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Die Tore Der Finsternis

Titel: Die Tore Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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ich ein ziemliches Arschloch sein kann.«
    Gray lächelte, aber sein Blick blieb wach und berechnend. »Erzählst du mir, was du Jazz nicht erzählen konntest?«
    »Nur unter einer Bedingung.«
    »Welcher?«
    »Erst will ich die Sightseeingtour.«
    Gray schien das zuerst für einen Scherz zu halten, dann aber nickte er. »Gut«, sagte er. »Abgemacht.«

    Sie gingen zum Auto. An der Windschutzscheibe klemmte ein Strafzettel. Gray riss ihn weg.
    »Elende Paragraphenreiter!«, knurrte er und sah sich nach dem Schuldigen um. Aber es war niemand zu sehen. Das ARZT IM NOTDIENST-Schild lag deutlich sichtbar auf dem Armaturenbrett. »Das ist Glasgow«, schimpfte Gray, öffnete das Auto und stieg ein. »Eine Stadt voller Protestanten und Katholiken, und jeder Einzelne ein engstirniger, gottloser Drecksack.«
     
    Man konnte nicht gerade behaupten, dass sie die touristischen Sehenswürdigkeiten der Stadt abklapperten. Govan, Cardonald, Pollok und Nitshill, Dalmarnock, Bridgeton, Dennistoun, Possilpark und Milton. Die Ähnlichkeit vieler Straßenzüge hatte beinahe etwas Hypnotisches. Rebus ließ den Blick unkonzentriert herumschweifen. Mietshäuser, Spielplätze, kleine Läden. Jugendliche, die zugleich wachsam und gelangweilt wirkten. Ab und zu erzählte Gray eine Anekdote - die im Lauf der Jahre zweifellos immer weiter ausgeschmückt worden war. Er lieferte kurze Charakterskizzen von Schurken und Helden, von harten Kerlen und deren Frauen. Sie kamen am Parkhead-Stadion in Bridgeton vorbei. Für Leute wie Rebus war es einfach nur ein Fußballstadion, für die Celtic-Anhänger hingegen das Paradies.
    »Dann sind wir jetzt also im katholischen Teil«, stellte Rebus fest. Er wusste, dass das Stadion der Rangers - Ibrox - sich in der Nähe von Govan befand, wo Gray arbeitete. Deshalb fügte er hinzu: »Du bist Rangers-Fan, oder?«
    »Logisch«, bestätigte Gray. »Schon immer gewesen. Und du? Hearts-Fan?«
    »Ich hab keinen speziellen Verein.«
    Gray sah ihn ungläubig an. »Wie bitte?«
    »Ich gehe nie ins Stadion.«
    »Und wenn du dir ein Spiel im Fernsehen ansiehst?« Rebus zuckte nur mit den Achseln. »Dann hast du zwei Mannschaften
zur Auswahl... einer davon musst du doch die Daumen drücken.«
    »Nein, tu ich nicht.«
    »Und wenn die Rangers gegen Celtic antreten...« Gray wurde zunehmend ungehalten. »Du bist doch Protestant, oder?«
    »Was hat das damit zu tun?«
    »Na, dann bist du doch auf Seiten der Rangers, oder?«
    »Weiß nicht. Die haben mich nie gefragt, ob ich bei ihnen mitspielen will.«
    Gray schnaubte genervt.
    »Hör mal«, fuhr Rebus fort, »mir war nicht klar, dass der Rasen als Ersatz für einen Glaubenskrieg herhalten soll...«
    »Schnauze, John.« Gray konzentrierte sich wieder aufs Fahren.
    Rebus lachte. »Jetzt weiß ich wenigstens, womit ich dich ärgern kann.«
    »Treib’s lieber nicht zu bunt«, warnte ihn Gray. Er sah ein Hinweisschild zur M 8. »Fahren wir gleich nach Edinburgh, oder machen wir noch irgendwo Station?«
    »Lass uns zurück in die Stadt fahren und sehen, ob wir einen Pub finden.«
    »Das dürfte nicht allzu schwer sein«, meinte Gray und blinkte rechts.
    Seine Wahl fiel auf die Horseshoe Bar. Sie lag zentral und war eine Stätte des ernsthaften Alkoholgenusses. Hier würde einen niemand wegen eines Hemds voller Teeflecken pikiert anschauen, solange man sein Bier bezahlte. Rebus war sofort klar, dass man sich in dem Pub an bestimmte Regeln und Rituale halten musste und Stammkunden sich darauf verlassen konnten, dass ihr übliches Getränk für sie eingeschenkt wurde, kaum dass sie durch die Tür traten. Es war nach zwölf, und das Mittagsmenü - Suppe, Pastete mit Bohnen und zum Abschluss Eis - fand reißenden Absatz. Rebus sah, dass auch ein Getränk im Preis enthalten war.

    Sie bestellten beide Pastete und Bohnen - ohne Vor- oder Nachspeise. Gerade wurde ein Ecktisch frei, und sie setzten sich. Zwei Pints IPA. Gray meinte, sie könnten sicher jeder ein Pint verkraften.
    »Prost«, sagte Rebus. »Und danke für die Stadtrundfahrt.«
    »Beeindruckt?«
    »Wir sind durch Gegenden gekommen, in denen ich noch nie war. Glasgow ist wirklich ein Labyrinth.«
    »Dschungel wäre der bessere Ausdruck.«
    »Aber du arbeitest gern hier, oder?«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, woanders zu leben.«
    »Nicht mal, wenn du pensioniert bist?«
    »Eigentlich nicht.« Gray nahm einen Schluck Bier.
    »Du wirst die volle Rente bekommen, oder?«
    »Ja, und zwar schon bald.«
    »Ich hab überlegt, mich

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