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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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Blick auf ihr. Selbst im Halbdunkel des Raumeskonnte er erkennen, dass ihr hübsches Gesicht mit Dreck verschmiert war und ihre üppigen Formen unter einem sackartigen, mehrfach geflickten Kleid verborgen blieben.
    Nur mühsam konnte der Ritter seine aufsteigende Wut im Zaum halten, als er von der jungen Frau erfuhr, wo Guntram sich zurzeit befand und warum er dort war. Randolf hatte immer geglaubt, dass er den Vogt hasste, aber nun musste er sich eingestehen, dass der junge Bauer deutlich mehr Grund dazu hatte. Zusammen mit Irmingard, die als Magd auf der Burg arbeitete, verließ er den Raum. Vor der Tür trennten sich die beiden. Er hatte das Mädchen nicht danach gefragt, warum es sich so um Guntram sorgte, denn der offensichtliche Schmerz und die Sorge in ihrem Blick sagten mehr, als Worte es hätten tun können.
    Während die Magd in entgegengesetzter Richtung davonhuschte, durchmaß Randolf mit langen Schritten den Flur, ging die Treppe hinunter ins Erdgeschoss und nahm die Stufen auf der gegenüberliegenden Seite mit sechs großen Sprüngen. Es war noch sehr früh am Morgen, trotzdem herrschte bereits ein reges Treiben in dem Gebäude, was Randolf kaum verwunderte, bei der Anzahl an Menschen, die hier untergebracht waren. Das Klappern von Schüsseln mischte sich unter gebellte Befehle, denn die Torwache wurde um diese Zeit abgelöst. Auch aus den Zimmern, an denen er auf seinem Weg zum Vogt vorbeikam, ertönten die üblichen Geräusche des erwachenden Tages. Zwei Männer begegneten ihm im Gang, und als er an seinem Ziel angelangt war und gerade an die Tür klopfen wollte, hielten ihn barsche Worte zurück.
    »He, du da, was fällt dir ein, einfach um diese Stunde den Herrn Vogt zu belästigen.«
    Da der Gang nur spärlich durch vereinzelte Fackeln beleuchtet war, blieb Randolfs Gesicht im Dunkeln. Mit einem tiefen Seufzer ließ er die Hand fallen und trat einen Schritt zurück in die Mitte, damit das Licht eines brennenden Holzscheits auf ihn fiel.
    Der Mann atmete hörbar aus und fuhr sich mit der Hand über seinen verfilzt aussehenden langen Bart. »Verzeiht, Herr, ich wusste nicht, dass Ihr es seid. Bitte entschuldigt mein ungebührliches Verhalten«, bat er zerknirscht, was Randolf mit einem knappen Nicken quittierte.
    Gleich darauf klopfte er zweimal heftig gegen die Tür des Vogts und öffnete sie, ohne auf eine Aufforderung zu warten. Er hatte es eilig und nicht vor, sich durch die Schlafgewohnheiten des Burgvogts aufhalten zu lassen. Kaum hatte er einen Fuß in den stockfinsteren Raum gesetzt, da umfing ihn ein schaler, abgestandener Geruch, und nur das unwirsche Grunzen, vermischt mit einem erschreckten Laut weiblichen Ursprungs, ließ auf die Anwesenheit von mindestens zwei Menschen schließen.
    Kurz entschlossen ging Randolf in den Gang zurück, griff sich die Fackel, die an der gegenüberliegenden Wand in einer gusseisernen Halterung hing, und war mit drei Schritten wieder im Gemach Erchangers von Hadersgraben. Nur undeutlich konnte er auf der Bettstatt zwei Gestalten ausmachen, von denen er eine unschwer als den Verwalter erkannte, denn das runde Gesicht lugte mit verschrecktem Ausdruck unter einer Decke hervor. Zielstrebig ging Randolf zur Außenwand und nahm die Holzabsperrung von der Fensteröffnung. Sofort strömte Tageslicht herein und breitete sich zusammen mit der eisigen Luft in dem großen Raum aus. Der Ritter warf die Fackel in das verglühte schwarze Holz der Feuerstelle,die sich rechts von ihm befand, und atmete zufrieden die frische Morgenluft ein. Dann erst drehte er sich zu dem wuchtigen Bett um und konnte nun auch die zweite Person sehen.
    Seine gute Laune verschwand, als er feststellte, dass es sich bei der weiblichen Bettgenossin des Vogts fast noch um ein Kind handelte, denn er schätzte das Mädchen nicht älter als zwölf Jahre. Es war eine Sache, sich die untergebenen Frauen gefügig zu machen, doch dieses Kind war erst im Begriff, eine Frau zu werden. Ärgerlich durchmaß er den kurzen Weg bis zum warmen Lager des Vogts und seiner Gespielin, baute sich davor auf und gab sich einen kurzen Moment der Vorstellung hin, wie er sein Schwert in den wabbeligen Leib des Verwalters stieß.
    »Was fällt Euch ein, hier einfach so hereinzuplatzen, Herr Randolf? Auch wenn Ihr ein enger Vertrauter des Königs seid, so gibt Euch das nicht das Recht, meine ebenfalls hohe Stellung zu missachten!«
    Unter Randolfs kaltem Blick schrumpfte der Mann wieder zusammen und zog die Decke bis zum Kinn

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