Die Tochter des Tuchhandlers
und dem Bruder in das angrenzende Zimmer. Fünf schmale Tische standen nebeneinander in dem langgestreckten Raum, an dessen Ende groÃe Wasserbottiche, Körbe und ein Marmortisch mit verschiedenen chirurgischen Instrumenten standen. Auf drei Tischen lagen Körper, abgedeckt mit fleckigen Leinentüchern.
»Fra Giovanni?«, sprach der Bruder, der sie begleitet hatte, einen Mann an, der sich im hinteren Teil des Raumes die Hände wusch.
Der Mann drehte sich um und musterte die Neuankömmlinge. Sein Kopf war rasiert, die Haut gebräunt, als hätte er viele Jahre seines Lebens in einem südlichen Land verbracht. Er hatte ein ernstes, rundes Gesicht, doch das Auffälligste waren seine feingliedrigen Hände, die Hände eines Künstlers, dachte Beatrice.
»Sie sind wegen des Toten vom Forum hier«, sagte der Bruder.
Fra Giovanni nickte, trat zu dem Tisch, der ihm am nächsten stand, und zog das Tuch zurück.
Beatrice hielt den Atem an und legte eine Hand vor den Mund. Dort lag ihr Mann, die Narbe an seiner Stirn hatte sich dunkel verfärbt, er trug einen Bart, und das Haar war lang. Unverkennbar war es Federico. »Das ist er«, flüsterte sie.
Niccolò nahm ihren Arm. »Geht es, Madonna? Oder wollt Ihr hinausgehen?«
»Nein. Wie ist er gestorben?« Sie hatte sich gefasst. Der erste Schock war überwunden. Federico würde sie nie wieder verletzen, aber er hatte sein Wissen um den Aufenthaltsort von Giulia mit sich genommen.
Fra Giovanni zog das Tuch ein Stück weiter zurück, so dass sie eine tiefe Stichwunde zwischen den Rippen im nackten Körper ihres Mannes sehen konnte. »Der Mörder hat genau gewusst, was er tat, ein sauberer Einstich mit Hilfe eines langen Dolches oder eines Degens. Der Einstichwinkel ist nach schräg oben gerichtet, so dass ich annehme, der Täter hat über dem Opfer gestanden. Es hat sich nicht gewehrt, keine Kampfspuren. Die Klinge ist nicht ins Herz gedrungen, hat aber die Hauptader verletzt, er ist verblutet. Am Hinterkopf hat das Opfer eine Wunde von einem stumpfen Gegenstand, oder es ist mit dem Kopf aufgeschlagen, als es fiel.« Er schwieg und sah Niccolò an.
Die beiden schienen sich zu kennen. »Wie ist er zu Euch gekommen, Giovanni?«, fragte der giudice .
»Er atmete noch, als zwei Diener des jungen Farnese ihn in den frühen Morgenstunden herbrachten. Anständig, dass er das veranlasst hat. Aber wir konnten nichts mehr für ihn tun. Er wurde schon kalt.« Fra Giovanni drehte sich um, ging zu seinem Arbeitstisch und kam mit einem Brief zurück.
Niccolò hob die Augenbrauen und überflog die Zeilen. Dann gab er Beatrice das Schreiben. »Eine schlechte Fälschung. Das Papstsiegel ist nicht echt.«
Beatrice las, dass Alessandro deâ Medici persönlich jemandem in Lucca verschiedene Zusicherungen machte, wenn diese Person ihm bei der Opferung Luccas und dem Ãberfall auf Florenz half. Dafür hatten da Sesto und die anderen ihr Leben gelassen. Törichter Federico, dachte Beatrice ohne Mitleid. Wie hatte er nur dem Wort eines Medici glauben können?
»Wahrscheinlich wisst Ihr mehr darüber als ich«, meinte Niccolò mit fragendem Blick.
»Mein Gatte war einer der Verräter.« Ihre Lippen wurden zu einem schmalen Strich. »Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass sein Tod mir nahegeht. Er hat alles zerstört â seine Familie, sein Geschäft, die Ehre seines Bruders und mein Leben â¦Â«, fügte sie kaum hörbar hinzu.
Niccolò legte eine Hand auf ihren Arm. »Wir werden Eure Tochter finden.«
»O Gott, hoffentlich tut die Porretta meiner Giulia nichts an!« Mit zitternden Fingern griff Beatrice nach ihrem Umhang und zog ihn enger um sich. »Wir müssen Giulia vor ihr finden!« Wenn Marcina von Federicos Tod erfuhr, würde sie Giulia aus Rache töten.
Niccolò nahm ihren Arm und führte sie hinaus. »Meine Leute sind bereits auf der Suche nach ihr, Madonna. Wir haben bald alle Siebmacher der Stadt aufgesucht. Vico«, wandte er sich in dem Vorraum an den ältesten der sbirri . »Habt ihr die Liste schon abgearbeitet?«
Der Mann mit dem treuherzigen Blick überlegte kurz. »Am Ponte Sisto waren wir noch nicht. Da soll es auch einen oder zwei Siebmacher geben, hat man uns gestern gesagt. Aber wir haben nicht genug Männer ⦠Die Colonnas machen mobil. Es ist schon schwer genug,
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