Die Toechter der Familie Faraday
Maggie. »Ich dachte, du wolltest …«
»Gabriel können wir vertrauen«, sagte Leo.
Leo öffnete den Umschlag, sobald sie außer Sichtweite waren. Maggie hielt den Atem an, als Leo vorsichtig eine Aktenmappe herauszog und auf eine Mauer legte, damit sie alle gut sehen konnten. Es war ein sehr geschäftsmäßiger Bericht. Name, Alter, Personenbeschreibung. Firmenbroschüren. Adresse und Fotografie des Hauses in Phibsboro, einem Vorort von Dublin. Ein weiteres Foto. Die Frau mit Mann und Tochter.
Leo nahm es aus der Mappe. Seine Hände zitterten. Er sah es lange an. »Sie ist verheiratet und hat eine Tochter.« Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Er las den Bericht ein zweites Mal. »Eine achtzehnjährige Tochter. Meine zweite Enkelin. Deine Cousine, Maggie.«
Maggie nahm das Bild in die Hand und sah es atemlos an. Es war ein Schnappschuss. Eine Frau, lächelnd und entspannt in der Sonne. Ein Mann, mit rundem Gesicht, ebenfalls lächelnd. Eine braunhaarige junge Frau. Eine glückliche Familie.
»Ist sie das, Tollpatsch?«, fragte Maggie. »Ist das Sadie?«
Er nahm das Foto und betrachtete es aufmerksam und andächtig. »Das ist sie. Das muss sie sein.« Er war sehr aufgeregt. »Sie lebt gewissermaßen gleich um die Ecke, Maggie. Das muss Schicksal sein, dass sie auch in Irland gelandet ist. Bist du mit den Tagebüchern fertig? Weißt du genug? Wir müssen uns beeilen, wenn wir Sadie herholen wollen. Noch sind alle da. Das ist jetzt die Gelegenheit. Eliza spricht schon davon, ihren Flug umzubuchen und früher nach Hause zu fahren.«
»Ich lese, so schnell ich kann. Ehrlich.« Was stimmte. Sie wollte es hinter sich bringen. »Ich habe noch vier Bücher vor mir.«
»Und immer noch nichts? Hast du noch immer nicht gefunden, was Sadie so aus der Fassung gebracht haben könnte?«
Maggie zögerte, dann schüttelte sie den Kopf. Sie wollte erst alle neun Bücher lesen, bevor sie mit Leo sprach.
Er sah wieder auf das Foto. »Ich mache mir Sorgen, Maggie. Ich habe das nicht richtig durchdacht. Was, wenn es Sadie ist, sie mich aber nicht sehen will und mir die Tür vor der Nase zuschlägt? Das ist nicht unwahrscheinlich. In all den Jahren, in denen ich ihr geschrieben habe, hat sie niemals zurückgeschrieben.«
»Mir hat sie immer geschrieben«, sagte Maggie. Sie hoffte, dass er sie nicht in die Falle gelockt hatte, dass es nicht das war, was er die ganze Zeit beabsichtigt hatte. Aber selbst wenn, sie machte das Angebot. »Ich könnte doch zu ihr fahren.«
Sein Erstaunen war nicht gespielt. »Was? Du willst selbst nach Dublin fahren?«
»Ich könnte ja mitkommen«, sagte Gabriel. »Wenn die anderen nichts erfahren sollen, ist das sogar noch besser. Wir könnten heute Nachmittag aufbrechen, sagen, dass Maggie und ich ein wenig die Umgebung erkunden wollen, und morgen zurückkommen.«
»Das ist zu früh«, sagte Maggie. »Ich muss die Tagebücher erst lesen.«
»Ich könnte fahren, und du liest.«
»Und wenn wir alle drei fahren?«, schlug Leo vor.
»Du kannst nicht mit«, sagte Maggie. »Da alle so weit gereist sind, um dich zu sehen.«
»Sie sind deinetwegen gekommen, nicht meinetwegen.«
»Mich haben sie ja jetzt gesehen. Gabriel hat recht. Wir könnten morgen schon wieder hier sein. Ihr könnt heute Morgen noch ein wenig filmen, und heute Nachmittag fahren wir los.«
»Was aber, wenn es nicht Sadie ist? Wenn sich der Privatdetektiv getäuscht hat?«, fragte Leo ängstlich.
Maggie hatte ihren Großvater noch nie so erschüttert gesehen. Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Das werden wir herausfinden, Tollpatsch. Aber wenn sie es ist und mitkommen kann, dann holen wir sie.«
40
Maggie und Gabriel brachen noch vor elf Uhr auf. Als sie von ihrem Spaziergang mit Leo zurückgekommen waren, waren sie bereits von einer Delegation von Faraday-Frauen erwartet worden. Der Tag verhieß, schön zu werden, der wärmste des Sommers. Zu schön, um im Haus zu bleiben und zu filmen, hatte Miranda für alle entschieden. Sie wollten den Tag am Strand verbringen und dort picknicken.
»In dem Fall können Maggie und ich ja früher als geplant aufbrechen«, sagte Gabriel locker.
Sie brauchten weniger als eine halbe Stunde, um sich fertig zu machen. Alle versammelten sich vor dem Haus und winkten ihnen zum Abschied zu. Maggie und Gabriel versprachen, am nächsten Tag zurückzukommen.
»Viel Glück«, sagte Leo leise und umarmte Maggie.
»Danke, Gabriel«, sagte Maggie, als sie durch den Ort kamen und an der
Weitere Kostenlose Bücher