Die Todespfeiler
brummte Casson. »Bei den ewigen Wellen. Ich weiß es selbst nicht.«
Er hob den Becher. Sie taten es ihm gleich und nahmen einen Schluck des kühlen, stark gewürzten Weines.
»Du hast mein Versprechen, Shallad!« sagte Gamhed mit fester Stimme. Seine Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
»Und Logghard hat meine Versicherung, daß ich alles, was geschehen wird, so schnell und gründlich tue, wie es mir möglich ist. Dreihundert Schiffe und die besten Seeleute und Krieger haben wir!«
Sie leerten die Becher.
Die Erregung Gamheds hatte abgenommen. Wenn er kühl und ruhig überlegte, dann war es richtig, was Shallad Luxon getan hatte. In einer derart ernsten Bedrohung mußte jemand die Befehle geben und die Entscheidungen treffen können, der dazu die Macht hatte. Boten zwischen der Flotte und dem Palast in Logghard gab es keine; jedenfalls keine sichere Verbindung. Luxon wollte dorthin, woher der Zaketer Quaron gekommen war. Die Neue Flamme befand sich irgendwo, in einer Zone, die nicht einmal die Magier kannten. Logghard selbst war wohl – hoffentlich – auf absehbare Zeit nicht bedroht, nicht durch Rebellion oder Belagerung. Nur die ständig wachsende Unruhe, die der Unsicherheit über den Zustand des siebenten Lichtpunkts entsprang, machte dem Kriegsherren Sorge. Er schwor sich, mit seinen Truppen unerbittlich für Ruhe zu sorgen, damit Handel und Reichtum zunahmen und jedermann bekam, was er verdiente. Logghard hatte wahrlich ein gnädiges Schicksal verdient. Solange er lebte, würde er dafür sorgen. Es hatte schon weitaus schlimmere Zeiten der Verzweiflung gegeben.
Hart und entschlossen stellte Gamhed den Becher auf den Tisch zurück und erklärte mit fester Stimme:
»Du hast mir keine andere Wahl gelassen, Shallad Luxon, aber wir werden dein Reich verwalten, so gut wir es können. Trotzdem wäre es mir lieber, du wärest in Logghard geblieben.«
»Du wolltest nicht, daß ich Casson den Befehl über die Flotte gebe«, antwortete Luxon lachend. »Nun. Ich habe ihn selbst übernommen. Geh zurück in die Stadt und finde heraus, welche Aufgaben auf dich warten.«
Sie schüttelten sich die Hände und schlugen sich kameradschaftlich auf die Schultern. Hrobon brummte versöhnlich:
»Ich werde schon auf ihn aufpassen, Gamhed. Bisher hast du dich immer auf mich verlassen können!«
»Tue dein Bestes, Mann aus Heymal!« forderte Gamhed.
Sie gingen schweigend zurück und begleiteten den Silbernen zurück zu seinem Pferd. Im Hafen – jetzt erst sah er es bewußt! – hatte sich eine riesige Menschenmenge eingefunden, die den Schiffen nachsah und ihnen zuwinkte. Während schon ein großer Teil der Flotte vor dem Hafen kreuzte und die Bucht ohne Wiederkehr auszufüllen schien, verließ ein Schiff nach dem anderen das Hafenbecken.
Die Riemen hoben und senkten sich im Takt. Segel wurden aufgezogen, Taue und Holz knarrten, Stimmen riefen scharfe Befehle. Gamhed stellte einen Fuß in den Steigbügel und sah zu, wie fast als letztes Schiff die prächtige Rhiad ablegte und majestätisch durch das Hafenwasser gerudert wurde.
Der Jubel der Volksmenge klang keineswegs begeistert, obwohl er laut und echt war. Sie alle wünschten der Rhiad und der Flotte jeden nur vorstellbaren Erfolg. Sie ahnten, daß ein guter Teil des Schicksals von Logghard von diesem Unternehmen abhing. Und deswegen mischten sich in den Jubel viele Stimmen, die voller Nachdenklichkeit waren, voll von bösen Vorahnungen, und voll von Erinnerungen an Jahre, die mit Tod, Verwundung, Not und Kämpfen einhergegangen waren.
Schweigend ritt Gamhed zurück in sein Quartier im Palast.
*
Siebenmal hatten unbekannte Kräfte die Felsenpfeiler in der reißenden Strömung bewegt. Siebenmal hatten Skyll und Exinn ihre schauerlichen Schreie und das Heulen, das sich anhörte, als ob ein gigantisches Tier in außerordentlichen Qualen schrie, weit über das Meer und über Wahnhall hinweg ausgeschickt. Siebenmal war der Wahnsinn über Orankon gekommen.
Einmal lagen zwei ganze Tage zwischen den Perioden, in denen die Stadt und der Hafen in Aufruhr gerieten. Dann waren es nur wenige Stunden, die das Leben in Orankon vollständig veränderten. Wahnsinn löste Ruhe ab, und die Ruhe endete in einer neuen Periode des Irrsinns in all seinen Erscheinungsformen.
An den Tagen, die düster waren wie alles in dieser Zone, und in den pechfinstren Nächten trieben die Stürmer und die Lauscher ihr Unwesen.
Und nur an einer einzigen Stelle Orankons schien es mehr
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