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Die tödliche Bedrohung

Die tödliche Bedrohung

Titel: Die tödliche Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ein, aber diesmal hatte ich mir das vielleicht sogar gewünscht. Ich blieb im Heim, bis ich achtzehn war. Und als ich schließlich rauskam, schwor ich mir, es nie zuzulassen, dass jemals wieder irgendwer diese Art von Kontrolle über mich hat. Ich war wild entschlossen, dafür zu sorgen, dass ich mich nie wieder wie ein Nichts fühle.“
    Colt streckte unsicher eine Hand aus und wischte ihr behutsam eine Träne von der Wange. „Du hast aus deinem Leben etwas gemacht, Althea.“
    „Ich habe es zu meinem gemacht.“ Sie atmete aus, dann wischte sie sich mit einer schroffen Bewegung die Tränen von den Wangen. „Bis jetzt habe ich nicht gern darüber nachgedacht, Colt.“
    „Aber es ist da.“
    „Ja, es ist da“, stimmte sie zu. „Der Versuch, so zu tun, als ob es nie passiert wäre, bringt es nur dichter an die Oberfläche. Das habe ich auch gelernt. Aber wenn man es einfach als einen Teil dessen akzeptiert, was einen zu dem gemacht hat, was man ist, verliert es an Bedeutung. Ich hasse Männer deswegen nicht, ebenso wenig wie ich mich selbst hasse. Aber ich weiß, wie es ist, ein Opfer zu sein.“
    Er wollte sie wieder an sich ziehen, doch er fürchtete, dass sie vielleicht nicht berührt werden wollte. „Ich wünschte, ich könnte dir deinen Schmerz nehmen.“
    „Es sind alte Narben“, murmelte sie. „Ich spüre sie nur noch zu ge wissen Gelegenheiten.“ Sie merkte, dass er sich zurückgezogen hatte, und das tat weh. „Ich bin kein anderer Mensch geworden, nachdem ich es dir erzählt habe. Das Problem ist nur, dass sich die meisten Menschen verändern, wenn man ihnen so eine Geschichte erzählt.“
    „Ich habe mich nicht verändert.“ Er hätte sie gern berührt, aber er wagte es nicht. „Verdammt, Thea, ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Was ich für dich tun kann.“ Er stand auf und ging vom Bett weg. „Ich könnte dir vielleicht einen Tee machen.“
    Sie hätte fast gelacht. „Nightshades Wundertee gegen alles? Nein danke.“
    „Was willst du dann?“, fragte er. „Sag’s mir einfach.“
    „Warum erzählst du mir nicht, was du willst?“
    „Das kann ich dir ganz genau sagen.“ Er schlenderte zum Fenster, wirbelte herum. „Ich will, dass du wieder fünfzehn bist, damit ich diesem Dreckskerl die Fresse einschlagen kann. Ich will ihn so fertig machen, dass er nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Und außerdem will ich deinem Vater beide Beine brechen und deiner Mutter einen Tritt in den Hintern verpassen.“
    „Schön, das kannst du nicht“, sagte sie kühl. „Denk dir was anderes aus.“
    „Ich will dich in den Arm nehmen!“, schrie er und rammte seine Hände in seine Hosentaschen. „Und wage es doch nicht, dich anzufassen.“
    „Ich will weder deinen Tee noch dein Mitleid. Wenn du mir nicht mehr anzubieten hast, solltest du vielleicht lieber gehen.“
    „Was willst du denn?“
    „Ich will, dass man mich verdammt noch mal so akzeptiert, wie ich bin. Und nicht auf Zehenspitzen um mich herumschleicht, als ob ich schwerbehindert wäre, nur weil ich Vergewaltigung und Misshandlung überlebt habe.“
    Er wollte ebenso heftig reagieren, aber dann hielt er sich zurück, weil ihm klar wurde, dass es ihm dabei gar nicht um sie ging. Alles, worum seine Gedanken im Moment kreisten, waren sein eigener Zorn, seine eigene Hilflosigkeit, sein eigener Schmerz. Langsam ging er zum Bett zurück und setzte sich neben sie. Ihre Augen waren immer noch nass; er sah sie im Halbdunkel glänzen. Er legte seine Arme um sie und zog sie sanft an sich, bis ihr Kopf auf seiner Schulter lag.
    „Ich gehe aber nicht“, murmelte er. „Okay?“
    Sie seufzte zufrieden auf. „Okay.“
    Althea erwachte bei Sonnenaufgang mit dumpfen Kopfschmerzen. Sie wusste sofort, dass Colt nicht mehr neben ihr lag. Müde rollte sie sich auf den Rücken und rieb sich die verquollenen Augen.
    Was hast du anderes erwartet, fragte sie sich. In Gesellschaft einer Frau, die ihm eine solche Geschichte erzählt hatte, würde sich kein Mann wohlfühlen. Und warum hatte sie bloß ihre ganze Vergangenheit bei ihm abgeladen? Wie hatte sie ihm etwas von sich anvertrauen können, was sie bisher noch niemandem erzählt hatte?
    Nicht einmal Boyd, der Mensch, den sie als ihren engsten Freund betrachtete, wusste mehr, als dass sie im Heim gewesen war. Den Rest hatte sie für sich behalten – bis letzte Nacht.
    Sie zweifelte nicht daran, dass die Sache mit Liz die Tür zu ihrem Unterbewusstsein geöffnet und den Albtraum

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