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Die tödliche Bedrohung

Die tödliche Bedrohung

Titel: Die tödliche Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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geschossen. Er rannte mit dem Kind aus der Wohnung und eröffnete das Feuer.“
    Der Polizist war ebenso kalkweiß wie sein Partner, der den Treppenabsatz voll blutete. Sie hätte nicht sagen können, wer von beiden mehr zitterte. „Wie heißen Sie?“
    „Harrison. Don Harrison.“ Er presste ein blutdurchtränktes Taschentuch auf die Schulterwunde seines Partners.
    „Officer Harrison, ich bin Lieutenant Grayson. Geben Sie mir einen Lagebericht, und zwar schnell.“
    „Sir.“ Er holte zweimal kurz und schnell Atem. „Häuslicher Streit. Schüsse. Ein Weißer versuchte die Frau in Apartment 2-D zu überwältigen. Als wir ankamen, eröffnete er das Feuer auf uns und rannte mit einem kleinen Mädchen nach oben.“
    In diesem Moment kam aus der Wohnung gegenüber eine Frau herausgetaumelt. Sie presste sich eine Hand in die Seite, und zwischen ihren Fingern sickerte Blut hervor. „Er hat mein Baby“, wimmerte sie. „Charlie hat mein Baby mitgenommen. Bitte, Gott …“ Sie fiel schluchzend auf die Knie. „Er hat den Verstand verloren. Bitte, Gott …“
    „Officer Harrison.“ Ein Geräusch an der Treppe veranlasste Althea herumzuwirbeln, dann stieß sie einen Fluch aus. Sie hätte es sich gleich denken können, dass Colt nicht im Auto bleiben würde. „Gehen Sie wieder nach unten und rufen Sie Verstärkung“, forderte sie ihn auf. „Ein Officer und eine Zivilistin verletzt. Geiselnahme. Sagen Sie mir jetzt, was für eine Waffe er hat“, fuhr sie an den Polizisten gewandt fort.
    „Sah aus wie ein 45er.“
    „Geben Sie es ebenfalls durch und kommen Sie dann als Rückendeckung wieder hoch“, sagte sie zu Colt. „Machen Sie sich nützlich. Tun Sie für die beiden hier, was Sie können.“
    Sie rannte die Treppe nach oben. Jetzt weinte das Kind wieder. Lange verängstigte Schluchzer, die in den engen Fluren widerhallten. In dem Moment, in dem sie das oberste Stockwerk erreichte, hörte sie eine Tür zuknallen. Die Tür, durch die man aufs Dach kam, entschied sie. Flach gegen die Wand gepresst machte sie die Tür auf und betrat geduckt das Dach.
    Er gab aufs Geratewohl einen Schuss ab. Die Kugel zischte ein ganzes Stück rechts neben ihr vorbei. Althea ging unbeirrt auf ihn zu.
    „Polizei!“, schrie sie. „Werfen Sie die Waffe weg!“
    Er stand weit vorn am Rand des Daches, ein großer Mann. Die Statur eines Footballspielers entschied sie. Sein Gesicht war rot angelaufen vor Wut, seine Augen wirkten glasig, was darauf hindeutete, dass er unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand. Damit würde sie zurechtkommen. Bei seiner Waffe handelte es sich tatsächlich um eine 45er. Damit kam sie auch zurecht. Aber, ob sie mit dem Kind, einem kleinen ungefähr zweijährigen Mädchen, das er keinen Meter vom Rand entfernt über den Abgrund hielt, auch zurechtkommen würde, wusste sie nicht.
    „Ich lasse sie fallen!“, brüllte er. „Ich mache es! Ich mache es todsicher. Ich schwöre bei Gott, dass ich sie fallen lasse wie einen Stein.“ Er schüttelte das Kind, das immer lauter schrie. Ein kleiner rosa Schuh fiel in die Tiefe.
    „Sie wollen doch bestimmt keinen Fehler machen, Charlie, oder?“ Althea schob sich Zentimeter um Zentimeter an ihn heran, wobei sie mit ihrer Pistole auf seine breite Brust zielte. „Kommen Sie, treten Sie vom Rand zurück.“
    „Ich lasse das kleine Biest fallen.“ Er bleckte grinsend die Zähne, seine Augen glitzerten. „Sie ist genau wie ihre Mutter. Dauernd am Winseln und Heulen. Haben gedacht, dass sie einfach so abhauen können, die beiden. Aber ich hab sie doch gekriegt, stimmt’s? Und jetzt tut es Linda leid. Jawohl, echt verdammt leid tut es ihr jetzt.“
    „Ja, das stimmt.“ Sie musste ihm unbedingt das Kind abnehmen. Irgendeinen Weg musste es doch geben. Plötzlich schossen ihr alte Erinnerungen durch den Kopf. Geschrei, Drohungen, Angst. Althea zertrat sie wie Kakerlaken. „Wenn Sie der Kleinen was antun, ist alles vorbei, Charlie.“
    „Erzählen Sie mir nicht, dass irgendwas vorbei ist.“ Wütend schüttelte er das Kind, als wäre es ein Wäschesack. Althea blieb vor Schreck das Herz stehen, und das Schreien hörte auf. Jetzt schluchzte die Kleine nur noch leise und hilflos in sich hinein, die großen blauen Augen starr vor Angst und weit aufgerissen. „Sie wollte Schluss machen. ‚Es ist vorbei, Charlie‘“, äffte er seine Frau mit schriller Stimme nach. „Da hab ich der blöden Kuh eine gescheuert, na und? Das hat sie weiß Gott verdient, wo sie die ganze

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