Die Tochter des Münzmeisters
dass alles in dem Gesicht des Mannes rund war, selbst die Augen und seine knubbelige Nase schienen sich der Form angepasst zu haben.
»Lasst Euch nicht beim Essen stören, werter Vogt. Ich befinde mich nur auf der Durchreise und brauche ein Quartier für die Nacht. Morgen seid Ihr mich auch ganz bestimmt wieder los«, begrüßte Randolf den Verwalter spöttisch.
Der klappte den Mund wieder zu, ohne abgebissen zu haben. Achtlos legte er den Knochen auf den Tisch und wischte sich die Finger an seinem weiten Gewand ab, das eigentlich lose an dem Körper seines Besitzers herabhängen sollte, jedoch über dem gewaltigen Bauch gefährlich spannte. Dann erhob er sich schwerfällig, indem er sich mit beiden Händen an der Tischkante abstützte.
»Edler Herr Randolf, welch eine Freude, Euch hier begrüßen zu dürfen! Ich werde den Trottel am Tor gleich ordentlich bestrafen, weil er mich nicht rechtzeitig über Euer Eintreffen unterrichtet hat. Leider ist rein gar nichts für Euch vorbereitet, trotzdem wäre es mir eine große Ehre, wenn Ihr Euch dazu herablassen könntet, mir bei meinem bescheidenen Mahl Gesellschaft zu leisten.«
Randolf bekämpfte die aufsteigende Wut, die bei Erchangers schamloser Lüge in ihm hochkam, und dankte der blumigen Einladung mit knappen Worten. Schließlichwar die gegenseitige Abneigung der beiden Männer allgemein bekannt.
Auf einen Wink des Vogts eilten zwei Mägde herbei, und Randolf bemerkte erst jetzt, dass mindestens fünfzehn Dienstboten an beiden Enden des Saales bereitstanden, um die Bedürfnisse ihrer Herren zu befriedigen. Nachdem sein Becher gefüllt war, griff er nach dem Kanten dunklen Brotes und tunkte ihn in die Schüssel mit dem Eintopf, in dem sich augenscheinlich auch Fleischstücke befanden.
Das Gespräch um ihn herum, das bei seiner Begrüßung verstummt war, kam langsam wieder in Gang, und auch der Mann zu seiner Linken stippte sein Brot in den Topf, um sich das vollgesogene Stück anschließend genüsslich zwischen die verfaulten Zähne zu schieben. Das kleine Stück Fleisch, das er dabei verloren hatte, landete ebenfalls dort. Randolf versucht nicht auf die vor Dreck strotzenden Finger seines Nachbarn zu achten und stillte seinen Hunger mit der wohlschmeckenden, dampfenden Mahlzeit.
Den Fragen des rechts von ihm sitzenden Verwalters wich er geschickt aus, denn obwohl sie beiläufig klangen, hörte Randolf deutlich das Interesse des Mannes heraus.
»Der König weilt noch eine Zeitlang in Worms, wobei ich Euch wirklich nicht sagen kann, wann er wieder an einen Aufenthalt auf der Hartesburg denkt«, entzog er sich kauend der Antwort auf die Frage, wann der junge Herrscher eintreffen werde.
Irgendwann gab der Vogt auf und widmete sich ganz der vor ihm stehenden Schale. Aufgrund seiner Stellung musste er sich das Essen nicht mit den anderen Männern teilen, und Randolf ertappte sich dabei, dass es tatsächlich etwas gab, worum er ihn beneidete.
Nachdem der Ritter sich den letzten Happen des frischen Brotes in den Mund geschoben hatte, überkam ihn eine schläfrige Trägheit, die nicht zuletzt durch die zwei Becher köstlichen Bieres hervorgerufen ward, und er beschloss spontan, sein Gespräch mit dem Vogt auf den nächsten Morgen zu verschieben. Die Erleichterung des Mannes, als sein Gast sich verabschiedete, war offensichtlich, was den müden Randolf aber nicht sonderlich störte, und keine halbe Stunde später schlummerte Randolf auf seiner Strohmatte. Das fleckige Leinentuch, das jemand über die Schlafstätte gelegt hatte, lag zusammengeknüllt in der Ecke der kleinen Kammer.
Am nächsten Morgen erwachte der Ritter ausgeruht und bester Laune. Er wollte so schnell wie möglich die Reise fortsetzen, doch dazu musste er erst einmal mit dem Burgvogt sprechen. Nachdem er sich mit dem Wasser, das vom gestrigen Abend übrig war, erfrischt hatte und seine Sachen zusammenpacken wollte, klopfte es kaum hörbar.
Stirnrunzelnd griff er nach seinem Messer und öffnete vorsichtig die Tür.
»Du?«
Überrascht trat er zur Seite, und das junge Mädchen, dessen Bitte ihm seit seinem letzten Aufenthalt auf der Hartesburg nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte, huschte ins Zimmer.
»Ich habe im Flur vor Eurer Tür gewartet, und als ich Geräusche hörte, nahm ich an, dass Ihr wach seid. Vergebt mir, Herr, dass ich es nochmals wage, Euch anzusprechen, aber ich bin völlig verzweifelt und weiß mir keinen anderen Rat.«
Während sie leise und hastig weitersprach, ruhte Randolfs
Weitere Kostenlose Bücher