Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
nicht. Ich werde es euch zeigen!
Jolanthe
schlug den Weg zum Kaufhaus der Tuchkaufleute ein. Noch fehlte ihr eine Idee, eine
Möglichkeit. Sie hoffte, dort von dem ein oder anderen lukrativen Handel zu hören.
Und wenn sie an diesem Tag nichts herausfand, dann vielleicht am nächsten oder übernächsten.
Dann würde sie Geld aufnehmen müssen, viel Geld und zwar auf Kosten des Kontors.
Pascal hatte recht, es ging nur so, wollte man Erfolg haben. Wenn sie sich das Geld
von ihm holte, würde sie sich und vor allem das Kontor in seine Hand begeben. Das
aber musste sie in Kauf nehmen, mit all seinen unabsehbaren Folgen.
Das Kaufhaus
hatte sich nicht verändert, obwohl sie beim Eintreten das Gefühl bekam, schon ewig
nicht mehr da gewesen zu sein. Sie grüßte hier und da, plauderte mit alten Bekannten
und Geschäftspartnern ihres Vaters, die seinen Barchent immer gern abgenommen hatten,
um ihn weiter zu veräußern nach Norden oder Westen. Im Grunde könnten wir das selbst
machen, dachte sie, verwarf das aber gleich. Ihr fehlten die Kontakte, und ohne
den Vater war es nicht durchführbar.
»Jolanthe,
schön Euch wiederzusehen!«, rief jemand hinter ihr.
Sie drehte
sich um und erkannte einen der Kaufleute, der mit der Ravensburger Handelsgesellschaft
über die Alpen gereist war. Sie versuchte, sich an seinen Namen zu erinnern.
»Hans, seid
gegrüßt. Was verschlägt Euch von Ravensburg hierher nach Ulm?«
»Die Geschäfte
natürlich«, antwortete er wenig überraschend und zwinkerte ihr zu. »Ich habe auf
unserer gemeinsamen Reise eine gute Ladung Baumwolle im Süden erstanden, die nun
an die Webereien verkauft werden will. Wo bin ich da richtiger als hier?«
»Baumwolle,
die mit heimischem Leinen zu Barchent verwoben wird.«
»Ihr kennt
Euch aus.«
Jolanthe
dachte nach. Dann fragte sie: »Warum stellt man sie nicht hier vor Ort her wie das
Leinen auch?«
Der Kaufmann
lachte über ihre Frage, die ihm wohl sehr naiv vorkam. »Baumwolle wächst hier nicht,
ganz einfach. Es ist zu nass und zu kalt.«
»Ganz einfach«,
wiederholte Jolanthe und hatte eine Idee. »Sagt, wann unternehmt Ihr mit der Handelsgesellschaft
Eure nächste Reise?«
»Lasst mich
doch erst einmal richtig ankommen!« Er drohte ihr mit dem Finger. »Meine Ravensburger
Kollegen dürfen ihre nächste Reise allein planen. Soweit ich weiß ist eine Gruppe
sehr bald unterwegs, falls es Euch wieder gen Süden zieht.«
Jolanthe
lenkte ab und fragte nach dem verletzten Kaufmann, den sie auf dem Hinweg im Hospiz
zurückgelassen hatten. Er sei wieder gesund und munter zurückgekehrt, bekam sie
als Antwort.
Nach einer
Weile verabschiedete sie sich und trat hinaus auf den Platz. Sie suchte sich einen
Botenjungen, gab ihm Münzen, beschrieb ihm den Weg zu Martha und reichte ihm eine
Nachricht, die sie zu Hause für die Freundin vorbereitet hatte. Es wurde Zeit, sie
mussten reden, und das ging nur, wenn Martha nach Ulm kam und unauffällig Kontakt
mit ihr aufnahm. Sie hoffte, das würde bald geschehen.
Dann lehnte
sie sich über den Brunnenrand und beobachtete, wie sich Wolken im Wasser spiegelten.
Warum nicht
die Baumwolle für die Biberacher Weber selbst in Italien kaufen und hierher transportieren?,
dachte sie. Dann mussten die Weber den Rohstoff nicht teuer auf dem Ulmer Markt
erwerben, sondern würden ihn gestellt bekommen. Ihr Kontor aber müsste nur noch
das Leinen und die Arbeitskraft zahlen. Der Herstellungspreis würde sich um einiges
verringern, verkaufen konnte man aber wie alle anderen auch, das hieß, es gab einen
größeren Gewinn. Auf der Reise hatte sie mehrfach gehört, wie beliebt der Ulmer
Barchent mittlerweile war, wie sehr er nachgefragt wurde. Abnehmer würden sich demnach
weiterhin finden.
War das
die Lösung?
Was geschah,
wenn sie scheiterte?
Sie schüttelte
den Kopf. Das Kontor war ohnehin dem Untergang geweiht, der Vater Sieglinde hörig
und wenn sie, Jolanthe, dieses Wagnis nicht einging, geriet sie mit in einen Strudel,
der sie hinabziehen würde.
Außerdem
hatte sie nicht vor zu scheitern!
Die Frage
war nur, ob Pascal ihr das Geld geben würde.
Kapitel 33
Pascal stand auf dem
Münsterplatz. Er legte den Kopf in den Nacken, blickte die Münsterfassade hoch und
schalt sich einen elenden Trottel. Ja, es ging so nicht weiter, er steckte fest.
Jolanthe bedeutete ihm mehr, als er sich bislang hatte eingestehen wollte, nur jetzt
gab es kein Zurück mehr vor der Erkenntnis. Und das war gewiss nicht in seinem
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