Die Todesgruft von Bally Moran
der Kälte stöhnte. Peggy fuhr mit einem Ruck hoch. Um sie herum war es finster, Wolken verdeckten den Mond. Doch dann fiel Licht aus des Professors Zimmer durch die angelehnte Tür. Sie hörte die Stimmen der Männer und gleich darauf trat Dan mit Jesse auf den Armen ein. Die Lampe, die ihm der Professor hinterhertrug, warf seinen Schatten lang und schwarz auf den Boden.
»Sie kam wieder plötzlich in das Zimmer«, erklärte Dan, der sich ein Bett in das leere Zimmer gestellt hatte, und legte Jesse aufs Bett. »Wo ist der Whisky? Sie ist halb erfroren, als ob sie im Schnee gelegen hätte.«
Die Flasche war nirgends zu sehen. »Sie muß in der Küche sein. Ich werde sie holen.«
Während sie sprachen, hatte der Professor mehrere Lampen angezündet. Peggy schnappte sich eine davon und rannte hinaus. Auf der Galerie flackerte die Flamme plötzlich, und Peggy fürchtete, sie würde ausgehen. Aber dann beruhigte sie sich wieder und brannte gleichmäßig. Als sie die ersten Stufen der Wendeltreppe hinuntereilte, hörte sie, daß der Professor ihr folgte. Sie warf kurz einen Blick zurück und bemerkte, daß auch er sekundenlang stockte, weil das Licht zu flackern begann.
Gott sei Dank hatten sie auf dem Betpult eine brennende Lampe stehenlassen. Das spärliche Licht milderte wenigstens ein bißchen die schreckliche Finsternis, die ihr aus den offenen Türen der Küche und des Wohnzimmers entgegengähnte. Peggy fand die Flasche auf dem Küchenregal und eilte so schnell sie konnte zurück. In der Halle stand der Professor mit hocherhobener Lampe und sah sich nach allen Seiten um, als suche er nach etwas. Peggy beachtete ihn kaum.
»Spüren Sie es?« rief er ihr zu, als sie an ihm vorbeilief. Aber sie nahm sich nicht die Zeit zu fragen, was er damit meinte. Sie wollte schnell zu Jesse zurück und sehnte sich nach dem warmen Schlafrock. Die Nachtkälte drang empfindlich durch den dünnen Schlafanzug; sie fror entsetzlich.
Jesse lag zusammengekrümmt und zähneklappernd im Bett, die Augen halbgeöffnet, aber Peggy konnte nicht erkennen, ob sie bei Bewußtsein war. Dan zwängte ihr den Flaschenhals zwischen die Lippen und seufzte erleichtert auf, als sie endlich schluckte.
»Dan.« Peggy packte ihn angstvoll am Arm. «Meinst du, das ist diese Catherine? Aber wie schafft sie es, daß Jesse trotz der Tabletten aufsteht?«
»Ich hätte nie geglaubt, daß das mit diesen Tabletten möglich wäre. Die hauen sonst den Stärksten um.« Dan schien selbst so überrascht, daß Peggy das Herz noch mehr in die Hosentasche sank.
»Aber du kannst doch jetzt etwas für sie tun, nicht?« Er gab keine Antwort, den Jesse öffnete die Augen und forderte seine ganze Aufmerksamkeit.
»Es ist so kalt«, stieß sie schnatternd hervor, obwohl nur ihr Kopf unter den aufgetürmten Zudecken zu sehen war.
Peggy fiel ein, daß auch sie fror, und griff nach dem Schlafrock, der über einer Stuhllehne hing. Der Professor tauchte in der Tür auf. »Spüren Sie es auch?« fragte er. »Es ist unverhältnismäßig kalt im Schloß. Sogar hier!« Er blickte sich unruhig in dem sonst so gemütlichen Zimmer um. »Bis hierher ist die Kälte noch nie vorgedrungen. Sie ist eisig, nicht wahr?«
»Es ist eben eine kalte Nacht«, erwiderte Dan barsch. »Wir können ja das elektrische Heizgerät einschalten.«
»Das wird nicht viel nützen, wir haben keinen Strom. Abgesehen davon will ich Ihnen etwas zeigen.« Er ging mit ernstem Gesicht zum Fenster und öffnete es. »Kommen Sie. Es geht nicht der geringste Wind. Und halten Sie mal die Hand raus. Die Luft ist angenehm warm.«
»Er hat recht! Er hat recht, Dan!« Peggy schrie es entsetzt heraus, und sie spürte das Grauen, das überall auf sie lauerte und immer näher kam. »Jesse muß hier weg. Wir alle müssen fort, bevor es noch schlimmer wird.« Ihre Stimme wurde schrill. »Dan, nimm sie! Trag sie hinaus, bitte!«
Aber Dan konnte sich nicht entschließen. »Sie war hier doch immer sicher. Das habt ihr beide gesagt. Wenn ich sie raustrage ... ich weiß nicht, ob sie noch einen Schock wie diesen übersteht.«
»Dann muß ich sie eben tragen.« Peggy zog die Decken zurück und versuchte Jesse vom Bett zu zerren. »Professor, helfen Sie mir!«
Aber Dan stieß sie zur Seite. »Na schön«, gab er mit ausdrucksloser Stimme nach, wickelte Jesse in eine der Decken und hob sie ohne Mühe hoch. Der Professor nahm eine Lampe und ging ihnen in die Galerie voraus, um ihnen zu leuchten. Peggy lief neben Dan her und
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