Die Tochter des Tuchhandlers
Anwerbung neuer Truppen gesprochen. Der Connétable de Bourbon hielt diplomatische Verhandlungen mit Clemens für zwecklos, aber Karl glaubte noch immer an eine Einigung mit dem Papst, der ihm schlieÃlich seine Wahl verdankte.
Die Lage in Mailand im Juli 1526 war beängstigend, denn der venezianische General Malatesta war mit seinem Heer über Lodi bis nach Mailand vorgerückt, um sich vor der Stadt mit den päpstlichen Truppen zu einem zwanzigtausend Mann starken Heer zu vereinigen.
Tomeo schrieb Beatrice regelmäÃig. Und immer, wenn er längere Zeit nichts von ihr hörte, beschwerte ihm das sein Herz zusätzlich, denn nur die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft lieà ihn das Elend der Belagerung ertragen. Tuveh ben Schemuel hatte ihm nach seiner Rückkehr aus Genua von Alessandros kläglichem Ende in einem Gefängnis in Antwerpen berichtet. Nach seinen Eltern hatte er nun auch noch seine Brüder verloren. Federicos Ermordung hatte ihn nicht überrascht, aber mehr getroffen, als er erwartet hatte. Aus Beatrices Briefen wusste er von Niccolòs Bemühungen, den Mord aufzuklären, doch Tomeo glaubte nicht daran, dass es jemals dazu käme. Wenn Flamini seine schmutzigen Finger im Spiel hatte, durfte er froh sein, dass Beatrice und Giulia noch am Leben waren. Immerhin war sie Federicos Frau und die Freundin von Bernardina Chigi gewesen.
Lucca war jetzt nur noch Vergangenheit für Tomeo. Seine Zukunft lag im Süden des Landes. Er hatte Beatrice mit einer Besitzurkunde für seine Güter in Calascibetta ausgestattet, denn er fürchtete um Beatrices Sicherheit in Rom. Moncada, der kaiserliche Gesandte, verhandelte zwar mit dem Papst, doch wenn er zu keinem Ergebnis kam, würde er sich an Pompeo Colonna wenden, der nur darauf wartete, Vergeltung an Clemens für die verlorene Papstwahl zu üben. Und Vergeltung eines Colonna bedeutete den gewaltsamen Sturz des Papstes, einen blutigen Ãberfall auf den Vatikan und Aufruhr in den StraÃen Roms.
» Capitano! Sie kommen! Bourbon ist schon gestern über den Ticino!« Gian Marco stürzte aufgeregt um die Ecke. Auch ihm waren die entbehrungsreichen Monate anzusehen. Seine Augen hatten ihren Glanz verloren, und er war still geworden.
»Genauer, Gian Marco. Sag mir genau, wo sie sind.« Das waren die ersehnten guten Nachrichten, endlich!
»Sie haben die Certosa di Pavia hinter sich gelassen und sind spätestens morgen hier! Bourbon hat Sold dabei! Dann können sich die Päpstlichen warm anziehen â¦Â« Er schüttelte seine Faust über der Brüstung. »Ich werde Eure Rüstung putzen.«
Tomeo folgte seinem euphorischen Burschen die Treppe hinunter. Er sagte Gian Marco nicht, dass er den Tag herbeisehnte, an dem er seine Rüstung einschmelzen lassen würde.
Doch es kam am folgenden Tag nicht zum Kampf, weil die Verbündeten der Heiligen Liga angesichts der frischen Streitkräfte den Rückzug antraten. Ãberhaupt schienen in der Liga Uneinigkeit und Misstrauen zu herrschen, was zu zögerlichem Vorgehen und fatalen militärischen Fehlern führte. Venedig befürchtete, dass der Papst sich wieder mit dem Kaiser einigen könne und Frankreich ihm folgen würde. Zur selben Zeit scheiterte die Eroberung des kaiserlichen Siena, und das Ansehen des Papstes sank immer mehr. Pompeo Colonna sammelte ständig mehr Verbündete um sich, rückte am zwanzigsten September 1526 mit ihnen durch die Tore Roms ein, und das Volk sah zu.
Tomeo las später Beatrices Bericht und konnte sich nur zu lebhaft vorstellen, wie das Volk hämisch den bewaffneten Colonnas und ihren Ghibellinen Platz gemacht hatte auf den StraÃen Roms, damit sie es dem verhassten Clemens heimzahlten. Dieser Papst hatte es nicht verstanden, die Gunst seines Volkes zu erringen, weil er weder Gnade noch GroÃherzigkeit zeigte. Seine Furchtsamkeit und sein ständiges Abwägen wurden ihm zum Verhängnis. Pompeo Colonna und seine Männer plünderten Sankt Peter und Rom einen Tag lang, bevor sie sich wieder zurückzogen. Am nächsten Tag war der Papst bereit, mit dem kaiserlichen Gesandten Moncada zu verhandeln. Ein viermonatiger Waffenstillstand war das Ergebnis. Clemens zog seine Truppen aus der Lombardei und seine Flotte von Genua ab.
Was Tomeo an Beatrices Bericht am meisten beunruhigt hatte, war ihre Begegnung mit Marcina Porretta. Sie schrieb nicht viel darüber, doch ihre Angst
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