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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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oder weniger wie eigene Kinder erzogen hatte, schon seit sie ein halbes Jahr alt waren. Jetzt würden sich die Dinge jedenfalls ändern, jetzt, wo sie in den Ort zogen. Agnes schaute von ihrem Platz oben auf der Umzugsfuhre zufrieden zurück. Sie hoffte, daß sie diese elende Baracke nie mehr wiederzusehen brauchte. Endlich würde sie dem Leben, das sie verdiente, einen Schritt näherkommen, zumindest unter vernünftigen Leuten wohnen und ein bißchen Leben und Treiben um sich haben. Das Haus, in dem sie sich einmieteten, war an und für sich nichts, was einen besonders erfreuen konnte, auch wenn die Räume sauberer und heller waren und sogar ein paar Quadratmeter größer als die Zimmer in der Baracke, aber es lag zumindest im zentralen Fjällbacka. Sie konnte von der Vortreppe hinuntertreten, ohne bis zu den Knöcheln im Lehm zu versinken, und sie konnte Bekanntschaften schließen, die bedeutend stimulierender waren als die dieser einfältigen Steinmetzfrauen, die nichts anderes taten, als im Kindbett zu liegen. Endlich hätte sie die Chance, Menschen mit weiterem Horizont kennenzulernen. Inwieweit sie selbst eine interessante Bekanntschaft für diese Leute war, da sie doch schließlich der von ihr verachteten Schar der Steinmetzfrauen angehörte, blendete Agnes aus, oder vielleicht kam ihr nicht einmal der Gedanke, daß diese Leute nicht sehen würden, daß sie anders war.
    »Johan, Karl, beruhigt euch jetzt. Sitzt still auf dem Wagen, ihr fallt sonst runter«, mahnte Anders, halb zu den Jungen umgewandt.
    Wie üblich fand sie, daß er sie viel zu lasch anfaßte. Wenn es nach ihr ginge, müßte er sie mit bedeutend lauterer Stimme anfahren und der Schelte Ohrfeigen folgen lassen. Aber was das anging, war er unerbittlich. Keiner durfte die Hand gegen seine Jungen erheben. Einmal hatte er sie ertappt, als sie Johan eins hinter die Ohren gab, und der Rüffel, den er ihr da erteilte, war eine Lektion fürs Leben. In allen anderen Fragen konnte sie Anders dazu bringen, das zu tun, was sie wollte, aber wenn es um Karl und Johan ging, hatte er das letzte Wort. Sogar die Namen hatte er ausgesucht. Taugten die Namen für Könige, taugten sie auch für seine Söhne, hatte er gesagt. Agnes schnaubte nur verächtlich. Es kümmerte sie nicht die Spur, wie die Gören hießen, also wenn er bestimmen wollte, dann bitte.
    Vor allem würde es schön werden, diese übereifrige Jansson los zu sein. Sicher war es bequem gewesen, daß sie sich um die Kinder gekümmert hatte, warum auch immer sie das freiwillig getan hatte, aber zugleich waren Agnes ihre vorwurfsvollen Blicke auf die Nerven gegangen. Als ob sie ein schlechterer Mensch wäre, nur weil sie es nicht als ihre Lebensaufgabe betrachtete, den Kindern den Dreck vom Hintern zu wischen.
    Sie konnten nicht direkt beim Haus vorfahren, das an einem der schmalen Hänge lag, die aufs Meer hinuntergingen, also mußten sie ihre wenigen Habseligkeiten das letzte Stück tragen. Anders würde ein paar Runden zusätzlich machen müssen, um ihre klapprigen Möbel zu holen, aber Agnes begrüßte den Mann, dem das Gebäude gehörte und der somit ihr Hauswirt war, und betrat dann ihr neues Heim. Sie hätte nie geglaubt, daß zwei kleine Zimmer in einem Häuschen für sie einen Schritt aufwärts im Leben bedeuten könnten, aber im Vergleich zu der dunklen Baracke nahm sich die neue Wohnung wie ein Schloß aus.
    Sie rauschte mit ihren Röcken über die Schwelle und stellte zufrieden fest, daß der vorige Mieter alles sauber und ordentlich hinterlassen hatte. Sie verabscheute Schmutz um sich herum. Aber in dem kleinen Barackenzimmer schien es nicht groß Sinn gehabt zu haben, sich um Sauberkeit zu bemühen, und außerdem war sie nicht sonderlich gewillt gewesen, selbst fürs Putzen zu sorgen. Aber konnte sie sich nun ein paar hübsche Gardinen und einen Teppich von dem Geizkragen Anders erbetteln, dann würde es hier drinnen zumindest akzeptabel aussehen.
    Die Jungen sausten an ihren Beinen vorbei und begannen, einander jagend, wie verrückt durch das leere Zimmer zu toben. Agnes fühlte, wie sie zu kochen begann, als der Lehm, den sie mit ihren Schuhen hereinbrachten, sich über den sauberen Fußboden verteilte.
    »Karl! Johan!« blaffte sie, und die Jungen erstarrten vor Schreck. Sie ballte die Hände neben dem Körper, um zu verhindern, daß sie schallende Ohrfeigen austeilte, und zwang sich, die Bengels nur fest beim Arm zu packen und vor die Tür zu schleppen. Allerdings gestattete sie sich,

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