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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Reichtum Alessandro Farneses war stadtbekannt und gipfelte im derzeitigen Bau eines riesigen Palazzo in der Via Giulia.
    Neidvoll blickte Federico dem Zug hinterher, der Richtung Palatin unterwegs war. Hinter sich wusste Federico die Kurie, den schmucklosen Versammlungsort der Senatoren, und als er die Fackel hob, erkannte er ein Quadrat aus schwarzem Marmor, das von einem Dach geschützt wurde. Das musste der Lapis Niger sein, unter dem sich das Grab von Romulus befand. Demnach war er dem Septimius-Severus-Bogen ganz nahe. Bei Tag wäre es einfach gewesen, sich zurechtzufinden, doch heute Nacht verdeckten Wolken den Mond, und ohne künstliches Licht sah man die Hand vor Augen nicht. Er hätte den Jungen mitnehmen sollen, aber er traute dem Bengel nicht. Seit dem Verrat in Lucca traute er niemandem mehr. Was für ein Fiasko! Wäre alles gelaufen wie geplant, hätte er keine Schulden mehr und würde das süße Leben genießen. Hinter ihm raschelte es in den Büschen, eine Frau kicherte. Vorsichtig ging er weiter und hob vor einer aufragenden Mauer die Fackel. Er befand sich direkt am Septimius-Severus-Bogen.
    Am ersten Sockel, wenn man vom Lapis Niger kommt, hatte der Junge gesagt. Die Musik des Farnese-Zugs klang gedämpft zu ihm herüber, während er an kahlen Bäumen vorbei auf die massigen Sockel des Bogens zuging. Ein Mann reichte kaum bis zum ersten Absatz, über dem sich freistehende Säulen über zwanzig Meter erhoben. Federicos flackerndes Licht zeigte schemenhaft Reliefs in den Sockeln, doch für architektonische Details interessierte er sich nicht, sondern achtete vielmehr darauf, dass er nicht über die glatten, zersprungenen Marmorstufen fiel, die ihn auf den vom vielen Regen aufgeweichten Grund zwischen den mächtigen Mauern der Bögen führten. Immer wieder horchte Federico in die Dunkelheit. Die Furcht vor drohender Gefahr machte seinen Mund trocken und die Hände klamm. Aber er hatte keine Wahl. Noch wollte Flamini das belastende Schriftstück zurück. Doch was geschah, wenn die politischen Verhältnisse sich änderten? Der Papst konnte sterben. Immerhin kursierten Gerüchte über ein hässliches Geschwür am Gesäß des Heiligen Vaters.
    Er zog seinen Degen, die Nerven zum Zerreißen gespannt, und suchte die Wand nach einer Nische ab, die groß genug für eine Kassette war. Seine Schritte waren zu laut auf dem nassen Untergrund, sein Atemhauch als weißlicher Nebel deutlich sichtbar. Wenn jemand auf ihn wartete, bot er ein gutes Ziel. Federico hatte alles auf seine letzte Trumpfkarte gesetzt. Sein Leben und seine Zukunft hingen vom Gelingen dieses Unternehmens ab. Wenn Tomeo erfuhr, was er getan hatte … Ein zynisches Lachen blieb in seiner Kehle stecken. Irgendwo knackte ein Zweig, ein Vogel flatterte auf, und ein Kauz schrie. Federico zuckte zusammen und suchte nun etwas tiefer nach der Nische. Plötzlich ging er in die Knie, denn dort unten blinkte es im Dunkel der Steine. Ein triumphierender Laut entfuhr ihm, er legte den Degen ab und nahm die Kassette heraus. Sie konnten Kupfermünzen hineingefüllt haben. Er öffnete sie kurz, um den Inhalt zu überprüfen, und schnalzte zufrieden mit der Zunge, als er Goldstücke und Schmuck sah. Hier die Echtheit aller Stücke zu überprüfen war unmöglich, aber das Risiko musste er eingehen. Rasch nahm er das Papier aus seinem Wams und legte es in die Nische. Dann zog er einen Lederbeutel aus seinem Gürtel, in dem er die Kassette verstaute, und wollte zu seinem Degen greifen, als direkt hinter ihm eine raue Stimme erklang.
    Â»Nicht so schnell, mein Freund.«
    Der Hauch des Todes lag in dieser Stimme, und Federicos Nackenhaare sträubten sich. Er war ein Narr gewesen, sich auf diese Übergabe einzulassen, und ein Narr stirbt wie ein Narr, dachte er und versuchte dennoch, den Degen zu erreichen. Doch sein Gegner war lautlos und blitzschnell. Ein Fuß wurde auf seine am Boden liegende Hand gestellt, die auf dem Griff des Degens lag, und zwang ihn, in hockender Stellung zu verharren. Eine Degenspitze berührte seinen Hals, und das grelle Licht einer Laterne schien ihm ins Gesicht.
    Die Laterne schwang leicht hin und her und machte es Federico unmöglich, seinen Gegner zu erkennen. »Was wollt Ihr? Ich habe das Papier hineingelegt.«
    Â»Wer sagt, dass es das Original ist?«
    Â»Ich kann Münzen und Schmuck ja auch nicht

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