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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Kinderstuhl sitzen. Verzweifelt versuchte sie ihn zu beruhigen, aber er hatte richtig miserable Laune, denn auch er schlief nachts schlecht und wurde von ständigen Alpträumen gequält. Der Lärmpegel stieg immer weiter, und Anna konnte machen, was sie wollte, es half nichts. Das Herz wurde ihr schwer, als sie hörte, wie Lucas sich nebenan rührte und im nächsten Moment Emma anfing, nach ihr zu rufen. Annas Instinkt befahl ihr zu fliehen, aber sie wußte, daß es zwecklos war. Sie konnte sich nur zusammenreißen und bestenfalls ihre Kinder beschützen.
    »What the fuck is going on here!« Lucas baute sich auf der Schwelle auf und hatte wieder diesen seltsamen Ausdruck in den Augen. Leer, wahnsinnig, kalt. Sie wußte, daß genau das ihr Untergang werden würde.
    »Can’t you get your children to shut the fuck up?« Jetzt war sein Ton nicht mehr laut und drohend, sondern fast schon freundlich. Diesen Tonfall fürchtete sie am meisten.
    »Ich tue mein Bestes«, antwortete sie und hörte selbst, wie kläglich ihre Stimme klang.
    Adrian hatte sich auf seinem Kinderstuhl inzwischen in völlige Hysterie hineingesteigert, brüllte wie am Spieß und drosch mit seinem Löffel auf dem Tisch herum. »Nich essen! Nich essen!« wiederholte er immer wieder.
    Verzweifelt versuchte Anna, ihn zu beschwichtigen, aber er war schon so außer sich, daß er nicht mehr aufhören konnte.
    »Du brauchst nichts zu essen. Du mußt doch gar nicht. Du brauchst nichts zu essen«, beschwor sie ihn und hob ihn aus seinem Stuhl.
    »He’s gonna eat the bloody food«, stellte Lucas im selben ruhigen Ton fest. Anna merkte, wie sie erstarrte. Mittlerweile zappelte Adrian heftig in ihren Armen, weil sie ihn nicht wie versprochen auf den Boden setzte, sondern ihn mit sanfter Gewalt zurück in seinen Stuhl bugsierte.
    »Nich essen, nich essen!« schrie er aus vollem Halse, und Anna mußte ihre ganze Kraft aufwenden, um ihn festzuhalten.
    Kalt entschlossen schnappte sich Lucas eine der Brotscheiben aus dem Korb, den Anna auf den Tisch gestellt hatte. Mit eisernem Griff packte er Adrians Kopf und begann ihm das Brot in den Mund zu stopfen. Der Kleine fuchtelte wild mit den Armen, erst wütend, dann in wachsender Panik, denn der große Brotbrocken füllte seinen ganzen Mund, so daß er immer schlechter Luft bekam.
    Anna stand erst wie gelähmt daneben, dann erwachte der uralte Mutterinstinkt, und ihre Angst vor Lucas war wie weggeblasen. In ihrem Kopf herrschte nur noch der eine Gedanke, daß ihr Sprößling Schutz brauchte, und das Adrenalin schoß ihr in die Blutbahn. Mit einem primitiven Knurrlaut riß sie Lucas’ Hand weg und entfernte das Brot aus dem Mund des Kleinen, dem jetzt die Tränen über die Wangen strömten. Dann drehte sie sich um, bereit, Lucas zu begegnen.
    Schneller, immer schneller wirbelte die Spirale sie in die Tiefe.
     
    Mellberg erwachte ebenfalls mit einem unguten Gefühl, wenn auch aus wesentlich eigennützigeren Gründen. Im Laufe der Nacht war er mehrmals schweißgebadet aus dem immergleichen Traum hochgeschreckt, in dem er ohne viel Federlesens gefeuert wurde. So etwas durfte einfach nicht geschehen. Es mußte doch eine Möglichkeit geben, sich von der Verantwortung für das unglückselige Ereignis des Vortages freizusprechen, und der erste Schritt bestand darin, Ernst hinauszuwerfen. Diesmal gab es keine Alternative. Mellberg wußte, daß er in Bezug auf Lundgren vielleicht ein bißchen zu lasch gewesen war, aber in gewisser Weise hatte er es so empfunden, als seien sie seelenverwandt. Jedenfalls hatte er mit ihm wesentlich mehr gemeinsam als mit den anderen Volltrotteln auf dem Revier. Im Unterschied zu Mellberg hatte Ernst nun aber einen verheerenden Mangel an Urteilsvermögen bewiesen, und das war ganz folgerichtig sein Untergang. Da hatte er also einen Kardinalfehler begangen, doch war er wirklich immer überzeugt gewesen, Lundgren wisse es besser.
    Seufzend schwang er die Beine aus dem Bett. Er schlief grundsätzlich nur in Unterhosen, und nun tastete seine Hand sich unter dem dicken Bauch zum Schritt vor, wo er sich kratzen und gewisse Teile zurechtrücken mußte, die im Schlaf ein wenig in Schieflage geraten waren. Mellberg warf einen Blick auf die Uhr. Kurz vor neun. Reichlich spät, um es noch zur Arbeit zu schaffen, aber sie waren ja schließlich nicht vor acht dort rausgekommen, weil sie das ganze Geschehen noch einmal gründlich durchgehen mußten. Er hatte schon angefangen, am Bericht für seine Vorgesetzten zu

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