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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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nachzudenken, denn du wirst nicht sterben.«
    »Woher weißt du das, Mama?« fragte Frida neugierig.
    »Ich weiß es einfach.« Veronika stand heftig vom Stuhl auf. Ihr Herz hatte sich so fest zusammengekrampft, daß sie kaum atmen konnte, als sie in den Flur hinausging. Ohne sich umzudrehen, damit die Tochter ihre Tränen nicht sah, rief sie mit einer Stimme, die unnötig barsch klang: »Zieh deine Sachen an. Wir fahren gleich hin und reden mit der Polizei.«
    Frida gehorchte. Aber als sie zum Auto hinausgingen, duckte sie sich unter dem schweren grauen Himmel. Sie hoffte, daß Mama recht hatte. Sie hoffte, daß Sara nicht böse wurde.
     
    Fjällbacka 1928
     
    Liebevoll kleidete er die Jungen an und kämmte ihnen das Haar. Es war Sonntag, und er wollte sie mit auf einen Spaziergang in die Sonne nehmen. Es war nicht leicht, ihnen die Kleider anzuziehen, weil sie vor Freude, daß sie mit ihrem Vater weggehen durften, hin und her hüpften. Agnes gab keine Antwort, als die Jungen ihr auf Wiedersehen zuriefen, und es tat ihm in der Seele weh, erneut diesen dürstenden, enttäuschten Blick in den Augen der Kinder zu sehen, als sie ihre Mutter ansahen. Auch wenn sie es nicht verstand, so sehnten sich die Kinder nach ihr. Sehnten sich danach, ihren Geruch und ihre Arme um den Leib zu spüren. Daß sie es doch verstand, aber es ihnen mit voller Absicht verweigerte, war eine Möglichkeit, die er sich nicht einmal vorstellen wollte, dennoch drängte sich ihm dieser Gedanke immer häufiger auf. Jetzt, da die Jungen vier Jahre alt waren, konnte er nur feststellen, daß sich Agnes zu ihnen irgendwie widernatürlich verhielt. Anfangs hatte er geglaubt, es läge an dem schweren Geburtstrauma, aber die Jahre vergingen, und noch immer schien sie keinen Zugang zu ihnen zu finden.
    Er selbst konnte sich nicht seliger fühlen, die Hügel hinabwandernd, an jeder Hand ein Kind. Die Jungen sprangen und stolperten, und manchmal mußte er fast rennen, um mit ihnen Schritt zu halten, obwohl seine Beine um so vieles länger waren als ihre. Die Leute lächelten und lüpften den Hut, wenn sie die Hauptstraße entlangkamen. Er wußte, daß sie ein gefälliges Bild abgaben - er, groß und kräftig, in seinen besten Sonntagskleidern, und die Jungen, auch sie so gut gekleidet, wie man es von Steinmetzsöhnen überhaupt erwarten konnte, und mit ihren identischen Blondschöpfen in dergleichen Nuance wie sein eigenes Haar. Sie hatten sogar seine braunen Augen geerbt. Anders bekam oft zu hören, wie ähnlich sie ihm seien, und jedesmal schwoll ihm vor Stolz die Brust. Manchmal gestattete er sich einen Seufzer der Dankbarkeit, weil sie in nichts nach Agnes zu schlagen schienen, weder im Aussehen noch in ihrer Art. Er hatte in den Jahren eine Härte an Agnes kennengelernt, von der er innigst hoffte, daß die Kinder sie nicht geerbt hatten. Als er beim Kaufmann vorbeiging, beschleunigte er den Schritt und vermied es tunlichst, in dessen Richtung zu sehen. Zwar war er gezwungen, hin und wieder dort vorbeizuschauen, um alles Lebensnotwendige einzukaufen, aber weil er gehört hatte, was die Leute redeten, versuchte er, die Besuche möglichst selten zu halten. Wenn er nur glauben könnte, daß der Weibertratsch kein Fünkchen Wahrheit enthielte, hätte er den Laden mit hocherhobenem Kopf betreten, aber das schlimmste war, daß er keinen Augenblick an dem Gerede zweifelte. Und hätte er gezweifelt, wären das überhebliche Lächeln und der freche Tonfall des Kaufmanns deutlich genug gewesen, um ihn zu überzeugen. Manchmal fragte er sich, wo wohl die Grenze des Erträglichen verlief, und wären da nicht die Jungen gewesen, hätte er seine Siebensachen schon längst gepackt. Aber um ihretwillen war er gezwungen, einen anderen Ausweg zu finden als den, Agnes zu verlassen, und er glaubte, ihn gefunden zu haben. Anders hatte einen Plan, und es hatte ihn ein Jahr harte Arbeit gekostet, um ihn in die Tat umsetzen zu können, aber jetzt war es bald soweit. Wenn sich nur die letzten Dinge fügten, könnte er seiner Familie einen neuen Anfang bieten, die Chance, daß sich alles zum Besten wendete, und vielleicht hatte er dann die Möglichkeit, Agnes mehr von dem zu bieten, wonach sie sich sehnte, so daß die Düsternis von ihr abfiel. Er meinte schon vor sich zu sehen, wie sich ihr neues Leben gestaltete.
    Er drückte die Hände der Jungen noch etwas fester und lächelte ihnen zu, als sie ihre Köpfe weit in den Nacken legten, um zu ihm hochzuschauen.
    »Vater,

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