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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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mich für dich. Und für Adrian natürlich auch. In welchem Monat bist du?«
    »Zwölfte Woche. Ich wollte erst sicher sein, dass es auch bleibt.«
    Im Stillen betete ich, dass dieses kleine Wesen ähnlich stabil wie seine Mutter war und es in den nächsten Monaten tatsächlich dort blieb, wo es war.
    »Mit dem Baby ist alles in Ordnung«, sagte sie, als hätte ich meine Gedanken laut ausgesprochen. Ein wenig klang der Satz wie eine Beschwörungsformel. »Zur Beerdigung wirst du doch kommen, Finja, oder?«, wechselte Amelie schnell das Thema. »Ich meine, nachdem du an Cornelias Geburtstag schon etwas Besseres vorhattest. Sie hätte sich so gefreut, dich zu sehen.«
    Ich musste tief durchatmen und mich beherrschen, um nicht einen Streit vom Zaun zu brechen. Amelie, der Sonnenschein der Familie, konnte hin und wieder Pfeile abschießen, die genau ins Ziel trafen. Sie war nicht bewusst boshaft. Vielmehr lag es daran, dass unsere Mutter sie maßlos verwöhnt und ihr die Zickenallüren nie ausgetrieben hatte. Als sie Adrian heiratete, war mir der Gedanke gekommen, sie wolle einfach nur ihre Beute nicht loslassen, da sie ihn bereits als Kind fest im Griff gehabt hatte. Der Tag, an dem ich das angedeutet hatte, war mir noch gut in Erinnerung. Als Retourkutsche hatte sie mir vorgehalten, ich sei nur eifersüchtig, da ich nicht bei ihm hätte landen können. Aber das sei auch kein Wunder, schließlich habe Adrian ein Faible für selbstbewusste Frauen.
    Was die Vorlieben meines Schwagers betraf, hatte Amelie sich getäuscht. Sie waren längst nicht so einseitig, wie sie glaubte. Aber mit meinem Selbstbewusstsein hatte sie richtiggelegen. Es war erst mit den Jahren gewachsen, während sie ihres bereits mit der Muttermilch aufgesogen hatte. Im Gegensatz zu mir war sie stets die kleine Prinzessin gewesen, die die Augen unserer Mutter zum Leuchten bringen konnte. Mir war das nur bei unserem Vater gelungen. Er hatte keinen Unterschied zwischen seinen Töchtern gemacht. Unsere Mutter hingegen konnte noch immer die Temperatur ihres Blicks in der Geschwindigkeit wechseln, in der sie zwischen ihren Töchtern hin- und hersah.
    Lange Zeit war ich mir wie ein Kuckuckskind vorgekommen, wie ein Wesen, das dieser Mutter im wahrsten Sinne des Wortes fremd war. Aber Amelies und mein Spiegelbild hatten solche Überlegungen Lügen gestraft. Wir sahen uns viel zu ähnlich, um aus verschiedenen Nestern zu stammen. Die dunkelblonden Haare hatten wir von unserer Mutter, die braunen Augen von unserem Vater. Außerdem bildeten sich in unseren Wangen die gleichen Grübchen, wenn wir lachten.
    Trotz alledem hatte ich immer das Gefühl gehabt, sie würde mich im Grunde ihres Herzens ablehnen und mir dies auf ganz subtile Weise zu verstehen geben – mit materieller Großzügigkeit und einer als Toleranz verpackten Gleichgültigkeit. Wann immer ich ihr das vorgeworfen hatte, war ich auf völliges Unverständnis gestoßen. Ich hätte doch alles bekommen, weit mehr als andere Kinder. Wie ich da überhaupt von mangelnder Zuneigung reden könne?
    Ohne meinen Vater und meine Kinderfrau wäre es ziemlich traurig um mich bestellt gewesen. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte ich Amelie für die Liebe, die sie von unserer Mutter im Überfluss bekam, gehasst. Und so hatte ich versucht, ihr an anderer Stelle etwas zu nehmen. Indem ich mit ihren jeweiligen Freunden schlief. Auch mit Adrian. Es war ein Geheimnis, das er nie preisgegeben hatte, und das Hubert, der uns damals erwischt hatte, jetzt mit in sein Grab nehmen würde.
    Auch ich hatte geschwiegen. Irgendetwas hatte mich immer davor zurückschrecken lassen, ihr die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Ob es nun aus Sorge war, dadurch könne zwischen uns etwas unwiederbringlich zu Bruch gehen, oder aus einem Gefühl von Macht, das aus dem heimlichen Hintergehen erwuchs, hätte ich immer noch nicht zu sagen gewusst. Vielleicht war es weder das eine noch das andere, sondern eine Mischung aus beidem.
    Amelie und ich hatten unser Telefonat längst beendet, als mich diese Gedanken umtrieben. Im Nachhinein kam es mir vor, als hätte ich mich deshalb so sehr darauf konzentriert, um den Unfall auf Distanz zu halten. Aber das war unmöglich. Er entwickelte eine Kraft, der ich mich schließlich nicht mehr widersetzen konnte.
    Hubert und Cornelia hatten zu meinem Leben gehört, sie waren Teil meiner Kindheit und Jugend. Als ich Cornelias Geburtstagseinladung abgesagt hatte, hatte ich mir fest vorgenommen, stattdessen zu ihrem

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