Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
bin. Vergebt meinem Vater. Er wird einsehen,
dass Ihr ihm geholfen habt.«
Der Mann
nickte nur und ließ die Münzen mit leisem Klimpern in seine Börse gleiten.
Sie begleitete
die beiden hinunter, und als der Wundarzt sich von ihnen verabschiedet hatte, hielt
Jolanthe Martha zurück.
»Warte!
Dies ist für dich. Ich bin dir so dankbar.«
Martha zog
ihre Hand zurück, als Jolanthe ihr die Münzen geben wollte.
»Hör auf
damit! Du beschämst mich, und das solltest du nicht tun. Du weißt, dass ich immer
für dich da bin, wenn du mich brauchst. Du wirst Schwierigkeiten genug haben, Winald
zu erklären, warum du dem Arzt doch die verlangte Summe gegeben hast.« Sie drückte
Jolanthes Schulter. »Komm mich bald besuchen. Ich muss nun zu meinem Gaul, den hab
ich am Stadttor gelassen, und der wird mich so langsam vermissen.« Damit umarmte
sie Jolanthe und machte sich mit einem Winken auf den Weg.
Jolanthe
blieb zurück und lehnte sich an den Rahmen der Tür, weil ihr die Knie nachgaben
und der Magen rumorte. Was auch immer nun geschehen würde, Martha hatte in einem
unrecht. Mit Winald würde sie nicht über das Geld streiten, dazu fühlte sie sich
im Moment nicht in der Lage. Nicht nach dem, was der Vater gerade mitgemacht hatte,
und nicht nach Sieglindes Vorwurf. Sie würde im Kontorbuch den von ihm bewilligten
geringeren Betrag eintragen und den Rest mit ihrem zurückgelegten Geld aus der Schatulle
in ihrer Kleidertruhe auffüllen. Also würde sie von Neuem sparen müssen. Das Geschäft
mit den Gewürzen rückte in weite Ferne. Sie mochte nicht daran denken, was Pascal
dazu sagen würde.
Kapitel 15
Pascal hatte sich früh am Morgen
an einem der Stadttore mit dem Boten verabredet, dem er die Schriftstücke, die er
an seinen Vater geschrieben hatte, übergab. Er schärfte ihm ein, auf direktem Weg
und eilig nach Paris zu reisen. Die Zeit drängte, denn die Ravensburger würden nicht
ewig für ihre Vorbereitungen brauchen. In der Hoffnung, der Vater würde einen kontoreigenen
Boten mit ein paar Wechseln nach Ulm schicken, hatte er sich bereits nach lukrativer
Ware umgesehen, die er dem Handelszug der Ravensburger Handelsgesellschaft mitgeben
konnte, um sie vom Kontormitarbeiter in Venedig verkaufen zu lassen. Seine unverbindlichen
Anfragen zeigten bereits erste Wirkung. Er hatte von einer frisch in Augsburg eingetroffenen
Ladung Kupfer und Zinn gehört, die ihn sehr interessierte. Darum würde er sich kümmern
müssen, vorerst aber wollte er sich wieder seinem anderen wichtigeren Anliegen widmen.
Sein Gespräch mit Jolanthe am gestrigen Tag hatte sich im Nachhinein durchaus als
vielversprechend herausgestellt. Deshalb lenkte er nun seine Schritte in Richtung
des Kunschen Hauses. Er wollte sich ein wenig in Jolanthes Nähe herumdrücken, in
der Hoffnung, ganz zufällig auf sie zu stoßen. Also, dass ich Euch so bald schon
wiedertreffe, das hätte ich nicht gedacht – so etwas in der Art würde er sagen.
Kräftig
schritt er aus und nickte nach hier und dort, um die Leute zu grüßen, die ihm begegneten,
gleich, ob er sie kannte oder nicht. In der Straße, in der Jolanthe lebte, blieb
er ein paar Häuser vorher stehen und lächelte einer Frau zu, die im ersten Stock
gerade Decken am Fenster ausschüttelte. Er beschloss, das als Gelegenheit zu nehmen,
um sich unauffällig hier aufzuhalten.
»Gott zum
Gruß! Ein schöner Frühlingstag, will ich meinen.«
Die Frau
hielt in der Bewegung inne. Die Decke hörte auf, Wellen zu schlagen und hing ruhig
an der Hauswand herunter. Sie antwortete: »Es wird Zeit, dass es wärmer wird, meint
Ihr nicht auch?«
»Die Alpenpässe
seien passierbar, heißt es. Ein untrügliches Zeichen, dass der Sommer nicht mehr
weit sein kann.«
»Ah, Ihr
seid Kaufmann. Mein Gatte sprach auch bereits davon.«
Pascals
Neugier war geweckt, er trat einen Schritt an das Haus heran und verstrickte die
Frau in ein Gespräch. In dessen Verlauf erfuhr er vom Weinhandel des Hausherrn und
davon, dass der soeben einen edlen Tropfen aus Frankreich importiert hatte. Ein
möglicher Ersatz, wenn das mit dem Zinn nicht klappt, dachte er und erfragte den
Namen des Kaufmanns, frohlockend über den sich vielleicht neu ergebenden Kontakt.
Schließlich verbeugte er sich leicht und verabschiedete sich.
Als er sich
umdrehte, fiel sein Blick auf die Eingangstür des Kunschen Hauses, und er erkannte
Sieglinde, die zu ihm hersah. Offenbar kam sie von einer Besorgung und wollte gerade
das Haus betreten, hielt aber
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