Die Todesbraut
nicht zweimal bitten.
Grace holte sich aus der Küche eine große Plastiktüte, stopfte einen marineblauen Jogginganzug hinein, einen dünnen Regenmantel und ein Paar schwarze Lederschuhe mit flachem Absatz. Dann öffnete sie ihren Safe und nahm zwei Bündel Zehnpfundnoten heraus, insgesamt zweitausend Pfund. Sie schob jeweils ein Bündel in einen Schuh, überlegte eine Weile und steckte dann noch ein zusammengerolltes Küchenhandtuch in die Tüte.
Als sie eine Viertelstunde später das Haus verließ, trug sie einen alten Burberry und einen Regenschirm. Sie trat auf den Bürgersteig hinaus und lief zu ihrem roten Minicooper, der am Bordstein geparkt war, schloß ihn auf und stieg ein.
Hannah Bernstein, die ein Stück weiter entfernt an der gegenüberliegenden Straßenseite in ihrem Wagen saß, beobachtete sie aufmerksam und reihte sich dann unauffällig hinter Grace in den Verkehr ein. Grace fuhr Richtung Westminster, umrundete den Tower und parkte schließlich in der Wapping High Street in der Nähe eines Kaufhauses.
Ein paar Wagen hinter Grace fuhr Hannah in eine freie Parkbucht und stellte den Motor ab.
Grace nahm die Plastiktüte, versperrte den Wagen und warf eine Münze in die Parkuhr. Dann ging sie auf den Haupteingang des Kaufhauses zu und tauchte in der Menschenmenge unter. Hannah lief ihr nach. Als sie das Geschäft betrat, war Grace aber bereits von dem regen Einkaufstrubel verschluckt. Hannah wußte, daß es unmöglich war, zu erahnen, zu welcher Abteilung sich Grace gewandt hatte. Machte Hannah sich auf die Suche nach ihr, riskierte sie, die Verfolgte beim Verlassen des Kaufhauses zu verpassen. Daher beschloß sie, zu ihrem Wagen zurückzukehren und von dort aus den Wagen von Grace Browning zu beobachten.
Zur selben Zeit lief Grace im rückwärtigen Teil des Gebäudes die Stufen hinunter, die zu den Personaltoiletten führten. Grace hatte diese Toilette aus Neugier bereits einmal benutzt und dabei entdeckt, daß es von hier einen Aus gang gab, der auf eine schmale Gasse seitlich des Kaufhauses führte. Die eilte sie jetzt entlang, bis sie am Ufer der Themse endete. Im Laufschritt erreichte Grace ganz in der Nähe der St. James Stairs ein Areal, auf dem eine Reihe verfallener Lagerhäuser stand. Sie war mit dieser abstoßenden Ecke der Stadt bestens vertraut, da sie hier einmal eine Episode eines Fernsehthrillers gedreht hatte. Zu beiden Seiten der Dock Street, wie sich diese schmale Straße nannte, waren lediglich mit Brettern verschlagene Fenster und ein paar verbeulte, rostige Müllcontainer zu sehen. Grace war sich des Risikos bewußt, aber schließlich war im Moment jeder Schritt ein Risiko. Sie stopfte ihre Plastiktüte hinter die Mülltonnen, zog einen alten Sack darüber und lief eilig zurück.
Fünf Minuten, nachdem sie das Kaufhaus verlassen hatte, betrat sie es durch den Angestellteneingang wieder, lief die kurze Treppe hoch und strebte einer Abteilung entgegen, in der Haushaltswäsche angeboten wurde. Willkürlich griff sie nach ein paar Frotteetüchern, bezahlte und wartete, bis die Verkäuferin sie in eine Plastiktüte verpackt hatte, die derjenigen, mit der sie das Geschäft betreten hatte, ganz ähnlich war.
Hannah entdeckte Grace sofort, als die durch den Ausgang kam und gleich darauf ihren Wagen aufsperrte. Grace öffnete die Tür, warf die Tüte auf den Rücksitz und schlüpfte hinter das Steuerrad. Als sie sich, dicht gefolgt von Hannah, in den Verkehr einfädelte, lächelte sie in dem Bewußtsein, etwaige Verfolger an der Nase herumgeführt zu haben.
Kurz darauf fuhr sie in der Nähe der U-Bahn-Station Wapping in ein mehrstöckiges Parkhaus. Sie lenkte in das Tiefgeschoß und blieb an einer Autowerkstätte stehen. Hannah ließ sie nicht aus den Augen und parkte auf einem freien Stellplatz ganz in der Nähe. Grace bedachte den jungen Schwarzafrikaner im Mechanikeroverall, der aus der Werkstatt trat, mit einem charmanten Lächeln. »Mein Wagen bräuchte dringend eine Wäsche und eine Politur. Könnten Sie das für mich erledigen?«
»Kein Problem. Wann möchten Sie ihn denn wiederhaben?«
»Nun, ich habe heute abend eine Vorstellung, und es könnte etwas später werden. Zweiundzwanzig Uhr etwa.«
»Wir schließen leider schon um neunzehn Uhr, Ma’am.«
»Könnten Sie mir die Schlüssel nicht freundlicherweise unter die Fußmatte legen?«
»Das dürfen wir leider nicht.«
Sie öffnete ihr Portemonnaie. »Wieviel
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