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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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über die Felskante haltend. Dann stellte er ihn wieder auf den Boden und wich langsam zurück. Die Arme über der Brust gekreuzt, schaute er zum Horizont. Lange.
     
    Sobald er zur Tür hereinkam, stürzte sie sich auf ihn. »Was ist passiert? Aina hat angerufen und gesagt, daß die Polizei dich von der Arbeit geholt hat?« Ihre Stimme klang unruhig, nahezu panisch. »Ich habe Charlotte nichts erzählt«, fügte sie hinzu.
    Niclas wedelte abwehrend mit der Hand, aber so leicht ließ sich Lilian nicht verscheuchen. Sie folgte ihm dicht auf den Fersen, als er zur Küche ging, und bombardierte ihn mit Fragen. Er ignorierte sie und begab sich direkt zur Kaffeemaschine, um sich eine große Tasse einzugießen. Die Maschine war ausgeschaltet und der Kaffee kaum lauwarm, aber das spielte keine Rolle. Er brauchte Kaffee oder einen großen Whisky, und da war es bestimmt das beste, er hielt sich an die alkoholfreie Variante.
    Er nahm am Tisch Platz, und Lilian folgte seinem Beispiel, während sie ihn eingehend studierte. Was war der Polizei denn jetzt eingefallen? Wußten sie nicht, daß Niclas ein Mensch war, der Respekt verdiente, ein Arzt, ein erfolgreicher Mann? Wieder einmal erstaunte es sie, daß ihre Tochter ein solches Glück gehabt hatte, daß ihr ein solcher Fang gelungen war. Als die beiden sich kennenlernten, waren sie zwar noch Jungendliche gewesen, aber Lilian hatte sofort gesehen, daß Niclas ein Mann mit Zukunft war, und hatte das Ganze gefördert. Daß Niclas sich unter all den Mädchen, die ihm hinterherrannten, ausgerechnet Charlotte ausgesucht hatte, ja, das schrieb sie ihrem Glück zu. Zwar war ihre Tochter recht hübsch, wenn sie sich ins Zeug legte, aber schon in früher Jugend hatte sie ein paar Kilo zuviel drauf, und vor allem hatte sie keine Ambitionen. Dennoch war ihr das gelungen, was Lilian sich am allermeisten gewünscht hatte. Lilian hatte den Erfolg des Schwiegersohns wie einen Stern an der Brust getragen, aber jetzt geriet das alles in Gefahr. Ihr schauderte beim Gedanken an die Klatschweiber des Ortes, die sofort Gerüchte verbreiten würden, wenn herauskam, daß die Polizei Niclas zum Verhör geholt hatte. Völlig rotgeweint war er obendrein, also mußten sie ihn hart ins Gebet genommen haben.
    »Nun, was haben sie gewollt?«
    »Sie hatten nur ein paar Fragen«, sagte Niclas widerstrebend und trank den nun fast kalten Kaffee in großen Schlucken.
    »Was denn für Fragen?« Lilian gab nicht auf. Wenn sie in Zukunft Spießruten laufen mußte, sobald sie sich nach draußen begab, dann wollte sie zumindest wissen, worum es ging.
    Aber Niclas ignorierte sie. Er stand auf und stellte die leere Tasse in den Spüler. »Ist Charlotte unten?«
    »Sie ruht sich aus«, erwiderte Lilian und verbarg nicht ihre Aufgebrachtheit, weil man sie keiner Antwort würdigte.
    »Ich gehe runter und rede mit ihr.«
    »Worüber willst du denn mit ihr reden?« Lilian gab nicht nach.
    Aber jetzt hatte Niclas genug. »Das betrifft nur mich und Charlotte. Ich habe schon gesagt, daß es nichts Besonderes war. Ich gehe davon aus, daß ich mit meiner eigenen Frau reden kann, ohne daß man dich informieren muß. Erica hat wohl recht, es ist an der Zeit, daß Charlotte und ich uns etwas Eigenes besorgen.«
    Lilian zuckte zusammen. Niclas hatte sie stets respektvoll behandelt, und sie empfand jedes einzelne Wort wie eine Ohrfeige. Besonders nach allem, was sie für ihn getan hatte. Für ihn und Charlotte. Diese Ungerechtigkeit brachte sie auf, und sie suchte nach einer bissigen Antwort, aber ihr fiel nichts ein, bevor er schon die Treppe hinunter war.
    Sie setzte sich wieder an den Küchentisch. Die Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf. Wie konnte er so mit ihr sprechen? Wo sie doch immer nur ihr Bestes im Auge hatte. Sich ständig aufopferte und ihre eigenen Interessen hintansetzte. Sie waren wie Egel, sogen alle Kraft aus ihr. Lilian sah es jetzt ganz deutlich. Stig, Charlotte und nun sogar Niclas. Alle nutzten sie aus. Nahmen und nahmen aus ihrer ausgestreckten Hand, doch ohne etwas zurückzugeben.
    Charlotte saß da und dachte an ihren Vater. Es war merkwürdig, aber in den acht Jahren, die seit seinem Tod vergangen waren, hatte sie das immer seltener getan. Die Erinnerungen waren zu schwachen Augenblicksbildern mit undeutlicher Schärfe zusammengeschrumpft. Aber seit Sara gestorben war, erinnerte sie sich ebenso klar an ihn, als sei er erst gestern verschwunden.
    Sie hatten einander nahegestanden, Lennart und sie. Viel

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