Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Nuelle
Vom Netzwerk:
nicht das geringste Geräusch war mehr zu hören.
    Sie stolperte die letzten Stufen hinauf, erreichte ihr Zimmer, ließ die Koffer aus den kalten Händen gleiten und rannte zu Jesses Tür. Die Angst, daß Jesse so jammervoll geschrien haben könnte, hatte ihr Entsetzen noch verstärkt. Die klammen Finger hatten Schwierigkeiten, den Türknopf zu drehen. Doch als sie es endlich geschafft hatte, und die Tür aufstieß, empfing sie friedliche Ruhe. Jesse lag in die Kissen gekuschelt in ihrem Bett; die Lippen leicht geöffnet, den einen Arm um den Kopf geschlungen.
    Peggy konnte es nicht fassen. Wie war es möglich, daß Jesse trotz ihres Ärgers so rasch eingeschlafen war? Und wieso war sie nicht von dem durchdringenden Wehklagen aufgewacht? Jesse mußte erschöpfter gewesen sein, als Peggy angenommen hatte; das war die einzig mögliche Erklärung. Sie schloß leise die Tür und ging in ihr Zimmer.
    Lange saß sie im Schlafanzug mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett und grübelte über das schreckliche Erlebnis nach. Die Erklärung, die sie fand, befriedigte sie nicht ganz. Sie dachte immer und immer wieder darüber nach, aber sie kam zu keinem anderen Schluß: Es mußte der Wind gewesen sein, der sich in dem Mauerschacht der Wendeltreppe gefangen hatte. Eine andere Möglichkeit konnte es nicht geben, stellte sie fest und spürte plötzlich, daß sie einfach zu erledigt war, um noch weiter nachdenken zu können. Sie schüttelte sich das Kissen zurecht und legte sich zurück. Peggy hatte geglaubt, daß sie nach diesem turbulenten Tag nicht so schnell ein Auge zumachen könnte, aber sie hatte kaum die Bettdecke über die Nase gezogen, als sie auch schon eingeschlafen war.
    Irgend etwas war ganz und gar nicht in Ordnung. Peggy wagte sich nicht zu bewegen und versuchte, sich zurechtzufinden. Das letzte, an das sie sich erinnern konnte, war, daß sie müde in die Kissen zurückgesunken war. Träumte sie etwa? Sie befand sich nicht in ihrem Bett. Sie stand irgendwo im Finstern und spürte gar nicht traumhaft, sondern unangenehm deutlich, die Kälte von rauhem Steinboden unter den nackten Füßen. Sie schloß und öffnete die Finger, zwickte sich in den Arm und stellte fest, daß sie offenbar wach war. Und dann stürzte Furcht über sie herein, die uralte Furcht vor der Finsternis und dem, was dort auf sie lauern könnte. Dazu kam der Schrecken, daß sie nicht wußte, wo sie sich befand, und wie sie hierhergekommen war. Sie wußte nur, daß sie Hilfe und vor allem Licht brauchte. Sie begann blindlings vorwärts zu laufen, hielt jedoch sofort wieder inne. Sie hatte ja überhaupt keine Ahnung, wohin sie rannte, und welche Gefahren dort auf sie warteten! Vor Angst und Erregung keuchend starrte sie nach allen Seiten; versuchte, irgend etwas in der Dunkelheit zu erkennen, das ihr bewies, daß sie nicht blind war. Da, über ihr auf der rechten Seite, entdeckte sie drei schwach erhellte schmale Rechtecke, und in ihnen bewegte sich etwas nebelhaft. Sie strengte die Augen an. Ja natürlich, das waren Fenster und dahinziehende Wolken! Aber wo gab es im Schloß drei so dicht nebeneinanderliegende Fenster? Im Erdgeschoß auf jeden Fall nicht.
    Aber in der Halle hatte sie in der Höhe der Galerien so viele auf einmal gesehen. Also mußte sie auf einer der Galerien stehen. Kalter Angstschweiß brach ihr aus; sie hätte eine der Treppen hinunterstürzen können, als sie gedankenlos ins Dunkle hineinrannte. Aber noch grauenvoller war der Gedanke, daß sie über das niedrige Galeriegeländer in die tief unten liegende Halle hätte stürzen können.
    Die Fenster schienen ziemlich weit entfernt von ihr, also stand sie nicht auf der Galerie in der Nähe des Eingangs, sondern auf der Seite, die zu Jesses Zimmer führte. Sie streckte die Hände aus und trat vorsichtig einen Schritt nach rechts und dann noch einen. Die Finger stießen gegen etwas Hartes. Sie tastete ein wenig herum und erkannte, daß es die Wand sein mußte; sie hatte sich zum Glück von dem gefährlichen Geländer entfernt. Jetzt brauchte sie nur noch an der Wand entlangzugehen, denn durch die Fenster wußte sie nun auch, in welcher Richtung die Schlafzimmertür lag, und brauchte keine Angst mehr zu haben, daß sie die Treppe hinunterfallen würde. Sie machte zunächst langsam einen Schritt nach dem anderen in die Dunkelheit hinein, aber ein unangenehmes Gefühl im Rücken gab ihr den Eindruck, als verfolge sie jemand, und sie lief immer schneller. Fast besinnungslos vor Angst

Weitere Kostenlose Bücher