Die Tore Der Finsternis
»Wir möchten, dass Chib wieder auf die Beine kommt, denn wir haben ein paar Fragen an ihn.«
»Was für Fragen?«
Rebus schluckte ein paar Krümel hinunter. »Wir haben den Fall Ihres verstorbenen Mannes wieder aufgerollt.«
Sie schien entsetzt. »Eric? Warum? Das versteh ich nicht.«
»Kein Fall ist abgeschlossen, solange er nicht gelöst ist«, erklärte Rebus.
»DI Rebus hat Recht«, meinte Gray. »Man hat uns beauftragt, die Akten zu entstauben und nach neuen Anhaltspunkten zu suchen.«
»Was hat Chib damit zu tun?«
»Vielleicht gar nichts«, beschwichtigte sie Rebus. »Aber wir haben vor kurzem etwas herausgefunden.«
»Was?« Ihr Blick huschte zwischen den beiden Polizisten hin und her.
»Chib war der Besitzer des Stammlokals Ihres Ehemanns, des Lokals, in dem er sich am Abend seines Todes aufgehalten hat.«
»Und?«
»Und wir möchten mit ihm darüber reden«, erwiderte Rebus.
»Wozu?«
»Damit die Akte vollständig ist«, erklärte Gray. »Vielleicht können ja auch Sie uns helfen, indem Sie uns das eine oder andere erzählen.«
»Da gibt’s nichts zu erzählen.«
»Das stimmt nicht ganz«, meinte Rebus. »Zum Beispiel kam damals nie zur Sprache, dass Chib der Pub gehörte.« Rebus wartete, aber sie zuckte nur mit den Achseln. Eine Frau auf Krücken versuchte, am Tisch vorbeizukommen, und Rebus rückte mit seinem Stuhl näher an Fenella heran. »Seid wann haben Sie etwas mit Chib?«
»Eric war schon mehrere Monate tot«, betonte sie. Sie kannte sich aus und wusste, worauf sie hinauswollten.
»Aber Sie standen sich schon vorher nah?«
Sie starrte ihn an. »Was meinen Sie mit ›nah‹?«
Gray beugte sich vor. »Ich glaube, er meint, ob Sie und Chib vielleicht etwas mehr als nur gute Freunde waren, Fenella.« Dann lehnte er sich wieder zurück. »So etwas kann man schwer geheim halten, oder? Vor allem in einem Viertel, wo jeder jeden kennt... Wir brauchen wahrscheinlich nur ein wenig herumzufragen, um herauszufinden, wie es wirklich war.«
»Fragen Sie ruhig«, sagte sie und verschränkte die Arme. »Ich habe nichts zu verbergen.«
»Sie müssen es doch gewusst haben«, beharrte Gray. »Frauen spüren so etwas immer.«
»Was gewusst?«
»Ob Chib scharf auf Sie war. Nur darum geht es hier doch.«
»Nein, tut es nicht«, sagte sie barsch. »Ihnen geht es darum, Chib etwas anzuhängen, das er nicht getan hat.«
»Wir müssen wissen, was für persönliche Beziehungen bestanden haben«, sagte Rebus leise. »Dadurch vermeiden wir,
dass wir voreilige Schlüsse ziehen oder falschen Fährten folgen.« Er versuchte, leicht beleidigt zu klingen. »Wir haben gedacht, Sie könnten uns helfen.«
»Erics Tod ist längst Vergangenheit«, stellte sie fest und griff nach ihrer Tasse.
»Vielleicht ist unser Gedächtnis besser als das gewisser anderer Leute«, sagte Gray in scharfem Ton. Seine Geduld schien am Ende zu sein.
»Was meinen Sie damit?« Sie hob ihre Tasse, als ob sie daraus trinken wollte.
»DI Gray hatte bestimmt nicht die Absicht…« Rebus konnte seinen Satz nicht beenden. Sie schleuderte Gray den Tee ins Gesicht, stand auf und lief mit entschlossenen Schritten davon.
Gray war ebenfalls aufgesprungen. »Verdammte Scheiße!« Er rieb sich mit seinem Taschentuch übers Gesicht. Auf seinem weißen Hemd waren Flecken. Er sah Fenella nach. »Dafür könnten wir sie anzeigen, oder?«
Rebus musste an seine eigene Tee-Aktion denken. »Wenn du unbedingt willst«, sagte er.
»Verdammt, ich hab doch bloß…« Grays Piepser meldete sich. Er sah aufs Display. »Der Patient ist aufgewacht«, verkündete er.
Die beiden Männer liefen zum Fahrstuhl. Rebus war froh, den Muffin und die Banane zurücklassen zu können.
»Hoffentlich kommt sie uns nicht zuvor«, sagte er.
Gray nickte und schüttelte Teetropfen von seinen Schuhen.
Aber Fenella Lomax war auf der Station nicht zu entdecken. Man hatte Chip ein paar Kissen unter den Kopf geschoben, und eine Schwester flößte ihm schluckweise Wasser ein. Als Nolan Rebus und Grey kommen sah, stand er auf.
»Danke, dass Sie uns Bescheid gegeben haben«, sagte Gray. »Sie haben was gut bei mir.«
Nolan nickte. Er betrachtete das fleckige Hemd, sagte aber
nichts. Chib Kelly hatte inzwischen genug getrunken, legte seinen Kopf zurück und schloss die Augen.
»Wie geht es Ihnen, Mr Kelly?«, fragte Rebus.
»Ihr seid Bullen, stimmt’s?«, krächzte er. »Das hab ich sofort gerochen.«
»Kein Wunder, wir müssen ja auch alle das gleiche Deo
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