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Die Todespfeiler

Die Todespfeiler

Titel: Die Todespfeiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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sind wir fort.«
    Geschickt balancierte der Stürmer über die schmale Planke und sprang an Land. Er hob beschwörend beide Arme mit Wurfnetz und Schlinge.
    »Und wir bekommen euch doch! Alle!«
    »Eine deutliche Drohung«, brummte Odam und machte eine Bewegung mit seiner stumpfen Waffe.
    »Immerhin«, meinte Necron, »hat Kermon sich Gedanken gemacht. Sonst wäre er nicht mitten in der verrückten Jagd zu uns gekommen, um uns unser Schicksal zu nennen. Vielleicht ändert er seine Meinung noch.«
    »Schwerlich.«
    Als diese Stunden des Wahnsinns vorüber waren, entdeckten die Loggharder, daß zu den Opfern des Irrsinns auch Exyll und zwei seiner Wahnhaller gehörten. Sie sahen ihn erst, als die Opferboote am Bug der Guinhan vorbeigeschleppt und der Brandung überantwortet wurden.
    An diese Szene erinnerte sich Necron, während er hölzerne Nägel in die Planken hämmerte und fühlte, wie der Schweiß über seine Schultern lief. Jede Gefahr war mutig abgewehrt worden, aber die Schwierigkeiten wurden nicht geringer.
    Kleine Gruppen der Loggharder drangen vorsichtig in die Stadt vor, um Nahrungsmittel und Holz zu kaufen und Handwerker zu finden.
    Schon nach den ersten Häusern entdeckten sie Stollen und Höhleneingänge, durch dicke Tore verschlossen. Die Pforten waren ebenso alt und verwittert wie die Häuser, in deren lichtlosen Zwischenräumen Ratten im Abfall umherkletterten. Selbst am Fuß der Steinernen Ohren türmten sich dicke Schichten verfaulter Reste von irgend etwas, in denen giftgrüne Pflanzen wucherten.
    »Was bewahrt ihr in den Höhlen auf?« fragten sie die Orankonier.
    »Wir flüchten hinein! Viele Häuser haben geheime Gänge.«
    »Und dort hört ihr die Schreie des Wahnsinns nicht?«
    »Sie dringen auch durch den Fels, aber sie sind schwächer.«
    »Und die Trichter?«
    »Die steinernen Ohren vernichten dort, wo sie stehen, das Heulen der Todespfeiler.«
    »Aber immer wieder fangen die Stürmer eure Angehörigen!«
    »Das ist, weil der Wahnsinn plötzlich kommt. Sie können sich nicht mehr schnell genug retten.«
    In den Räumen der verfallenen Häuser breitete sich ein gedrücktes Leben aus. Hier wohnten die Wahnhaller, hier arbeiteten sie. Offensichtlich wurden viele Arbeiten angefangen und niemals beendet, weil die nächste Periode des Wahnsinns die Gedanken verwirrte. Bauern, die am Rand der Stadt und jenseits der Hügel wohnten, brachten Nahrungsmittel nach Orankon. Die Mannschaften, die ihre Tauschgeschäfte und Einkäufe erledigt hatten, kamen mit grauen Gesichtern wieder an Bord zurück und schüttelten sich, wenn sie von ihren Erlebnissen berichteten.
    Immer wurden sie von den Lauschern beobachtet. Der Steuermann sagte eines Tages zu Necron:
    »Es ist gespenstisch. Vielleicht glauben die Stürmer, daß sie für Recht und Ordnung sorgen. Aber nicht die Lauscher. Kezarims Männer sind böse. Sie schikanieren die Bevölkerung. Es sind Schmarotzer!«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, beschied ihm Necron. »In wenigen Tagen rudern wir dort hinaus.«
    »Wenn nichts Unerwartetes geschieht.«
    Siebenmal hatte der Wahnsinn nach dieser ersten, schauerlichen Nacht das Land in weitem Umkreis zu einer Zone des Unglücks gemacht. Den Männern aus Logghard, die ihre Ausnahmestellung wohl kannten, waren nur die einsame Bucht und Stadt und Hafen Orankon bekannt. Sie sprachen darüber: Wie sah es an anderen Stellen von Wahnhall aus? Gab es andere Inseln, die von keiner der unzuverlässigen Karten gezeigt wurden, nahe der Todespfeiler, auf denen der immerwährende Wahnsinn noch andere Schrecken bereithielt? Sieben Männer hatte man verloren; zwei Kameraden waren darunter, die von Logghard mitgerudert und gesegelt waren. Diese Fremden, die unverdrossen arbeiteten und sich vom Irrsinn und all seinen Erscheinungen nicht einschüchtern ließen, riefen das Mißfallen der Lauscher hervor. Sie waren keine leichten Opfer! Sie wehrten sich. Sie paßten sich nicht ein in die Regeln, die Skalef aufgestellt hatte, unter denen die Stadt und der Hafen litten. Sie waren stark, mutig und nichts anderes als flüchtige Besucher. Deswegen schien sich der Haß Kezarims auf sie zu richten wie ein Lichtstrahl, der durch eine Glaskugel gebündelt wurde.
    Ein Teil der Mannschaft und einige Handwerker Orankons, denen man ebenfalls Wachskügelchen um den Hals gehängt hatte, arbeiteten weiter am Schiff, bis auch die letzten Taue durch die Löcher gezogen waren.
    Die andere Hälfte bereitete die Guinhan auf die Abfahrt vor.
*
    Necron

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