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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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herrschenden Mode einen tiefen Ausschnitt, der Dekolleté und Schultern freilegte.
    Ser Federico Buornardi winkte die Sänftenträger herbei. »Der Ostwind ist um diese Jahreszeit besonders kalt. Würdet Ihr so gütig sein, mit mir in der Sänfte Platz zu nehmen?« Seine Miene war freundlich und duldete keinen Widerspruch.
    Sie nahm die dargebotene Hand und setzte sich ihm gegenüber in die schmale Sänfte, die von vier Dienern der Buornardis getragen wurde. Zum ersten Mal hatte sie Gelegenheit, ihren Ehemann genauer zu betrachten, denn er sah an ihr vorbei aus dem Fenster und grüßte höflich die Luccheser, die sich eingefunden hatten, um der Verbindung zweier wohlhabender Kaufmannsfamilien beizuwohnen. Natürlich hofften die Arbeiter, Tagelöhner, Bettler, armen Frauen und Kinder, die bei solchen Anlässen stets anzutreffen waren, auf Almosen oder Nahrungsmittel, die in die Menge geworfen wurden.
    Zumindest war er nicht geizig, dachte Beatrice, als sie ihn Kupfermünzen in die Menge werfen sah. Dunkle Haare fielen ihm glatt auf die Schultern und betonten seine scharfgeschnittenen Züge. Von seiner rechten Braue verlief seitlich bis in den Haaransatz eine Narbe, über deren Ursache Beatrice nachdachte, als er seine Augen auf sie richtete. Verlegen senkte sie den Blick.
    Â»Euer Vater war sehr großzügig. Was immer Ihr wünscht, es soll Euch an nichts mangeln.« Kein Lächeln. Er betrachtete sie prüfend, wie man eine neu erworbene Ware einschätzt.
    Beatrice schwieg.
    Â»Was ist mit Euch? Hat es Euch die Sprache verschlagen?« Seine Lippen verzogen sich zu einem schiefen Lächeln.
    Â»Seid Ihr zufrieden mit dem, was Ihr gekauft habt?«, erwiderte sie kühl.
    Er runzelte kurz die Stirn. »Wir sollten diese Ehe nicht mit einem Streit beginnen. Aber ja, wenn ich Euch ansehe, die Mitgift in Betracht ziehe – ja, ich bin zufrieden. Ich bin Kaufmann, wie Ihr wisst.« Wieder das schiefe Lächeln.
    Die Sänfte schwankte und wurde mit einem leichten Ruck abgesetzt. Sie stiegen aus, und Federico reichte seiner Frau auf der Straße den Arm, um sie über den Treppenaufgang in den Palazzo seiner Familie zu geleiten.
    Man hatte die Via Santa Giustina vor den Mauern des dreistöckigen Palazzo mit Girlanden aus weißer Seide und Buchsblättern geschmückt. Das Volk drängte sich um Diener, die kleine Brotlaibe und Dörrfleisch verteilten. Beatrice betrat die Eingangshalle, in der sie von Federicos Eltern, Lorenza und Baldofare Buornardi, erwartet wurde. Die Buornardis hatten zwei Töchter und drei Söhne. Federico war mit neunundzwanzig Jahren der Älteste, gefolgt von Alessandro und Tomeo. Ginevra, die ältere Tochter, hatte vorteilhaft in eine Seitenlinie der einflussreichen Familie Gonzaga aus Mantua eingeheiratet, Eleonora lebte in einem Kloster bei Rom. Federicos Vater stützte sich auf einen Stock und sah etwas unsicher zu ihr herüber. Als er die Augen auf sie richtete, entdeckte sie, dass eines von einem milchigen Schleier überzogen war.
    Federico ging zu seinem Vater, nahm dessen Hand und legte sie in Beatrices Rechte. »Darf ich Euch meine Frau vorstellen, Signore?«
    Ein Lächeln glitt über Baldofare Buornardis Gesicht, als er ihre Hand drückte und sanft tätschelte. Über seinem Leibrock trug er einen dunklen Überrock aus kostbarem Brokat. Beatrice mochte den alten Mann auf Anhieb. Er strömte Wärme und Herzlichkeit aus, als er sie begrüßte: »Obwohl meine Sehkraft mich im Stich gelassen hat, erkenne ich, dass mir eine schöne Frau gegenübersteht. Seid willkommen in unserem Hause, liebste Beatrice. Ich hoffe sehr, Ihr werdet hier glücklich und füllt dieses allzu stille Gemäuer bald mit dem Geschrei prächtiger, gesunder Enkelkinder.«
    Verlegen schlug Beatrice die Augen nieder. »Nun, ich … ich werde mich bemühen …«
    Der alte Buornardi lachte. »Lasst nur gut sein. Mein Sohn, zeigt Eurer Braut die Gemächer, damit sie sich für das Fest umkleiden kann, denn heute wollen wir feiern! Lorenza, bringt mich in den Festsaal, damit ich die Weine begutachten kann.« Energisch klopfte er mit seinem Gehstock, in dessen goldenem Handknauf ein Edelstein blitzte, auf den Boden.
    Seine Frau war von fülliger Statur, und ein gewichtiges Collier schmückte ihr Dekolleté. Ohne ein Wort an Beatrice nahm sie den Arm ihres Mannes, um ihn in die

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