Die Tochter des stählernen Drachen

den Mund. »Einige von uns versuchen so zu tun, als wäre es anders. Ich nicht.«
    »Oh, erschreck sie doch nicht so«, sagte Sirin.
    Aber Nant biß an. »Dann bist du ein Dummkopf! Hierarchisten arbeiten nur zum Wohl von denen ganz oben. Die Kleinen hängt man, und die Großen läßt man laufen! So ist es doch!«
    »Ja?« Ein Streichholz flammte auf. Ein Grinsen schwebte in der Dunkelheit. »Was bedeutet mir dein Schmerz?«
    »Sirin?« Jane griff über den Tisch und drückte ihrer Freundin die Hand. »Du mußt mir sagen, was beim experimentellen Aufbau nicht stimmt.«
    »Aber ...«
    »So ist es besser. Wirklich.«
    »Es ist auch dein Schmerz, oder er sollte es sein. Es sei denn, du willst groß und elfisch sein, wenn du älter wirst?«
    »Sehr schlau. Solche wie du sind mir schon über den Weg gelaufen.«
    »Was für welche?«
    »Sirin ...«
    »Ich werde nicht darüber sprechen. Ich werde es nicht tun!«
    »Eine, die stundenlang über die Historie der Zwerge spricht, jedoch nicht im Traum daran denken würde, sich mit einem ihrer eigenen Art zu verabreden.«
    »Laß dir darüber keine grauen Haare wachsen, kleiner Mann. Du wirst ganz bestimmt jemanden finden, der über deine ... Unzulänglichkeiten hinwegsieht.«
    »Du bist wirklich ein Miststück, was?« Red Gwalch warf die Zigarette zu Boden und drückte sie unter einem glänzenden italienischen Schuh aus. »Das gefällt mir an einer Frau.« Er streckte eine Hand aus, und Nant nahm sie. Sie gingen hinaus auf die Tanzfläche und verschwanden in dem Gewühl.
    »Das ist das letzte, was wir von ...«, fing Sirin an.
    Die Luft knisterte ahnungsvoll, und ein Elf, der einen quastenverzierten Seidenanzug trug, tauchte neben ihrem Tisch auf. »Meine Damen.« Wenn man ihn ansah, schien er beeindruckend kultiviert und gutaussehend, doch sobald man wegschaute, wirkte er weniger angenehm. »Darf ich mich zu Ihnen setzen?« Er glitt auf einen Stuhl und streckte einen Arm aus. »Galiagante.«
    »Sirin.«
    »Jane.«
    Als sie seine Hand berührte, drückte ihr Galiagante die Fingerspitzen und drehte ihr die Hand um. Er beugte sich tief darüber und küßte sie leicht auf die Handfläche. Sirin verbarg ein Lächeln.
    Sie hatten nicht lange miteinander geplaudert, da kehrte Nant zurück, um ihre Handtasche zu holen. Red Gwalch wartete an der Tür auf sie. Sie warf ihm nervöse Blicke über die Schulter zu. »Ich gehe jetzt nach Habundia zurück.«
    »Aber sicher«, sagte Sirin freundlich.
    Alle drei sahen ihr beim Weggehen zu. »Sie hat nicht viel getanzt«, kommentierte Jane.
    »Ich kann es ihr nicht übelnehmen. Dieser Musikstil ist nicht zum Tanzen geschaffen.« Galiagante lächelte, und es sah aus, als krabbelte etwas unter der Haut seiner Wangenknochen umher. Seine Augen waren fieberglänzend. »Zu jung. Ich kenne jedoch eine Bar, wo die Musik leise ist und man langsam tanzt. Wenn ihr nichts gegen einen kleinen Abstecher habt ...«
    Er faßte Sirin mit einer Hand beim Ellbogen und half ihr beim Aufstehen.

    »He«, sagte Jane. »Das ist nicht der Weg zu den Aufzügen.«
    Galiagante lächelte geduldig. »Die öffentlichen Kabinen sind so überfüllt, nicht? Wir haben sicherlich etwas Besseres verdient.« Er führte sie zu einer gekachelten kleinen Nische mit einer Reihe ungekennzeichneter Aufzüge und drückte den Rufknopf.
    Eine Kabine traf ein. Sie war klein und dunkel und hatte schwarze Ledersitze. Ein gleichmütiger Zwerg in Fahrstuhlführer-Uniform und -Mütze stand an den Bedienungsknöpfen. Sie zwängten sich hinein.
    »Lac sans Oiseaux«, sagte Galiagante.
    Ohne auch nur zu nicken, schlug der Zwerg die Türen zu. Jane hob sich der Magen, als die Kabine hinabfiel. Galiagante schob einen Ärmel zurück, um zu sehen, wie spät es war, und legte den Arm über die Lehne hinter Sirins Rücken, berührte sie jedoch nicht ganz. Sirin rutschte ein wenig hin und her und arbeitete sich langsam in den Arm hinein. Er schloß die Hand über ihrer Schulter.
    Jane war gefesselt. Es war wie ein kleiner Tanz zwischen Diplomaten, ein Austausch von Formalitäten, der in einem Bündnis endete. Der Zwerg sah durch einen Schlitz im Glas zu, wie die Stockwerke hinaufstiegen. Galiagante streckte den anderen Arm aus, um Jane ebenso zu umfassen, und das gefiel ihr auch nicht nur annähernd so gut.
    »Nun«, sagte sie strahlend. »Was tust du so? Um dir deinen Lebensunterhalt zu verdienen, meine ich.«
    »Tun?« Galiagante hörte sich höflich verblüfft an. »Ich tue nichts. Ich schätze, in dem