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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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außer Haus.« Der Diener lächelte und verneigte sich zum Abschied.
    Â»Danke, Sebastiano.« Beatrice wusste seine Fürsorge zu schätzen. Er war ein gutmütiger Mann und schien mehr Mitgefühl für sie zu haben als ihr Onkel.
    Auf der Straße schlugen ihnen Lärm und Gestank entgegen. Es war noch kalt, aber der Frühling kündigte sich langsam an. Alba zappelte neben ihr her, während sie in Richtung Santa Croce am Tiber hinuntergingen. Drei Priester kamen ihnen mit schnellen Schritten entgegen.
    Einer der sbirri rümpfte die Nase und murmelte etwas.
    Â»Sind die Priester auf dem Weg zum Vatikan?«, brachte Beatrice das Gespräch in Gang.
    Â»Hochnäsiges Pack. Saugt das Volk aus und baut sich prächtige Paläste da oben! Habt Ihr von den neuen Steuern auf die Lebensmittel gehört?« Der Beamte senkte die Stimme. »Wenn es nach mir ginge, könnten wir auch gut ohne den Papst auskommen. Kostet doch nur unser Geld, der ganze Zirkus …«
    Der Anführer schalt ihn: »Und wer regiert uns dann? Glaubst du, es wird besser, wenn Pompeo Colonna hier das Sagen hat? Colonna wollte selbst gern Papst werden, aber all seine Bestechungen und Intrigen haben ihm nichts genutzt. Er hasst die Medici, und jetzt sammelt er in Rom Leute um sich, die genauso denken wie er. Madonna, es sind keine guten Zeiten hier in Rom, aber der Papst ist selbst schuld, so wie er die Leute behandelt, und dann sein Zaudern bei jeder Entscheidung. Wer soll ihm noch glauben?«
    Beatrice hörte zu. Ihr Gefühl verstärkte sich, dass Rom die Zerrissenheit Italiens widerspiegelte, und das war keinesfalls beruhigend.
    Â»Ist die Insel groß, zu der wir fahren?«, meldete sich Alba zu Wort.
    Ein jüngerer sbirro lachte. »Nein, hübsches Kind. Wir fahren auch nicht hin, sondern gehen über den Ponte Fabricio. Der Konsul Fabricius hat sie vor über tausend Jahren bauen lassen.«
    Â»Ich wäre lieber mit einem Schiff gefahren.« Aber als sie Beatrices ernste Miene sah, schwieg Alba und sagte bis zur Ankunft auf der Tiberinsel nichts mehr.
    Teile der Insel waren dem Heilgott Äskulap geweiht, und das Ospedale dei Fatebenefratelli setzte eine antike Tradition der Krankenpflege fort. Das Hospital der Barmherzigen Brüder grenzte an San Giovanni Calibita, eine kleine Kirche, umgeben von einer niedrigen Mauer, hinter der sich ein Kräutergarten verbarg. Alles war von großer Schlichtheit, und doch spürte Beatrice die kraftvolle Stille, die von diesem Ort ausging. Einer der Brüder kam in einem hellbeigen Gewand aus dem Ospedale, einem eingeschossigen Bau mit einer Fassade, die dringend der Renovierung bedurfte.
    Er faltete die Hände vor der Brust. »Seid gegrüßt, ich nehme an, Ihr kommt, um den Toten zu sehen, der vor drei Tagen zu uns gebracht wurde. Der giudice Boncompagni erwartet Euch in der Leichenhalle.« Die offiziellen Gewänder der sbirri hatten ihr Anliegen auch ohne Erklärungen deutlich gemacht.
    Die Gruppe folgte dem Bruder in das Ospedale. Die Terrakottafliesen des Krankensaals waren sauber gefegt, und die Kranken lagen ruhig auf ihren Pritschen. Anscheinend kümmerten sich die Brüder aufopfernd um die Armen, die hierhergebracht wurden. Auch der Gestank war erträglich, und Beatrice fragte sich, was die Brüder anders machten als die Nonnen im Hospital in Lucca.
    Nach dem Durchqueren des Saales gelangten sie in einen kleinen Raum, in dem ein Tisch und zwei Bänke standen. Auf einer saß der giudice . Niccolò Boncompagni war ein hochgewachsener, schlanker Mann mit klugen Augen in einem fein geschnittenen Gesicht. Sein früh ergrautes Haar stand im Gegensatz zu seinem Alter, denn er mochte kaum älter als fünfunddreißig Jahre sein. »Madonna, es tut mir leid, dass Ihr herkommen musstet, aber ich hielt es unter den Umständen für das Beste …« Er machte eine entschuldigende Geste, und Beatrice nickte.
    Â»Natürlich. Wo ist er?« Sie schaute auf die geschlossene Tür vor ihnen, hinter der sie den Leichensaal vermutete. »Alba, du bleibst hier.«
    Der junge sbirro nahm Alba an der Hand und setzte sich mit ihr an den Tisch. »Ich erzähle dir, wie der heilige Äskulap hier ankam. Er hatte zwei Schlangen, dieser griechische Arzt, und eine ist ihm entwischt, als er mit dem Boot den Tiber entlangfuhr …«
    Alba hörte mit großen Augen zu, und Beatrice ging hinter Boncompagni

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