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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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dass es ihm wichtig war, ihr die Angst zu nehmen und ihr Vertrauen zu gewinnen. In ihren Augen war er wie ein gütiger Vater. Wenn ihr aus Verzweiflung die Tränen übers Gesicht liefen, versicherte er ihr geduldig, dass die Antworten auf seine Fragen nicht verloren seien. Sie schlummerten lediglich unter einer Oberfläche, die sie im Augenblick noch nicht durchdringen konnte. Aber irgendwann würde diese Oberfläche nachgeben und durchlässiger werden. Und dann würden Erinnerungsfetzen auftauchen.
    »Wo ist meine Erinnerung jetzt?«, fragte Gesa.
    »In Ihrem Unterbewusstsein«, antwortete er mit ruhiger Stimme. »Es hält sie zurück, um Sie zu beschützen.« Sein Lächeln umhüllte sie mit Wärme und mit einer Gewissheit, an der er sie ganz offensichtlich gerne hätte teilhaben lassen. »Ihr Unterbewusstsein ist klug, Gesa. Es weiß, dass es noch zu früh für Sie ist, sich den Tatsachen zu stellen. Für den Moment wären Sie damit vermutlich überfordert. Und damit wäre nichts gewonnen.«
    »Aber wenn die Antworten in mir drin sind«, insistierte Gesa ein ums andere Mal, »dann müsste ich doch etwas von ihnen spüren. Wenn das, was geschehen ist, so beängstigend ist, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann, warum fühle ich das nicht wenigstens? Wie einen Traum, den ich nicht mehr greifen kann, von dem ich aber weiß, dass er da war.«
    »Sie fühlen ja etwas, Gesa, Sie fühlen die Angst.«
    Die Angst vor dem, was sie hierhergebracht hatte. Ja, die spürte sie. In jeder Minute, in jeder Sekunde.
    Ihr Arzt lehnte sich zurück, als könne er ihr damit etwas von seiner Gelassenheit abgeben. »Ihr Unterbewusstsein verschont Sie so lange, bis Sie stark genug sind.«
    Einen Moment lang ließ sie seine Worte im Raum stehen, bis sie sich an die Frage herantraute, die ihr unter den Nägeln brannte. »Wenn ich stark genug bin, Doktor Radolf, darf ich dann mein Kind wiedersehen?«
    Er beugte sich vor und stützte die Unterarme auf dem Tisch ab. »Was fühlen Sie, wenn Sie an Ihr Kind denken, Gesa?« Seine Miene verriet ihr nicht, was er von ihr hören wollte.
    Sie knetete ihre Finger, um dem Schmerz in ihrer Brust etwas entgegenzusetzen. »Ich vermisse sie so sehr. Sie ist noch so klein, so verletzlich. Wie soll sie begreifen, dass ich plötzlich nicht mehr für sie da bin? Sie braucht doch ihre Mutter. Können Sie das verstehen?« Sie forschte in seinem Gesicht nach einer Antwort.
    »Sorgen Sie sich nicht, Gesa. Ihr Baby befindet sich in guter Obhut. Es wird ihm nichts geschehen.«
    Ihr Blick wanderte zum Fenster hinaus. Sie sah die Blätter in den Bäumen. Sie gehörten zu einem anderen Leben. »Haben Sie Kinder, Doktor Radolf?«
    Er nickte. »Ich habe einen Sohn.«

[home]
    2
    E s war weit nach Mitternacht, als ich nach Hause kam. Amelie hatte mehrere Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen, alle mit dem gleichen Wortlaut: Ich solle sie in jedem Fall noch zurückrufen, egal, wie spät es sei. Sie müsse mir dringend etwas erzählen. Ihre Stimme klang eher bedrückt, überhaupt nicht so, als sei sie schwanger und würde sich wie verrückt freuen. Also hatte ich mich getäuscht. Der Gedanke versetzte mir einen Stich.
    Einen Moment lang war ich versucht, ihre Nummer zu wählen, beschloss dann jedoch, bis zum Morgen zu warten. Amelie und Adrian würden längst schlafen. Um neun Uhr war ich mit Richard Stahmer verabredet, der mich in seine Wohnung lassen würde, um sich dann zu einem Termin aufzumachen. Auch wenn wir uns nur kurz sehen würden, wollte ich ihm ohne Augenringe und Grauschleier auf der Haut gegenübertreten.
    Als ich nach einer ausgiebigen Gesichtspflege endlich im Bett lag, ging ich in Gedanken meinen Kleiderschrank durch und versuchte, für den nächsten Morgen eine Vorauswahl zu treffen. Diese Überlegungen waren ähnlich effektiv wie das Schäfchenzählen, ich schlief augenblicklich ein.
    Bis mich das Klingeln des Telefons aus dem Tiefschlaf riss. In der nächtlichen Stille hatte es etwas Bedrohliches. Ich setzte mich auf, schaltete das Licht ein und sah auf den Wecker. Zehn nach drei. Der Anrufbeantworter sprang an. »Finja, wo bist du denn nur?«, hörte ich die Stimme meiner Schwester aus dem Nebenzimmer. »Warum meldest du dich nicht?« Amelie weinte ganz offensichtlich.
    Mit einem Satz sprang ich aus dem Bett und lief auf der Suche nach dem Mobilteil ins Wohnzimmer. Mein Blick irrte umher, bis ich es am Boden neben dem Sitzsack entdeckte. »Amelie?«, rief ich in den Hörer.
    »Oh,

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