Die Todesbraut
was Sie uns sagen können?«
»Beim Leben meiner Mutter. Frank sagte, dieser Typ hätte nur ihm den Deal angeboten, sonst niemandem in London. Sagte, es wäre der größte Deal seines Lebens.«
»Also wußte sonst niemand davon?«
»Natürlich nicht. Ich meine, warum sollte der Kerl auch jemand anderen ansprechen? Schließlich war Frank jahrelang der beste Mann im East End.« Mit zitternder Hand goß Gordon sich einen weiteren Scotch ein.
Dillon fuhr fort: »Und Sie haben während der ganzen Zeit im Wagen gesessen und gewartet?«
»Das habe ich doch den Bullen schon erzählt – nein, ich habe nichts gehört. Die Waffe hatte bestimmt einen Schalldämpfer. Ich saß da und las Zeitung, bis ich mir dann irgendwann Sorgen machte und nachsehen ging.«
»Und natürlich haben Sie niemanden gesehen?«
»Hab ich doch schon der Polizei gesagt, nein, niemanden.«
»Denken Sie doch mal scharf nach«, forderte ihn Dillon auf. »Es regnet, es wird dunkel. Sie sitzen am Steuer und lesen Zeitung, und niemand kommt aus dem Friedhofstor.«
»Sagte ich doch schon.« Abrupt verstummte Gordon und runzelte die Stirn. »Halt, Moment mal. Doch, natürlich.« Er schien sich zurückzuversetzen und die Situation vor seinem geistigen Auge noch einmal zu erleben. »Ja, ein schweres Motorrad kam aus dem Tor. Der Typ im Sattel trug eine schwarze Lederkombination und einen dieser Helme, durch deren dunkles Visier man nicht sehen kann.«
»Bingo«, rief Dillon triumphierend. »Der Kandidat hat hundert Punkte!«
»Mein Gott, Sie haben sich da drinnen ja reichlich daneben benommen, Dillon«, schimpfte Hannah, als sie kurz darauf wieder im Wagen saßen. »Tun Sie das nie wieder in meiner Gegenwart!«
»Aber wir haben ein Ergebnis erzielt«, gab er gutgelaunt zurück. »Die genaue Beschreibung unseres geheimnisvollen Motorradfahrers aus Belfast. Und wir wissen jetzt, was Sharp und Silsev vorhatten.«
»Eine grauenhafte Vorstellung«, stöhnte sie, »Heroin im Straßenwert von einhundert Millionen Pfund. Nicht auszudenken!«
»Dann tun Sie’s nicht«, riet er. »Wir gönnen uns jetzt einen Besuch bei Mulligans in der Cork Street. Ein paar Austern mit Champagner haben wir uns doch nun wirklich verdient.«
»Ich muß doch fahren, Dillon.«
»Ich weiß, meine Liebe. Ich trinke den Champagner für Sie mit. Sie müssen sich eben mit Austern zufriedengeben.«
Damit lehnte er sich grinsend zurück und zündete sich zufrieden eine Zigarette an.
Washington
London ___________________________________
1994
10. K APITEL
Als die schwere Limousine über die Constitution Avenue Richtung Weißes Haus fuhr, regnete es heftig. Trotz des schlechten Wetters herrschte auf der Pennsylvania Avenue reger Betrieb, der sowohl von Touristenscharen als auch von Kamerateams und Journalisten verursacht wurde, die in sämtlichen Sprachen der Welt durcheinanderplapperten.
Der Chauffeur ließ die Glasscheibe herunter, die ihn von den Passagiersitzen trennte. »Es wird schwierig werden, durch den Haupteingang zu fahren, ohne daß Sie jemand erkennt, Senator.«
Patrick Keogh beugte sich nach vorne. »Versuchen wir es doch am Osteingang.« Der Chauffeur schwenkte in die East Executive Avenue und näherte sich dem Tor, dessen Wache Senator Keogh sogleich erkannte und die Limousine durchwinkte. Der Osteingang wurde häufig von Bediensteten und Besuchern des Weißen Hauses aus den Reihen der Diplomatie benutzt, die der Aufmerksamkeit der Medien zu entgehen versuchten.
Keogh stieg aus und bemerkte zu seinem Chauffeur: »Ich kann Ihnen leider nicht sagen, wie lange es heute dauern wird.« Dann ging er die Treppe zum Eingang hoch. Dort traf er auf den diensthabenden Secret Service Agenten, einen Marineleutnant mit rasiermesserscharfen Bügelfalten in der Uniformhose. Der Leutnant nahm Haltung an. »Guten Abend, Senator.«
»Woher wußten Sie, daß ich diesen Eingang benutzen würde?«
»Ich wußte es nicht, Senator, aber ein Kollege von mir steht am Haupteingang.«
Keogh lächelte freundlich. »Das nenne ich strategisches Denken.«
Der junge Mann lächelte zurück. »Wenn Sie mir folgen wollen, Senator. Der Präsident erwartet Sie.«
Als sie das Oval Office betraten, waren die Vorhänge zugezogen, der Raum lag im Halbdunkel. Auf dem massiven Schreibtisch leuchtete eine Tischlampe, und in einer Ecke verbreitete eine Stehlampe gedämpftes Licht. Keogh war mit
Weitere Kostenlose Bücher