Die Toechter der Kaelte
bekommen wir ein Bonbon?« fragte Johan in der Hoffnung, die offenbar gute Laune des Vaters würde ihn wohlwollend stimmen. Er bekam recht, Anders nickte nach kurzer Überlegung, und die Jungen jubelten und hüpften voller Erwartung hin und her. Bonbons einzukaufen hieß zwar, er mußte dem Kaufmann gegenübertreten, aber das war die Sache wert. Bald läge all das hier hinter ihm.
Gösta hockte in seinem Zimmer. Die Stimmung war, gelinde gesagt, gedrückt, seit Ernsts Schnitzer ans Licht gekommen war. Er schüttelte den Kopf, als er so da saß. Zwar hatte sich der Kollege im Laufe der Jahre schon das eine oder andere geleistet, aber diesmal hatte er jedes Maß überschritten. Und zum ersten Mal glaubte Gösta, daß Ernst aufgrund dieser Sache womöglich seinen Hut nehmen mußte. Nach dieser Geschichte konnte wohl nicht einmal Mellberg ihm mehr den Rücken decken.
Mißmutig schaute er aus dem Fenster. Das hier war die Jahreszeit, die er am meisten verabscheute. Sie war sogar schlimmer als der Winter. Denn jetzt war einem der Sommer noch in frischer Erinnerung, so daß er das Ergebnis jeder seiner Golf runden herunterbeten konnte. Später im Winter würde zumindest ein barmherziges Vergessen einsetzen, bei dem er sich zuweilen fragte, ob er wirklich diese perfekten Abschläge geschafft hatte oder ob es nur ein wunderbarer Traum gewesen war.
Das Klingeln des Telefons störte ihn in seinen Tagträumen.
»Gösta Flygare.«
»Hallo Gösta, hier ist Annika. Du, ich habe Pedersen in der Leitung, er sucht Patrik, aber Patrik ist im Moment ja ein bißchen schwer zu erreichen. Kannst du mit ihm reden?«
»Ja sicher, stell ihn nur durch.« Er wartete ein paar Sekunden und hörte, wie es in der Leitung klickte. Dann vernahm er die Stimme des Gerichtsmediziners.
»Hallo?«
»Ja, hier ist Gösta Flygare.«
»Ich habe gehört, daß Patrik unterwegs ist. Aber du arbeitest auch an dem Mordfall, oder?«
»Ja, das tun wir hier mehr oder weniger alle.«
»Gut, dann kannst du ja wohl die Informationen, die wir bekommen haben, entgegennehmen. Aber es ist wichtig, daß du alles an Hedström weiterbeförderst.«
Gösta fragte sich eine Sekunde lang, ob Pedersen von Ernsts Patzer gehört hatte, aber begriff dann, daß es unmöglich war. Er wollte wohl nur unterstreichen, daß der Verantwortliche für die Ermittlung alle Angaben erhalten mußte. Und Gösta hatte absolut nicht vor, Lundgrens Fehler zu wiederholen, soviel war sicher. Er würde auch das kleinste Räuspern an Hedström weitergeben.
»Ich werde mir genaue Notizen machen, und ihr schickt ja wohl ein Fax wie üblich?«
»Ja, selbstverständlich«, sagte Pedersen. »Die Sache ist die, daß wir bereits die Analyse der Asche erhalten haben - also dieser Asche, die sich im Magen und der Lunge des Mädchens befand.«
»Ja, mir sind die Details bekannt«, sagte Gösta, der eine leichte Irritation nicht verbergen konnte. Glaubte Pedersen, daß er hier im Revier nur ein verdammter Laufbursche war, oder?
Wenn Pedersen die Irritation bemerkt hatte, so ignorierte er sie und sprach gelassen weiter: »Ja, dabei haben sich eine Reihe interessanter Dinge herausgestellt. Erstens ist die Asche nicht gerade frisch. Ihren Inhalt oder zumindest Teile davon könnte man sogar …«, er zögerte, »… als ziemlich alt charakterisieren.«
»Ziemlich alt?« fragte Gösta, noch immer leicht gereizt. Aber er konnte auch nicht leugnen, daß sich eine gewisse Neugier einstellte. »Was heißt >ziemlich alt Reden wir von der Steinzeit oder den fröhlichen sechziger Jahren?«
»Tja, das ist der Haken. Laut Kriminallabor ist das ungemein schwer feststellbar. Die beste Einschätzung, die ich bekommen konnte, ist die, daß die Asche irgendwie zwischen fünfzig und hundert Jahre alt ist.«
»Hundert Jahre alte Asche?« fragte Gösta verblüfft.
»Ja, oder fünfzig, oder irgendwo dazwischen. Und das war nicht das einzige, was sie bemerkenswert fanden. In der Asche stieß man auch auf feine Steinpartikel. Genauer gesagt auf Granit.«
»Granit? Verdammt, was ist das denn für Asche? Es kann ja wohl kaum ein Stück Granit sein, das da verbrannt ist, oder?«
»Nein, Stein brennt bekanntlich nicht. Das müssen von Anfang an feine Partikel gewesen sein. Die Analyse des Materials selbst ist noch immer nicht abgeschlossen, also kann man noch nichts Genaueres sagen. Aber …«
Gösta hörte, daß etwas Großes folgen würde. »Ja?« fragte er auffordernd.
»Bisher läßt sich nur sagen, daß es
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