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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Nuelle
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hielt ihre Lampe so, daß sie Jesses Gesicht sehen konnte. Sie hatten noch ein gutes Stück bis zur Treppe, als Dan plötzlich stehenblieb und besorgt auf Jesse hinunterblickte. Sie lag steif und bewegungslos auf seinen Armen, die Lippen hatten sich blau verfärbt, das Gesicht schien das einer Toten, so weiß und durchsichtig war es auf einmal.
    »Dan, um Gottes willen, bring sie zurück ins Zimmer!« schrie Peggy. »Sie stirbt sonst!«
    Dan zögerte noch, aber da verdrehten sich Jesses Augen, und die fast tierischen klagenden Laute, die sie von sich gegeben hatte, verwandelten sich in einen aus tiefster. Not hervorgestoßenen röchelnden Schrei. Dan drehte sich mit einem Satz um und eilte mit großen Schritten ins Schlafzimmer zurück. Aber selbst hier schienen sie keine Zuflucht mehr zu finden. Die Kälte hatte sich noch verstärkt und drang eisig durch den warmen Stoff von Peggys Schlafrock.
    Dan wickelte Jesse in alle verfügbaren Decken, hob ihr den Kopf an und versuchte, ihr etwas von dem Whisky einzuflößen, als der Professor hereinstürzte.
    »Sie muß verrückt geworden sein«, rief er, »und hat es jetzt auf uns alle abgesehen. Es muß, es muß einfach einen Weg geben, um sie zu befriedigen. Sie tut das alles bestimmt wegen ihres Sohnes. Stellen Sie sich doch vor, wie die arme Seele gelitten haben muß, wenn durch Jahre hindurch ein Betrüger mit dem Namen ihres Sohnes herumgelaufen ist.«
    »Für mich ist sie keine arme Seele, Professor.« Peggy fühlte ohnmächtigen Zorn, wenn sie Jesses vor Qual verzerrtes Gesicht ansah. »Was sie tut, ist gemein und böse. Sie verdient es nicht, Ruhe zu finden.«
    »Egal, was sie ist, Miss Witlow, sie hat uns in der Hand. Um diese Erkenntnis kommen wir nicht herum. Uns bleibt nichts anderes übrig, als festzustellen, was sie von uns will.«
    »Wenn sie uns wissen lassen will, daß es nicht ihr Sohn war, der aus Frankreich kam, dann haben wir das doch bereits herausgefunden«, sagte Peggy ungeduldig. »Und wenn ihr das bis jetzt noch nicht klar ist, bedeutet das, daß wir uns ihr nicht verständlich machen können.« Sie versuchte an Dans Gesicht abzulesen, was er von dieser Unterhaltung hielte. Aber seine Miene verriet nichts. Er hatte nur Augen für Jesse und schien überhaupt nicht zugehört zu haben.
    »Ich gehe wieder in die Halle.« Der Professor nahm von neuem die Lampe in die Hand. »Wenn sie Kontakt mit uns aufnehmen will, wird sie es nicht in diesem Zimmer tun. Die Halle erscheint mir dazu der richtige Ort.« Er hastete hinaus.
    Peggy blieb still neben Dan stehen, aber sie wagte nicht zu fragen, ob er Catherine und ihre geisterhafte Gegenwart nun endlich auch akzeptierte. Die warme Luft, die durchs offene Fenster hereinströmte, wurde von der klammen Kälte des Raumes erstickt. Und doch war es hier erträglicher als auf der Galerie oder in der Halle. Während sie darauf wartete, daß Jesses Lippen das beängstigende ’Blau verlören, überlegte sie, ob sie dem Professor unten nicht mehr helfen könnte als hier oben Dan.
    Als ob er ihre Gedanken erraten hätte, wandte er sich zu ihr um. »Ich glaube, ich gehe hinunter und frage, ob ich dem Professor helfen kann.«
    Peggy atmete erleichtert auf. Damit gab Dan zu, daß er des Professors Theorie anerkannt hatte. Er würde ihnen mit seinem klaren Verstand helfen, und alles würde gut werden. »Ich werde gehen, Dan«, sagte sie und lächelte ihn dankbar an. »Du kannst für Jesse mehr tun als ich.«
    Nach kurzem Zögern stimmte er zu. »Gut. Aber wir lassen die Tür zur Galerie offen. Es wird auch mit geschlossener Tür hier drin immer kälter, und so kann ich wenigstens hören, wenn du mich rufst.« Er verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Es ist zum Verrücktwerden. Alles in mir wehrt sich, an Gespenster zu glauben – und doch scheinen wir es hier mit einem zu tun zu haben.« Als Peggy aus dem Zimmer trat, verschlug ihr die eisige Kälte fast den Atem. Sie zwang sich, weiterzulaufen. Die Flamme der Lampe flackerte, drohte zu verlöschen, und Peggy blieb stehen, um das zu verhindern. Im gleichen Augenblick spürte sie, daß es plötzlich wärmer wurde. Konzentrierte sich die Kälte etwa nur auf den Raum, wo Jesse sich befand? Sie mußte darüber mit dem Professor sprechen. Sie blickte rasch zurück und vergewisserte sich, daß Dan so ruhig wie vor ein paar Sekunden vor Jesses Bett stand, dann eilte sie weiter.
    An der Treppe stürzte die Kälte von neuem auf sie. Der Professor stand in der Mitte der

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