Die Tochter Des Praesidenten
durchschnittlich. Ashley wusste nicht genau, was sie an ihm so irritierte. Sein Blick schien nach ihren tiefsten Geheimnissen zu suchen. Sie fröstelte.
“Ashley, ich möchte Ihnen Nicholas Logan vorstellen”, sagte Ron.
Ashley warf das Handtuch auf die Bank neben ihr und streckte die Hand aus. “Hallo.”
Ihr Instinkt riet ihr, sicheren Abstand zu diesem Mann zu halten. Warum das ratsam gewesen wäre, wurde ihr klar, als er ihre Hand ergriff.
Ashley spürte die Berührung wie einen milden Stromschlag, und fast hätte sie einen Satz nach hinten gemacht. Doch sie nickte nur, ließ seine Hand los und musste sich beherrschen, um sich die noch immer prickelnde Handfläche nicht am Oberschenkel zu reiben.
Ron räusperte sich. “Sie haben heute Abend etwas vor?”
“Ja. Todd und ich haben Karten für die Nussknacker-Suite.”
Keiner der beiden zuckte auch nur mit der Wimper. Ashley wusste, was das bedeutete. “Hat einer von Ihnen sie schon mal gesehen?”
Als Ron schwieg, räusperte Nick sich. “Nein, Ma’am.”
“Waren Sie jemals im Ballett?”
Mit ausdrucksloser Miene schüttelten ihre Leibwächter den Kopf.
Sie kehrte ihnen den Rücken zu. “Na, dann freuen Sie sich darauf. Wir brechen um sieben auf.”
Nachdem sie mit ihrem Fitnessprogramm fertig war, fand Ashley, dass sie überreagiert hatte. Ihr neuer Leibwächter war nicht anders als andere Secret Service-Agenten.
Die beiden Männer folgten ihr in diskretem Abstand, als sie zu den Wohnräumen der Präsidentenfamilie zurückging. Ihre beiden Brüder genossen es, ständig zwei erwachsene Männer zu ihrer Verfügung zu haben, und sprachen stundenlang mit ihnen über Sport.
Ihr dagegen ging es auf die Nerven, dauernd beobachtet und verfolgt zu werden. Sie war froh, dass es Todd nichts ausmachte, mit ihr auszugehen. Sie waren seit Jahren befreundet, rein platonisch natürlich, und die Freundschaft war ihr sehr wichtig. Todd hatte vorgeschlagen, ins Ballett zu gehen, weil er wusste, dass ihr im Weißen Haus die Decke auf den Kopf fiel. Sie war erst zwei Tage hier, und schon sehnte sie sich nach dem College zurück.
Wenn ihr Dad damit einverstanden war, würde sie in ein paar Tagen in den Winterurlaub fliegen. In diesem Jahr wollte sie sich so erholen, wie es für alle ihre Freunde selbstverständlich war -frei und unbeaufsichtigt.
Irgendwie musste sie ihren Vater davon überzeugen, dass sie endlich einmal wie eine ganz normale College-Studentin, also ohne einen Tross von Leibwächtern, verreisen wollte.
“Sie ist nicht sehr freundlich, was?” sagte Nick, während er und Ron zu Abend aßen.
Ron brauchte nic ht zu fragen, wen sein Kollege mit “sie” meinte. “Sonst ist sie immer viel gesprächiger. Vielleicht hat Colins Unfall sie tiefer getroffen, als wir dachten.”
“Es wundert mich, dass Chambers seinen Tod nicht erwähnt hat.”
“Er hat mit jedem von uns darüber gesprochen.”
“Wie lange seid ihr Partner gewesen?”
“Zwei Jahre.”
Nick spürte, dass das Thema Ron unangenehm war, also wechselte er es.
“Freust du dich auf den Abend im Ballett?” fragte er.
“Soll das ein Scherz sein? Glaubst du, ich freue mich auf einen Haufen Leute, die auf Zehenspitzen herumhüpfen?”
Nick lachte. “Sehe ich genauso.” Er schaute auf die Uhr. “Schätze, wir müssen wieder an die Arbeit.”
2. KAPITEL
Washington, D.C.
Montag abend, 21. Dezember
Nick saß in der Oper direkt hinter Ashley Sullivan. Ihr Begleiter war Todd Jessup, der Sohn vom Arbeitsminister William J. Jessup. Die beiden starrten gebannt auf die Bühne. Nick nicht. Er war nicht hier, um sich unterhalten zu lassen. Ron saß in der Reihe vor Ashley, zwei Agenten saßen draußen im Wagen, zwei weitere standen in der Eingangshalle, alle über Funk miteinander verbunden.
Aus Gewohnheit behielt Nick die Zuschauer im Auge. Er war nicht der Einzige, den das Ballett nicht interessierte. Er sah mehrere gelangweilte Gesichter, und einige Plätze weiter war ein Mann schon fast eingeschlafen.
Endlich kam die Pause. Ron und Nick achteten darauf, dass der eine von ihnen vor Ashley und Todd, der andere hinter ihnen blieb. In der Eingangshalle bot Todd an, ihr eine Erfrischung zu holen. Sie lächelte. “Danke. Während du anstehst, verschwinde ich kurz.”
Sie ignorierte Ron und Nick, als wären sie unsichtbar. Unauffällig folgte Nick ihr. Sie blieb mehrmals stehen und sprach mit Bekannten. Gerade war sein Schützling im Gang zum Waschraum verschwunden, da bemerkte Nick,
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