Die Toechter der Kaelte
bißchen Papierkram zu erledigen.«
»Paßt super. Dann bringe ich das hier noch hinter mich«, erwiderte Martin und wies auf den Berg mit den Anzeigen. »Hoffentlich bin ich bis dahin mit dem vollständigen Bericht fertig. Aber, wie gesagt, erwarte nicht zuviel, es scheint nichts Passendes darunter zu sein.«
Patrik nickte. »Mach es einfach so gut, wie du kannst.«
Gösta war vor dem Computerschirm fast eingeschlafen. Nur das Aufprallen seines Kinns auf der Brust ließ ihn immer wieder so weit aufwachen, daß er sich nicht völlig im Schlafnebel verlor. Könnte man nur die Beine eine Weile hochlegen, dachte er. Wenn er die Gelegenheit hätte, ein kleines Nickerchen zu machen, wäre er danach zur Arbeit imstande. So wie es in Spanien war. Dort verstand man, was es wert war, eine Siesta einzulegen. Aber nicht in Schweden, natürlich nicht. Hier sollte man sich durch einen Achtstundentag quälen, immer in Hochform, was Stimmung und Arbeitslust anging. Nein, wirklich ein verdammtes Land, in dem man wohnte.
Das schrille Klingeln des Telefons ließ ihn zusammenzucken.
»Verdammt«, sagte er, und seine Laune wurde nicht besser, als er die Nummer auf dem Display erkannte. Was wollte die Alte nun wieder? Dann sagte er sich, er sollte jetzt vielleicht etwas Mitgefühl haben, wenn man bedachte, was geschehen war, also nahm er den Hörer etwas besonnener ab.
»Gösta Flygare, Polizeirevier Tanumshede.«
Die Stimme am anderen Ende war aufgebracht, und er mußte die Frau bitten, sich ein wenig zu beruhigen, damit er verstand, was sie sagte. Das schien nicht zu helfen, also wiederholte er: »Lilian, sprich ein bißchen langsamer, ich verstehe kaum, was du sagst. Hol jetzt tief Luft, und wiederhole das eben Gesagte.«
Das schien sie endlich zu erreichen, und sie fing von vorn an. Gösta hörte mit erhobenen Brauen zu. Die Ereignisse nahmen eine unerwartete Wendung. Nach ein paar beruhigenden Versicherungen erreichte er, daß sie auflegte. Er riß die Jacke an sich und ging zu Patrik hinüber.
»Du, Hedström.« Gösta hatte es nicht für nötig gehalten anzuklopfen, aber Patrik arbeitete bei offener Tür, und da war er nach Göstas Ansicht selbst schuld, wenn die Leute einfach hereinplatzten.
»Ja?« Patrik sah fragend auf.
»Ich habe gerade einen Anruf von Lilian Florin erhalten.«
»Ja?« wiederholte Patrik mit neu gewecktem Interesse.
»Bei denen draußen scheint ein bißchen was passiert zu sein. Sie behauptet, Kaj hätte sie mißhandelt.«
»Verdammt, was sagst du da?« Patrik ließ den Bürostuhl herumschwingen, so daß er Gösta gegenübersaß.
»Ja, sie behauptet, er sei vor einer Weile bei ihr erschienen, hätte zu brüllen und zu schreien angefangen, und als sie versucht hatte, ihn zum Gehen zu bewegen, sei er mit den Fäusten auf sie losgegangen.«
»Das klingt ja völlig wahnsinnig«, sagte Patrik ungläubig.
Gösta zuckte die Schultern. »Das hat sie jedenfalls gesagt. Ich habe versprochen, daß wir umgehend auftauchen.« Er hielt demonstrativ seine Jacke in die Höhe.
»Ja, selbstverständlich«, antwortete Patrik und erhob sich mit Schwung vom Stuhl.
Zwanzig Minuten später waren sie erneut beim Haus der Florins. Lilian öffnete fast umgehend auf ihr Klopfen und ließ sie herein. Sobald die Männer die Schwelle überschritten hatten, begann sie wie wild mit den Armen zu gestikulieren.
»Seht ihr, was er mit mir gemacht hat!« Sie wies auf eine leichte Rötung im Gesicht und zog ihren Ärmel hoch, um einen roten Flecken am Oberarm zu zeigen. »Wenn er dafür nicht in den Knast geht, dann …« Sie erhitzte sich immer mehr und konnte vor Erregung kaum sprechen.
Patrik legte ihr beruhigend die Hand auf den unverletzten Arm und sagte: »Wir werden uns die Sache näher ansehen, das verspreche ich. Haben Sie es übrigens von einem Arzt untersuchen lassen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, muß ich das denn? Er hat mich ins Gesicht geschlagen und meinen Arm gepackt, aber ich glaube nicht, daß es größere Verletzungen sind«, gestand sie gegen ihren Willen ein. »Aber vielleicht braucht ihr ja Beweise in Form von Fotos oder so?« Lilians Gesicht hellte sich einen Augenblick auf, bevor Patrik sich genötigt sah, ihr die Hoffnung zu nehmen.
»Nein, es genügt wohl, daß wir es angeschaut haben. Wir gehen jetzt rüber und reden mit ihm, dann werden wir sehen, wie wir weiter verfahren. Gibt es jemanden, den Sie anrufen können?«
Lilian nickte. »Ja, ich kann meine Freundin Eva bitten
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