden gefunden, der Näheres über ihr Ziel unten im Ort weiß.«
Erwartungsvoll sah Randolf ihn an, doch der Mann schüttelte den Kopf und erklärte ihm, der Zeuge wolle es dem Ritter persönlich sagen.
»Wahrscheinlich hofft er auf eine Belohnung«, empörte sich der junge Mann in verächtlichem Tonfall.
Randolf, der von Natur aus misstrauisch war, folgte dem Mann nach kurzem Zögern zu den unteren Toren. Jede Nachricht vom Verbleib Henrikas war ihm wichtig genug, um ein Risiko einzugehen. Es handelte sich dem Soldaten zufolge um einen der Wachtposten, der ein Techtelmechtel mit einer Magd hatte, die angeblich zusammen mit Henrika verschwunden war. Da der Mann zu dieser Stunde zur Wache eingeteilt war, konnte er den Ritter nicht aufsuchen.
Bis aufs Äußerste gespannt, die Hand am Griff seines Schwertes, betrat Randolf kurz darauf die Wachstube rechts des geschlossenen Tores. Nach dem hellen und klaren Morgenlicht mussten sich seine Augen erst an den dämmrigen Raum gewöhnen, den nur eine einzige Fackel erhellte. Die Fensteröffnung war geschlossen, und in dem kleinen Raum roch es muffig und abgestanden. Der junge Mann, der ihn geführt hatte, blieb neben ihm stehen. An einem kleinen Tisch saß einer der beiden Wachen und erhob sich bei ihrem Eintreten. Randolf wollte gerade eine Frage an ihn richten, als ihn etwas Hartes am Hinterkopf traf und tiefe Dunkelheit ihn umfing.
»Es ist doch völlig albern, dass ich das Haus weiterhin nicht verlassen soll!«, stieß Henrika verärgert hervor und setzte ihren ruhelosen Gang durch den Raum fort.
»Bitte, edles Fräulein! Guntram weiß, was richtig ist. Er findet bestimmt bald
Weitere Kostenlose Bücher