Die Tochter des Tuchhandlers
Kopf auf die gefalteten Hände sinken. Später stand sie auf und ging durch das Seitenschiff zur Trenta-Kapelle mit der Heiligen Madonna und dem Schmerzensmann. Das Bild der trauernden Mutter machte ihr den Grund ihres Hierseins wieder bewusst. Solange ein Atemzug in ihren Lungen war, würde sie um Giulia kämpfen.
Die letzten Stunden bis zur Frühmesse lag sie wach neben Alba und lauschte dem gleichmäÃigen Atem des jungen Mädchens, das sich ihr anvertraut hatte, obwohl sie es in die unbarmherzigen Arme des Marchese geschickt hatte. »Das Leben wird auch für dich noch Schönes zu bieten haben«, flüsterte Beatrice und streichelte Albas dunkle Locken.
Mit ihrem Gepäck trafen die beiden Frauen in der Dunkelheit des frühen Morgens in der Besucherhalle auf Pater Aniani und einen jungen Mönch. Der Pater klopfte dem Mönch auf die Schulter. »Samuele weiÃ, was zu tun ist. Vertraut ihm und geht mit Gottes Segen.«
»Danke, wir stehen tief in Eurer Schuld.« Beatrice umfasste Albas Hand und nahm sich vor, dem Kloster irgendwann eine Schenkung zu machen.
Samuele entzündete eine Fackel und führte sie durch ein Labyrinth verwinkelter Gänge in die Tiefen des Klosters. Ãber steile, feuchte und teilweise überfrorene Treppenstufen ging es hinauf und hinunter, bis sie vor einer schmalen Holztür standen. Samuele entriegelte die Tür, die so niedrig war, dass sie sich tief bücken mussten, um ins Freie zu gelangen. Es dämmerte bereits, und Beatrice konnte Bäume und einen Pfad ausmachen, der von der Mauer, die Teil der Befestigungsanlage war, wegführte.
Samuele sah sich vorsichtig nach allen Seiten um. »Ihr folgt diesem Pfad bis zur ersten Wegkreuzung, dort geht Ihr rechts, und nach ungefähr einer Stunde FuÃmarsch müsstet Ihr auf ein verlassenes Gehöft treffen. Da lagern die Komödianten.« Ein leises »Gottes Segen«, dann war er verschwunden und die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen.
Zitternd vor Kälte und Furcht machten sich Beatrice und Alba Hand in Hand auf den Weg. Sie mussten einen Schutzengel haben, denn niemand begegnete ihnen an diesem kalten Wintermorgen, und tatsächlich fanden sie bald das verfallene Gehöft.
Die Komödianten waren bereits erwacht und geschäftig dabei, ihren Wagen zu packen. Staunend betrachteten Beatrice und Alba das bunte Treiben der Truppe, die aus zwei Frauen und vier Männern zu bestehen schien, von denen einer durch seine stolze Positur, ein markantes Gesicht und halblange, glänzende Haare auffiel. Beatrice nahm an, dass es sich bei dem etwa DreiÃigjährigen um Matteo handelte. Ein älterer Schauspieler stand mürrisch vor einem Feuer und rieb sich die Hände, den dicken Leib in mehrere Umhänge gehüllt.
Die beiden Frauen waren noch jung, die eine hatte hell gefärbtes Haar und einen üppigen Busen, die andere war dünn und voller Sommersprossen, die sie mit weiÃer Schminke zu verbergen versuchte. Einer der jüngeren Männer stand hinter der Blonden und legte vertraulich seine Hände um ihre Hüften, der andere schlürfte gelassen seinen Becher leer. Die Kleidung der Truppe war bunt, eine Mischung aus eleganter Hofmode und orientalischem Firlefanz.
Alba war entzückt, als sie auf einem Korb ein Ãffchen entdeckte, denn ihre Katze hatte sie nicht mitnehmen können.
Matteo entdeckte die Frauen zuerst und machte eine elegante Verbeugung vor Beatrice. »Guten Morgen, schöne Frau. Was verschafft uns dieses unerwartete Vergnügen?«
Die anderen hielten in ihrem Tun inne und musterten die Neuankömmlinge kritisch. Beatrice reichte Matteo den Brief des Priesters und erklärte ihre Situation.
Matteo las, nickte und sagte zu seinen Leuten: »Pater Aniani hat uns diese armen Geschöpfe anempfohlen. Ihr wisst, dass wir dem Pater viel Gutes zu verdanken haben. Meiner Ansicht nach spricht nichts dagegen, sie mitzunehmen.«
Die Blonde sagte: »Von mir aus.« Die anderen zuckten mit den Schultern und murmelten zustimmend.
Matteo faltete das Schreiben zusammen und wandte sich an Beatrice: »Darf ich mich vorstellen? Matteo Salvini, Leiter und Begründer dieser hervorragenden Schauspieltruppe. Wir sind auf dem Weg nach Perugia, wo wir am Hof von Malatesta Baglione spielen sollen.«
Der ältere Schauspieler verdrehte die Augen. »Eh, Matteo, wir sollten lieber aufbrechen. Gib ihnen was zum Anziehen, damit
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