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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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Direktorin Uglemose munden. Sie hatten zwar etwas darüber gelästert, ob es nicht leicht unmaskulinistisch sei, Wein zu trinken, den eine Frau bereitet hatte, doch verwarfen sie diese Idee wieder, weil sie einsahen, daß sie dann ebensogut mit dem Essen aufhören könnten — jedenfalls bis auf weiteres. Sie hatten von einigen Männergruppen in Pax gehört, die Landwirtschaft in Kommunen betrieben, zu denen Frauen keinen Zutritt hatten. Aber in Egalia waren sie, soweit sie wußten, die ersten und einzigen Männer, die Land bebauten.
    Die vier Männer hatten eine Selbsterfahrungsgruppe gebildet, der sie den Namen „Der Streithahn“ gaben, mit dem Ziel, sich gegenseitig zu unterstützen und eigene Vorurteile abzulegen. In der Zoologie galt der Hahn als das einfältigste Tier und wurde deshalb als Bezeichnung für Männer benutzt, wenn dam über sie etwas Verächtliches oder Geringschätziges sagen wollte. Die instinktive Art des Hahns, auf sich aufmerksam zu machen, hielt dam ferner für das blödeste Verhalten, das sich denken ließ. Es gab überhaupt etwas Urkomisches und zugleich Obszönes an diesem Tier, so daß ständig — auf mythische Weise — Vergleiche zwischen ihm und dem Mann angestellt wurden.
    Herrlein Uglemose hatte zunächst gezögert, einer Gruppe beizutreten, denn er begriff sich eher als eine notwendige Figur im Hintergrund, als einen privilegierten Angehörigen der Oberschicht, der zufälligerweise ein Grundstück und ein Haus besaß, das er den jungen Leuten zur Verfügung stellen konnte. Allen in der Stadt über ihn kursierenden Gerüchten, daß er fallüstrisch sei, begegnete er mit Gleichmut. Daß ständig allerlei Gerüchte über ihn im Umlauf waren, hatte er sich hinzunehmen angewöhnt, als seien sie nahezu ein Bestandteil der natürlichen Ordnung. Aber er wußte überhaupt nicht, ob er sich der Männerbewegung zugehörig fühlte. Er glaubte vielmehr, er falle den Jüngeren nur zur Last und sei zu alt, um sich so zu verändern, wie die Maskulinisten es forderten, und darüber nachzudenken, wie sie sich faktisch verhielten, sich aber anders zu verhalten trachteten.
    Fandango hatte ihn jedoch eindringlich gebeten, mitzumachen. Sie brauchten seine Kenntnisse und Erfahrungen, sagte er und fügte hinzu, die ganze Männerbewegung sei doch ein totgeborenes Kind, wenn dam nicht dafür sorgte, daß auch ältere Männer dabeisein konnten. Sie seien es doch, die oft die meisten Erfahrungen hätten. Und da die Männerbewegung auf der Selbsterfahrung der Männer aufbaue, sei es ausgemachter Blödsinn, sie nicht mit einzubeziehen. Dennoch zögerte Herrlein Uglemose, bis die anderen vorschlugen, den „Streithahn“ zu einer Gruppe des Patriarchats zu machen.
    In der Gruppe war es urgemütlich. Bereits nach dem ersten Treffen hatten sie sie für geschlossen erklärt und den Eindruck gewonnen, daß sie für den Anfang schon weit gekommen waren. Falls andere über das zukünftige Patriarchat zu diskutieren wünschten, sollten sie lieber eigene Gruppen bilden.
    Als erstes beschloß der Streithahn, die bevorstehenden Ereignisse im Milationspark zu erörtern. Dabei gingen sie zwangsläufig von ihren eigenen Erfahrungen mit der Menstruation aus.
    Fandango erzählte, wie Ba, als sie noch zur Schule gingen, ein paarmal versucht habe, ihn hinter einen Busch zu zerren. Nie zuvor habe er darüber gesprochen und deshalb stets ein schlechtes Gewissen bekommen. Die ganze Zeit über habe er geglaubt, es werde ein großes Wunder geschehen. „Ich habe wohl angenommen, daß sie eures schönen Tages in eine rosarote Wolke gehüllt dasitzt und mir sagt, wie sehr sie mich liebt — dachte ich mir jedenfalls — und mir dabei sanft und zärtlich über den Rücken streicht oder so ähnlich.“ Doch das war nie geschehen. Statt dessen zeigte Ba ihm jedesmal ihre Brüste und Brustwarzen und erklärte ihm, wie groß und toll sie sich mit der Zeit noch entwickeln würden. Damals, fuhr Fandango fort, als sie zum ersten Mal ihre Menstruation bekam, habe sie die Klappe ihrer Hose aufgeknöpft, sich auf den Rücken gelegt und ihm erlaubt, sich das aus ihrem Gebärkanal sickernde Blut anzusehen; schließlich habe sie ihm versichert, daß sie sich jetzt allen Ernstes mit den Naturkräften eins wisse und sich ihnen verbunden fühle. Jetzt habe sie endlich die volle Reife erlangt, er dagegen werde nie eine vergleichbare Reife erreichen, sondern sei in alle Ewigkeit dazu verdammt, unreif zu bleiben, so wie er es jetzt sei. Fandango

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