Die Toechter der Kaelte
erstatten, zu tun hattest. Kannst du mir ein bißchen davon berichten?«
Ohne gleich Antwort zu geben, drehte Gösta sich um und zog einen Ordner aus dem Regal hinterm Schreibtisch. Er blätterte darin und fand, was er suchte.
»Ich habe hier nur, was die letzten Jahre betrifft, der Rest ist, wie du weißt, im Archiv.«
Patrik nickte.
Gösta blätterte und überflog ein paar der gefundenen Papiere. »Ja, du kannst dir wohl diesen Ordner ansehen. Hier gibt es allerlei schöne Dinge. Anzeigen von beiden Seiten aus den verschiedensten Gründen.«
»Worum ist es beispielsweise gegangen?«
»Unbefugtes Betreten - Kaj hatte wohl mal eine Abkürzung über ihr Grundstück benutzt, Morddrohung - Lilian sagte offenbar zu Kaj, er solle sich in acht nehmen, wenn ihm sein Leben lieb ist.« Gösta blätterte weiter. »Ja, und dann ist da so einiges, was Kajs Sohn Morgan betrifft. Lilian behauptete, er hätte ihr hinterherspioniert, und, ich zitiere, >so einer hat ja einen übertriebenen Sexualtrieb, habe ich gehört, also plant er bestimmt, mich zu vergewaltigen< Zitatende. Und das ist nur eine kleine Auswahl.«
Patrik schüttelte verwundert den Kopf. »Haben die nichts Besseres zu tun?«
»Offenbar nicht«, erwiderte Gösta trocken. »Und aus irgendeinem Grund beharren sie darauf, sich mit dem Mist ständig an mich zu wenden. Aber jetzt lasse ich dich das, bis auf weiteres, herzlich gern übernehmen«, sagte Gösta und reichte Patrik den Ordner, der ihn mit einiger Reserviertheit entgegennahm.
»Aber«, fügte Gösta hinzu, »auch wenn Kaj und Lilian verdammte Streithammel sind, fällt es mir doch schwer zu glauben, daß Kaj so weit gegangen sein soll, das Kind umzubringen.«
»Du hast sicher recht«, erwiderte Patrik und stand auf, den Ordner in den Armen, »aber, wie gesagt, jetzt ist sein Name gefallen, und da muß ich die Möglichkeit zumindest ins Auge fassen.«
Gösta zögerte. »Sag Bescheid, wenn du mehr Hilfe brauchst. Es kann nicht Meilbergs Ernst sein, daß ihr beide, Lundgren und du, die Sache allein meistern sollt, es ist ja trotz allem eine Mordermittlung. Also wenn ich behilflich sein kann …«
»Danke, das begrüße ich wirklich. Und ich glaube, du hast recht. Mellberg wollte mir wohl nur eins auswischen, nicht mal er kann gemeint haben, daß ihr, also du und Martin, draußen bleiben sollt. Ich hatte ohnehin vor, alle zur Besprechung zusammenzurufen, vermutlich im Laufe des morgigen Tages. Wenn Mellberg etwas dagegen hat, muß er es sagen. Doch das glaube ich nicht.«
Er dankte Gösta mit einem Nicken, bevor er dessen Zimmer verließ und sich nach links zu seinem eigenen wandte. Als er dann auf seinem Bürostuhl saß, schlug er den Ordner auf und begann zu lesen. Es wurde eine Reise durch die menschliche Spießigkeit.
Strömstad 1923
Ihre Hand zitterte leicht, als sie vorsichtig an seine Scheibe klopfte. Das Fenster wurde umgehend geöffnet, und zufrieden dachte sie, daß er schon auf sie gewartet hat. Im Zimmer war es warm, und sie wußte nicht, ob seine Wangen vor Wärme glühten oder wegen der Gedanken an die Stunden, die vor ihnen lagen. Vermutlich war es letzteres, dachte sie, da sie dieselbe Hitze im eigenen Gesicht verspürte.
Endlich waren sie an dem Punkt angelangt, den sie seit damals im Auge hatte, als sie das erste Steinchen an sein Fenster geworfen hatte. Sie hatte instinktiv gefühlt, daß sie behutsam vorgehen mußte. Und wenn sie etwas konnte, dann war es, in den Männern zu lesen. In ihnen zu lesen und ihnen dann die Frau zu geben, die sie sich wünschten. Im Fall von Anders hieß das, sie mußte ein paar unerträglich lange Wochen das scheue Reh spielen. Am liebsten wäre sie schon am ersten Abend neben ihn ins Bett gekrochen, aber sie wußte, das würde ihn abstoßen. Wenn sie ihn haben wollte, mußte sie das Spiel mitspielen. Hure oder Heilige - sie konnte den Männern beides sein.
»Hast du Angst? «fragte er sie, als sie neben ihm auf dem schmalen Bett saß.
Sie unterdrückte ein Lächeln. Wenn er wüßte, wie bewandert sie in dem war, was jetzt geschehen sollte, dann würde er beben. Aber sie durfte sich nicht verraten. Nicht jetzt, wo sie zum ersten Mal einen Mann genauso heiß ersehnte wie er sie. Deshalb schlug sie die Augen nieder und nickte nur schwach. Als er beruhigend die Arme um sie legte, konnte sie das Lächeln an seiner Schulter nicht unterdrücken.
Dann suchte sie seinen Mund. Als der Kuß heftiger wurde, fühlte sie, wie er vorsichtig ihre Bluse
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