Die Toechter Egalias
stimmt!“
„Ja... sicher ist diese Erscheinung häufiger verbreitet, als wir annehmen...“
„Häufig verbreitet? Manchmal sehe ich, wie mir scheint, nichts anderes. Manchmal glaube ich, die ganze Gesellschaft ist ein einziger riesiger Tummelplatz für homosexuelle Frauen, wo sie sich austoben, spielen und sich miteinander prügeln, wo sie sich beweihräuchern und verehren können, wo sie die Männer ans Haus fesseln, ihnen die miesesten Arbeiten zu weisen und sie nach Fallüstrien schicken können, während sie ihre geheiligte Schwesternschaft hegen und pflegen können auf großen schmucken Segelschiffen und in Frauenklubs und in Direktorinnen-Kooperativen und auf Sportplätzen, wobei es überhaupt keine Rolle spielt, ob sie rein physisch oder nur psychisch homosexuell sind, denn ihre Homosexualität scheint mir darin zu bestehen, daß sie sich lieben und uns hassen und ihren Körper lieben und pflegen, daß sie wahre Triumphe feiern zu Ehren ihres überlegenen Geschlechts und ihrer Tugend und daß sie, sobald wir Männer uns auch nur ein wenig dem Fallüstrismus hinzugeben versuchen, sofort eingreifen und uns schlechthin pervers nennen, wo wir doch nur versuchen, einen Abglanz jener Freuden zu erhaschen, die für sie selbstverständlich sind, denn sie können sich ungezwungen in der Öffentlichkeit bewegen und sich ihre Zuneigung ungehindert eingestehen. Sobald wir jedoch versuchen, uns ein bißchen gern zu haben und miteinander zusammen zu sein, greifen sie sofort ein, als verdürben wir ihnen ihr Spiel und als sei unser hundertprozentig heterosexuelles Verhalten die unabdingbare Voraussetzung dafür, daß sie sich in ihrer gigantischen weiblichen Homosexualität tummeln können, während wir aber miteinander nichts zu tun haben dürfen und daher in all die tausend kleinen trauten Heime aufgeteilt werden, wo wir am Herd stehen, Kartoffeln kochen und bei dem Gedanken glücklich sein sollen, daß sie möglicherweise einmal nach Hause kommen, und Angst davor haben sollen, daß sie nicht nach Hause kommen. Bevor wir es schaffen, in das traute kleine Heim zu gelangen, um dort Kartoffeln zu kochen, stehen wir bereits Richterliche Ängste aus, weil wir es vielleicht nie erreichen, dort am Herd zu stehen und Kartoffeln zu kochen. Sind wir glücklich in ein solches trautes Heim hineingelangt, dann sollen wir ihre tausend schlauen Ausflüchte, mit denen sie ihre Homosexualität entrüstet von sich weisen, auch noch nach Kräften hegen und pflegen. Und zwischendurch erlauben sie uns großzügig, mit ihnen zusammen ihre Triumphe zu feiern im Gebärpalast, bei den Menstruationsspielen und in den Sportpalästen. Ich finde das widerlich. Deshalb verachtet die Gesellschaft homosexuelle Frauen so sehr. Weil sie uns sichtbar vor Augen führen, daß alle Frauen homosexuell sind.“
Kristoffer betrachtete seinen Sohn. Er sah so sonderbar aus, wie er mit seinem zerschlagenen Gesicht aufgerichtet im Bett saß und mit brennenden Augen und gestikulierenden Armen eifrig seine Ansichten darlegte. Rut war ja eine intelligente Frau. Petronius hatte wohl etwas von ihrer Intelligenz geerbt, vielleicht auch etwas von seinen persönlichen Einsichten und Erfahrungen.
Er nahm seine Hand und drückte sie ein wenig.
„Ich wünschte, ich wäre du.“
Petronius sah seinen Vater fragend an. Das würde er nie vergessen.
Selbsterfahrung in der Männergruppe „Der Streithahn“
Endlich war der dreizehnte Monat des Jahres gekommen. Die großen Menstruationsspiele im Milationspark standen vor der Tür. Alle Frauen in Egalia freuten sich schon, daß sie aus den Häusern ins Freie kommen, spielen und ein bißchen mit ihren Kameradinnen trinken konnten. Die Männer in Egalia dagegen fürchteten sich davor, sämtliche Sachen für Frau und Kind herrichten, die Kinder im Park herumschleppen und alle Festlichkeiten mit ansehen zu müssen. Den Kindern in Egalia erzählte dam, daß auch sie sich freuen müßten, denn die Menstruationsspiele seien nun mal das festlichste Ereignis des Jahres.
Baldrian, Fandango, Petronius und Lisello (sie waren dazu übergegangen, Herrlein Uglemose nur noch Lisello zu nennen) saßen im Maskulinistenzentrum auf dem Plattenberg und diskutierten. Es war ein warmer und klarer Herbsttag, und die Obstbäume trugen in diesem Jahr außergewöhnlich'gut. Sie saßen draußen auf der kleinen Veranda im zweiten Stock, erfreuten sich an der Nachmittagssonne und ließen sich einen besonders guten Jahrgang vom Apfelwein der alten
Weitere Kostenlose Bücher