Die Tochter des Tuchhandlers
prüfen!«, gab Federico zurück.
Der Fremde lachte leise. »Und es mangelt uns beiden an Vertrauen, nicht wahr?«
»Nein! Ich wollte gehen, und damit ist die Sache für mich beendet.« Die Degenspitze ritzte seine Haut, und er fühlte warmes Blut herunterlaufen. Angstschweià bildete sich auf seiner Stirn, und er atmete schneller.
Der sicario genoss diesen Moment. Es war der Triumph des Jägers über das Wild. Er konnte die Furcht in den weit aufgerissenen Augen seines Opfers lesen, roch die scharfen Ausdünstungen, die von Todesangst zeugten.
»Ich teile mit Euch!«, flehte Federico, dem klar war, dass er diesem Mann im Kampf unterliegen würde. Die Art, wie der Fremde stand, die Leichtigkeit, mit der er die Waffe führte, die Geschmeidigkeit einer Raubkatze, mit der er seinen Fuà auf Federicos Fingern bewegte, so dass diese plötzlich heftig schmerzten, machten ihn zu einem winselnden Nichts.
»Und wenn ich alles will?«, hauchte der sicario .
»Dann nehmt es!«
Der Fuà wurde kurz gedreht, es knackte, und Federico schrie auf, zwei Finger waren gebrochen worden. »Verdammt! Schon gut, es ist nicht das Original!«
Die Degenspitze hinterlieà eine schmerzhafte Spur auf seiner Wange, bevor sie plötzlich fortgenommen wurde. »Wo ist es?«
»In meiner Wohnung.«
»Nein. Da habe ich bereits gesucht!« Der sicario zog den scharfen Degen unter Federicos Ohr hindurch, so dass das Ohrläppchen halb abgetrennt wurde.
»Seid Ihr wahnsinnig?«, schrie Federico und wollte aufspringen, wurde jedoch unsanft gegen die Wand zurückgestoÃen.
»Wo? Meine Geduld ist am Ende.« Der sicario hörte die lauter werdende Musik des Farnese-Sohnes. Die Zeit drängte.
»In einem Umhang meiner Tochter.« Das Blut floss über Kragen und Umhang. »Verflucht! Was habt Ihr gedacht? Dass Ihr es mit einem Idioten zu tun habt?«
»Wo ist Eure Tochter?«
Federico sah, wie die Laterne abgestellt wurde, und erkannte einen schlanken Mann mit gleichmäÃigen Gesichtszügen und Augen, die ihn mit kalter Erbarmungslosigkeit fixierten.
»Lasst Ihr mich am Leben, wenn ich es sage?«
Der sicario lächelte und überlegte nicht lange. »Ja.« Handeln gehörte zum Geschäft.
»Sie ist bei einem Siebmacher am Ponte Sisto.« Federico sprach die Worte aus und bereute es sofort, denn er sah in den Augen des Mannes, dass der sein Henker werden würde. Lautenklänge und Flötenspiel drangen durch die Nacht.
Der sicario kannte Männer wie diesen, die in der Stunde ihres Todes wimmerten und sogar die eigene Mutter verraten hätten, wenn es ihnen geholfen hätte. Solche Kreaturen waren verachtenswert. Fast wie nebenbei stieà er zu. Der Stahl drang widerstandslos durch Federicos Wams, sein Fleisch und fuhr leicht knirschend zwischen den Rippen hindurch knapp am Herzen vorbei.
Ein Schrei erstarb auf Federicos Lippen, er griff sich an seine Brust und sah das Blut durch seine Finger rinnen. Langsam sackte er nach hinten, bis er mit dem Rücken die kalte Mauer berührte und fühlte, wie mit jedem Pulsschlag sein Leben verströmte.
»War es das wert?« Der sicario wischte seinen Degen ab, steckte ihn ein, hob die Kassette auf, stieà die Laterne mit einem Fuà um und verschwand in der Dunkelheit.
Federicos Fackel verglühte auf dem Boden, während die Musik näher kam, doch er hatte keine Kraft, um zu schreien. Er streckte eine Hand aus, aber zwischen den meterdicken Mauern des Triumphbogens sah ihn niemand. Die Kälte zog von den Beinen hinauf, bis sie seine Lungen und sein Herz umklammerte. Das Letzte, was er hörte, waren leise Flötentöne und das Quieken einer Ratte.
XXXIV
Die Rache der Kurtisane
Beatrice saà mit Alba in einem kleinen Zimmer im zweiten Stock von Capreses Haus. Die Räume waren schlicht eingerichtet, nirgendwo sah man üppiges Dekorum, doch die Tapisserien und Vorhänge waren von guter Qualität. Es gab kein offenes Kaminfeuer in diesem Raum, nur ein Kohlenbecken sorgte für ein wenig Wärme. Baldassare war sparsam.
»Der giudice war sehr freundlich. Er wird Euch bestimmt helfen, Madonna«, versuchte Alba ihre Herrin aufzuheitern. Seit drei Tagen warteten sie auf eine Antwort des Richters, der seine sbirri auf die Suche nach Federico schicken wollte.
Beatrice seufzte und tastete ihr Kinn ab. Die Schwellung ging langsam zurück,
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