Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
Vom Netzwerk:
ankommen und Agnes erklären, wie sie ihre Kinder zu erziehen habe. Das Weib hatte ein beleidigtes Gesicht aufgesetzt und war wieder losgetrottet, indem sie irgendwas über »die armen Jungen« murmelte, aber sie hatte es nicht gewagt, hier noch einmal anzuklopfen.
    Agnes lehnte sich in der Frühlingssonne zurück, schärfte sich jedoch ein, die so schön wärmenden Sonnenstrahlen nicht zu lange zu genießen. Sie wollte nicht braun werden, sondern die weiße Haut behalten, die das Kennzeichen einer Frau von höherem Stand war. Das einzige, was sie von ihrem früheren Leben zurückbehalten hatte, war ihr Aussehen, und das nutzte sie im höchsten Grade aus, um ihr sonst so trauriges Dasein ein wenig zu vergolden. Es war erstaunlich, wieviel man sich vom Kaufmann beschaffen konnte, indem man sich zu einer kurzen Liebkosung oder mehr hergab, wenn im Austausch dafür nur genug geboten wurde. Auf diese Weise hatte sie Süßigkeiten und zusätzliches Essen heimbringen können, von dem die Familie kein Quentchen abbekam, obendrein auch ein Stück Stoff, das sie vor Anders sorgfältig versteckt hielt, und bis auf weiteres mußte sie sich damit begnügen, es hin und wieder zu betasten und über die Wange zuführen, um dessen seidenweiche Struktur zu fühlen. Der Schlächter war auch mit Andeutungen gekommen, aber es gab Grenzen, was ein paar zusätzliche, besonders feine Fleischstücke wert waren. Während der Kaufmann ein relativ junger Mann mit angenehmem Äußeren war, ganz und gar nicht übel, um mit ihm im Lager ein paar Küsse zu tauschen, war der Schlächter ein fetter, schmieriger Kerl um die Sechzig, und Agnes würde bedeutend mehr als ein Stück Rinderfilet fordern, damit seine Wurstfinger mit dem eingetrockneten Blut unter den Nägeln ihr unter den Rock greifen dürften.
    Daß die Leute hinter ihrem Rücken redeten, wußte sie. Aber nachdem sie eingesehen hatte, daß sie ihren früheren Status nie wiedererlangen würde, kümmerte es sie wenig. Sollten sie doch reden. Wenn es um die Sonnenseiten des Lebens ging, ließ sie sich von den Ansichten eines engstirnigen Arbeiterhaufens nicht hindern. Und wenn es Anders obendrein noch quälte, immer mal wieder zu hören, was die Leute über seine Frau erzählten, so war das nur von Vorteil. In Agnes’ Augen war es seine Schuld, daß sie in dieser Bredouille steckte, und wenn sie ihm in irgendeiner Form Schmerz zufügen konnte, so freute sie das nur.
    Aber in den letzten Wochen gab es etwas, das sie beunruhigte. Es war, als sei etwas im Anzug, von dem sie ausgeschlossen blieb. Sie hatte Anders häufig dabei ertappt, wie er nachdenklich in die Luft starrte, so als überlegte er etwas Wichtiges. Bei einer Gelegenheit hatte sie ihn sogar gefragt, ob es etwas Besonderes sei, über das er nachdenke, aber er hatte es nur verneint, jedoch nicht sehr überzeugend geklungen. Er hatte etwas vor, da war sie sich sicher. Etwas, das mit ihr zu tun hatte, aber das sie aus irgendeinem Grund noch nicht erfahren sollte. Das brachte sie zur Weißglut, doch kannte sie ihren Mann inzwischen gut genug, um zu wissen, daß es keinen Sinn hatte, in ihn zu dringen. Er konnte störrisch sein wie ein Esel.
    Nachdenklich nahm sie die Zigarettenschachtel und stand auf, um ins Haus zu gehen. Sie fragte sich träge, wohin die Jungen wohl gerannt waren, zuckte dann aber die Schultern und dachte, daß sie schon zurechtkämen. Sie selbst beschloß, ein kleines Mittagsschläfchen zu halten.
     
    Der Nachmittag verging langsam. Patrik hatte viel zuviel Zeit damit verbracht, die Patientenakten von Albin wieder und wieder durchzugehen. Er fragte sich, ob er den richtigen Beschluß gefaßt hatte, das Jugendamt vorerst noch nicht einzuschalten. Aber etwas sagte ihm, daß er mehr wissen mußte, bevor er das tun konnte. Wenn die Mühlen der Bürokratie erst einmal zu mahlen anfingen, war es schwer, den Prozeß zu stoppen, und er wußte, daß sowohl Polizei als auch Ärzte zögerten, bevor sie den Verdacht der Kindesmißhandlung meldeten. Die Gefahr bestand immer, daß es eine natürliche Erklärung gab, aber keiner wäre bereit, dem Gehör zu schenken, wenn das Rad erst ins Rollen gebracht war. Außerdem hatte es keine neuen Zwischenfälle nach dem Umzug der Familie Klinga nach Fjällbacka gegeben. Vermutlich hatte sich die Situation stabilisiert. Aber er konnte schließlich nicht sicher sein, und wenn Albin erneut Schaden nahm, würde er wissen, daß die Verantwortung dafür bei ihm lag.
    Das Klingeln des Telefons

Weitere Kostenlose Bücher