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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Nuelle
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sich wegen seiner Nachlässigkeit Vorwürfe machte und bitter feststellte, daß er eben doch alt würde. »Jesse hat mich darauf aufmerksam gemacht.«
    Er sah lange auf die winzigen Reste der verschwundenen Seite, bis plötzlich seine Augen aufleuchteten. »Da haben wir’s doch!« rief er erregt aus. »Das ist der beste Beweis, daß es hier nicht nur um seltsame Erscheinungen geht, sondern daß es auch etwas zu verbergen gab. Warum reißt man so eine Seite raus? Doch nur, damit niemand lesen kann, was darauf stand. Also vielleicht ein Hinweis darauf, wie der echte Gerard gestorben ist.«
    »Gut, aber die Seite ist fort. So kommen wir also auch nicht weiter.« Jesse hatte keine Lust, sich mit Dingen aufzuhalten, die keine Lösung für ihr Problem brachten.
    »Wir müssen nur das Erfahrene richtig auswerten» wandte der Professor unbeirrt ein. »Wenn es nun Catherines Geist wäre, der in Bally Moran umherwandert, weil er keine Ruhe findet, dann brauchen wir ihr vielleicht nur zu beweisen, daß das Geheimnis, das sie mit ins Grab nahm, kein Geheimnis mehr ist. Vielleicht findet die arme Seele dann endlich ihren Frieden.«
    »Wenn es wirklich sie ist, die uns mit ihrem Spuk verrückt macht, habe ich kein Mitleid für sie. Es interessiert mich nicht, ob ihre Seele Ruhe findet oder nicht. Sie soll uns in Frieden lassen.« Jesse wischte ärgerlich einen nichtvorhandenen Krümel vom Tisch.
    »Still!« mahnte der Professor fast erschrocken. »Reden Sie nicht leichtsinnig daher. Sie wissen doch nicht, wer uns beobachtet.«
    Das war genau das, was Peggy vorhin in der Halle gefühlt hatte; es lief ihr bei dem Gedanken eiskalt den Rücken hinunter. Im gleichen Moment sah sie die Abwehr in Dans Gesicht. Vermutlich hielt er des Professors Theorie für absurd. Die alten Zweifel erwachten von neuem in ihr. Doch diesmal war sie eher geneigt, dem Professor beizustimmen. Seine Theorie schenkte ihr wenigstens die Spur einer Hoffnung. Peggy saß im Rosenzimmer in einem Sessel vor dem Kamin. Der gelbliche Schein der Petroleumlampe, die auf der Ecke des Tisches stand, strengte die Augen an und machte müde. Einmal flackerte die Flamme hell auf, dann wieder schien sie fast zu erlöschen. Es war ein Spiel, das Peggy zwang, immer wieder hinzublicken. Als ob sie sich davon ablenken wollte, starrte sie manchmal minutenlang zu dem schmalen Fenster. Der Nebel, der den ganzen Tag das Schloß umhüllt hatte, war verschwunden; der Mond überschwemmte den Himmel mit fahlem Licht.
    Jesse hatte brav Dans Schlaftabletten geschluckt und atmete schon geraume Zeit tief und regelmäßig, ein leises rhythmisches Geräusch, das die grenzenlose Stille von Bally Moran nur noch unterstrich. Von den Männern, die in den anderen beiden Schlafzimmern übernachteten, war nichts zu hören, und Peggy fragte sich, ob auch sie bereits schliefen. Nur sie schien in dem gespenstischen Schloß zu wachen. Morgen wollte der Professor nach einem Weg suchen, um den Rachedurst von Catherine St. More zu befriedigen – wenn es überhaupt diese Frau war, die das Schloß heimsuchte. Wenn er einen Weg fand, war es vielleicht das letzte Mal, daß sie über Jesses Schlaf wachen mußte. Der Gedanke gab ihrer Hoffnung neue Kraft, und sie bedurfte ihrer so dringend. Denn daß es für die unheimlichen Erscheinungen keine logische Erklärung geben konnte, hatte selbst Dan, wenn auch widerwillig, zugeben müssen.
    Nach dem Abendbrot, als sie sich entschlossen hatten, ins Bett zu gehen, hatte jeder beobachten können, mit welchem Maß an Selbstbeherrschung Jesse den Weg von der Küche zum Schlafzimmer zurücklegte. Die Schultern vor Anspannung gekrümmt, war sie durch die Halle gehastet und die Treppe fast hinaufgerannt. Und Peggy hatte sich vorgenommen, nicht eher ins Bett zu gehen, als bis Jesse fest schliefe.
    Und nun war es soweit. Jesse würde vermutlich nicht vor morgen früh aufwachen, das Mittel hatte seine Wirkung getan. Peggy seufzte erleichtert auf, sie war todmüde, und sie konnte es kaum erwarten, sich endlich neben Jesse auszustrecken, um Bally Moran, Catherine und all ihre Ängste im Schlaf zu vergessen. Da sie die Männer in den Nebenzimmern wußte, würde das matt hereinschimmernde Mondlicht als Beleuchtung für die Nacht genügen. Sie drehte die Flamme aus und schlüpfte unter die Decke.
    Das Geräusch schien Teil eines Traumes, quälte sie, doch sie wollte nicht aufwachen. Das Geräusch wurde lauter, und jetzt erkannte sie, daß es Jesse war, die unter dem würgenden Griff

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