Die Tochter des Münzmeisters
sagen, wie froh ich bin, nicht mehr ständig diesen Gefahren ausgesetzt zu sein, die das Reisen zu zweit mit sich bringt. Wenn Folkmar bei seinem Vater nicht so klein beigegeben hätte, wäre alles anders gekommen. Tja, hier sind wir jetzt, und ich muss sagen, dass das Schicksal es endlich gut mit mir meint, sonst hätte ich sicher nicht die Bekanntschaft eines Menschen gemacht, der außerordentlich wichtig für mich geworden ist.«
Gunhild stockte einen Moment, wobei sie aussah, als bereute sie ihre gerade gemachte Äußerung, doch mit ihrer gewohnt spielerischen Art lenkte sie davon ab.
»Aber jetzt erzähl! Warum steckst du in diesem grässlichen Sack? Und wieso bist du nicht in Goslar?«
Henrika, die von der begeistert klingenden Erklärung ihrer Base ein wenig durcheinander war, gab eine ausweichende Antwort, in der sie nur kurz erwähnte, dass sie im Gefolge des Königs hergekommen war und einer Magd bei einem kleineren Problem helfen wollte.
Durch das Eintreffen des Heeres sei ihr nun jedoch der Rückweg zur Burg abgeschlossen.
»Du Arme! Hättest du nicht diesen Adeligen heiraten sollen? Ich habe seinen Namen vergessen, wie hieß er noch gleich? Dietwald oder so ähnlich?«
Henrika zuckte zusammen, als Gunhild sie mit argloser Miene an Dietbert von Hanenstein erinnerte, und murmelte etwas in der Art von »hat sich zum Glück erledigt«. Dadurch vergaß sie völlig, ihre Base nach der wichtigen Bekanntschaft zu fragen, von der sie so begeistert gesprochen hatte.
»Na, da hattest du ja noch mal Glück, was? Vielleicht kann Folkmar dir bei deinem Problem helfen! Er steht in ständigem Kontakt mit dem Grafen von Northeim und kann dort bestimmt ein gutes Wort für dich einlegen!«, rief sie erregt, sprang auf und verschwand mit den Worten, sie sei gleich wieder da.
Wie gelähmt sah Henrika ihrer Base nach, während sich ihre Gedanken überschlugen. Was wäre, wenn der Graf sie sehen wollte und sich sein Sohn bei ihm befände? Würde er sie festhalten und auf die Vermählung bestehen oder sie womöglich gar als Druckmittel benutzen? Den letzten Gedanken verwarf sie gleich wieder, da sie sich nicht im Traum vorstellen konnte, dass der König sich mit ihr erpressen lassen würde.
Es gab nur eine Lösung: Sie musste von hier verschwinden, und spontan fiel ihr Guntrams letzter Unterschlupf ein. Gerade als sie nach dem breiten Tuch greifen wollte, um es sich umzuhängen, näherten sich erneut Schritte. Dieses Mal waren Gunhilds leichte Schritte von schweren begleitet, und die junge Frau verharrte angstvoll mit dem Tuch in der Hand.
»Fräulein Henrika, was für eine freudige Überraschung!«
Die Angesprochene unterdrückte einen Aufschrei und presste das Tuch vor ihren geöffneten Mund, als Dietbert sich mit einem spöttischen Lächeln vor ihr verbeugte.
»Ich konnte es kaum glauben, als meine Schwester mir von Euch erzählt hat.«
Das Tuch glitt Henrika aus den Händen, und sie starrte die beiden fassungslos an.
»Schwester?«, brachte sie leicht krächzend hervor, und mit einem Mal wurde ihr so manches klar. Etwa die ablehnende Haltung ihres Onkels und sogar Mathildas Gunhild gegenüber, die sie nie richtig verstanden hatte.
»Halbschwester, um bei der Wahrheit zu bleiben. Aber was starrt Ihr mich so entsetzt an? Wusstet Ihr womöglich nichts davon? Das Leben geht manchmal seltsame Wege, nicht wahr? Wir haben denselben Vater, übrigens eine Ehre, die Euch ebenfalls fast zuteilgeworden wäre. Die liebe Mathilda, Eures Onkels Eheweib, hat früher auf dem Land meines Vaters gelebt und ihm die meiste Zeit das Bett gewärmt. Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen, wie wütend er war, als Azzo ihm von Mathildas Flucht erzählt hat. Leider wusste er nicht, wem er all das zu verdanken hatte«, teilte ihr Dietbert gelangweilt mit. »Ihr könnt Euch meine Freude vorstellen, als ich völlig unerwartet die gute Gunhild kennengelernt habe und wir ziemlich schnell einige Gemeinsamkeiten herausgefunden haben. Es gibt hier nicht so viele Frauen, müsst Ihr wissen, und Gunhild zählt nicht zu denjenigen, die friedlich in ihrem Zelt auf die Rückkehr ihres geliebten Gemahls warten. Als wir alle bei einem Becher Bier zusammensaßen, spazierte sie einfach in unser Zelt. Der gute Bischof hat ihr natürlich geglaubt, als sie die Schüchterne gespielt hat, die nur nach ihrem Gemahl sucht.«
Henrikas Bestürzung verging allmählich, und in ihremGehirn fing es fieberhaft an zu arbeiten. Sie musste Dietbert
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