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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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näher als ihre Mutter und sie sich je gestanden hatten, und manchmal war es ihr so vorgekommen, als wären ihre Seelen einander völlig gleich. Er hatte sie immer zum Lachen gebracht. Ihre Mutter lachte selten, und ihr fiel keine einzige Gelegenheit ein, bei der sie es gemeinsam getan hätten. Der Vater war der Diplomat der Familie. Er hatte immer vermittelt und zu erklären versucht; zu erklären, warum Lilian ständig auf ihr herumbackte, warum nichts, was Charlotte tat, gut genug war. Warum sie die Erwartungen ihrer Mutter nie zufriedenstellte. Ihren Vater hingegen hatte sie nie enttäuscht. In seinen Augen war sie perfekt gewesen, das wußte sie.
    Es war ein Schock, als er krank wurde. Es war so langsam, so allmählich gegangen, daß es eine gute Weile gedauert hatte, bevor sie überhaupt bemerkten, was geschah. Manchmal fragte sich Charlotte, ob sie seinen Tod hätte verhindern können, wenn sie aufmerksamer gewesen wäre, wenn sie die Zeichen früher entdeckt hätte. Aber sie wohnte mit Niclas in Uddevalla, erwartete Sara und war so beschäftigt mit ihrem eigenen Leben. Als sie dann bemerkte, daß er sich nicht gut fühlte, hatte sie ausnahmsweise mal gemeinsame Sache mit Lilian gemacht und ihm so lange zugesetzt, bis er sich hatte untersuchen lassen. Aber es war zu spät gewesen. Danach ging alles furchtbar schnell. Nur einen Monat später war er tot. Die Ärzte sagten, er habe an einer seltenen Krankheit gelitten, die seine Nerven angegriffen habe, wodurch sein Körper allmählich zerstört worden war. Sie hatten gesagt, es hätte nichts genützt, wenn er früher gekommen wäre. Aber ihr schlechtes Gewissen quälte sie trotzdem.
    Sie fragte sich, ob sie eine lebendigere Erinnerung an ihn hätte, wenn ihr mehr Raum zum Trauern geblieben wäre. Aber Lilian hatte den ganzen Raum für sich beansprucht. Hatte alles Recht auf Trauer mit Beschlag belegt und gefordert, daß ihre Trauerarbeit vor der aller anderen zu kommen habe. Ein nicht abreißender Strom von Menschen war in den Wochen, nachdem Lennart gestorben war, durch die Wohnung der Eltern gezogen, und für diese Leute hätte Charlotte ebensogut ein Teil der Einrichtung sein können. Alle Kondolenzen, alle Beileidsworte gingen an Lilian, die wie eine Königin Audienz gewährte. In diesen Augenblicken hatte sie ihre Mutter gehaßt. Die Ironie war, daß sie, kurz bevor sie den Bescheid von Lennarts Krankheit bekamen, geglaubt hatte, ihr Vater stehe im Begriff, Lilian zu verlassen. Zank und Streit waren eskaliert, und die Trennung schien unausweichlich. Aber dann wurde Lennart krank, und sie mußte zugeben, daß ihre Mutter in dem Moment allen alten Groll beiseite räumte und sich mit ganzer Seele ihrem Mann widmete. Nur unmittelbar danach hatte Charlotte diesen bitteren Geschmack im Mund verspürt, aufgrund des offenbar grenzenlosen Bedürfnisses der Mutter, im Zentrum zu stehen.
    Aber die Jahre vergingen, und sie begrub die Bitterkeit. Das Leben forderte zu viel anderes von ihr, als daß sie die Kraft hätte aufwenden wollen, sie weiter lebendig zu halten. Auch war ihr keine Zeit geblieben, an den Vater zu denken. Jetzt war das anders. Das Leben hatte sie eingeholt, sie überfahren und lädiert am Straßenrand zurückgelassen. Jetzt hatte sie alle Zeit der Welt, an den zu denken, der jetzt hier sein sollte. Der gewußt hätte, was er sagen sollte, der ihr übers Haar gestrichen und gesagt hätte, alles würde gut werden. Lilian kümmerte sich wie üblich viel zuviel um ihre eigenen Dinge, als daß sie sich Zeit nehmen konnte, ihr zuzuhören, und Niclas, ja, der war eben Niclas. Ihre kurzzeitige Hoffnung, sie könnten sich in der Trauer näherkommen, war erloschen. Es war, als hätte er sich in einem Kokon eingeschlossen. Zwar hatte er sie nie in sein Innerstes eingelassen, aber jetzt glich er einer Schattengestalt, die sich geduckt in ihr Leben und wieder hinaus schlich. Er bettete jeden Abend seinen Kopf auf das Kissen neben ihr, aber da lagen sie dann beide Seite an Seite, sorgsam darauf bedacht, sich bloß nicht zu berühren. Voller Angst, daß ein plötzlicher, unerwarteter Hautkontakt Wunden aufreißen könnte, die unangerührt bleiben sollten. Sie hatten so viel gemeinsam durchgestanden. Wider alle Erwartungen waren sie zumindest äußerlich eine Einheit geblieben, aber jetzt fragte sie sich, ob sie nicht am Ende des Weges angelangt waren.
    Schritte auf der Treppe weckten sie aus den bedrückenden Gedanken. Sie schaute auf und sah Niclas. Ein Blick auf

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