Die Tore Der Finsternis
fauchte der Maler.
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine damit, dass wir nicht miteinander geredet haben, keinen Kontakt hatten.«
»Waren Sie mit ihm zerstritten?«
»Der Mann bescheißt sowohl seine Kunden als auch seine Künstler! Wie kann man zu so jemand eine Beziehung haben?«
»Darf ich Sie daran erinnern, dass Mr Marber tot ist?«, sagte Siobhan ruhig. Einen Moment lang schaute der Maler ihr beinahe in die Augen.
»Wie bitte?«
»Mir ist aufgefallen, dass Sie im Präsens von ihm reden.«
»Ach so, verstehe.« Er schien nachzudenken. Siobhan lauschte seinen lauten, rauen Atemzügen. Sie fragte sich, ob er Asthmatiker war.
»Haben Sie irgendwelche Beweise?«, fragte sie schließlich.
»Dafür, dass er ein Betrüger war?« Neilson überlegte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. »Ich weiß es, und das reicht mir.«
Siobhan sah aus den Augenwinkeln, dass Hynds sein Notizbuch gezückt hatte und eifrig mitschrieb. Es klingelte an der Tür. Neilson sprang, eine Entschuldigung murmelnd, auf. Als er hinausgegangen war, wandte Siobhan sich an Hynds.
»Hat uns nicht mal’nen Tee angeboten. Was notieren Sie da?«
Er zeigte es ihr. Es war nur eine Reihe von Schnörkeln. Sie blickte ihn fragend an.
»Hat eine wunderbare Wirkung auf die Konzentrationsfähigkeit, wenn jemand glaubt, alles, was er sagt, wird festgehalten.«
»Haben Sie das auf der Polizeiakademie gelernt?«
Er schüttelte den Kopf. »Während meiner Jahre in Uniform, Boss. Da lernt man auch so manches.«
»Nennen Sie mich nicht Boss«, sagte sie und schaute zur Tür, als Neilson in Begleitung eines weiteren Besuchers zurückkam. Sie staunte. Es war der Parkplatzdieb.
»Das ist mein... ähm...«, mühte Neilson sich mit dem Vorstellungsritual ab.
»Ich bin Malcolms Anwalt«, erklärte der Mann und verzog seine Lippen zu einem dünnen Lächeln.
Siobhan brauchte einen Augenblick, um sich zu fangen. »Mr Neilson«, sagte sie und versuchte, Augenkontakt mit ihm herzustellen, »das hier war als ein unverbindliches Gespräch geplant. Es war vollkommen unnötig -«
»Aber es ist doch ganz angenehm, der Sache einen formellen Rahmen zu geben, meinen Sie nicht?« Der Anwalt stolzierte durch den Krempel auf dem Boden. »Mein Name ist übrigens Allison.«
»Und Ihr Nachname, Sir?«, erkundigte sich Hynds unbekümmert. In dem Bruchteil einer Sekunde, in dem der Anwalt aus der Fassung geriet, hätte Siobhan ihren Kollegen küssen können.
»William Allison.« Er gab Siobhan seine Visitenkarte.
Sie würdigte die Karte keines Blickes, sondern reichte sie gleich an Hynds weiter. »Mr Allison«, sagte sie ruhig, »wir wollten bloß ein paar Routinefragen bezüglich der geschäftlichen und persönlichen Beziehungen stellen, die möglicherweise zwischen Mr Neilson und Edward Marber bestanden haben. Es hätte zehn Minuten gedauert, dann wären wir wieder gegangen.« Sie erhob sich und registrierte, dass Hynds
es ihr gleichtat. Er lernte schnell, das gefiel ihr. »Aber da Ihnen an einem formellen Rahmen gelegen ist, werden wir diese Unterhaltung wohl besser auf dem Polizeirevier fortsetzen.«
Der Anwalt richtete sich kerzengerade auf. »Also, hören Sie, es ist doch nicht nötig...«
Sie ignorierte ihn. »Mr Neilson, ich nehme an, Sie möchten im Wagen Ihres Anwalts fahren.« Sie schaute auf seine bloßen Füße hinunter. »Schuhe wären vielleicht ratsam.«
Neilson sah Allison an. »Ich bin gerade in einer kreativen...«
Allison fiel ihm ins Wort. »Tun Sie das wegen der Sache, die vorhin draußen passiert ist?«
Siobhan hielt ohne zu blinzeln seinem Blick stand: »Nein, Sir. Ich tue das, weil ich mich frage, wieso Ihr Klient das Bedürfnis hatte, Sie hinzuzuziehen.«
»Soweit ich weiß, hat jeder Mensch das Recht...«
Neilson zupfte ihn am Ärmel. »Ich bin gerade in einer kreativen Phase, Bill. Ich will nicht stundenlang in einer Zelle eingesperrt sein.«
»Die Vernehmungsräume bei uns auf der Wache sind eigentlich recht gemütlich«, ließ Hynds den Maler wissen. Dann schaute er ostentativ auf die Uhr. »Natürlich, bei dem Verkehr um diese Zeit... da dauert die Fahrt nach St. Leonard’s eine Weile«
»Und die Rückfahrt auch«, fügte Siobhan hinzu. »Außerdem müssen wir vielleicht etwas warten, bis ein Vernehmungsraum frei wird.« Sie lächelte den Anwalt an. »Aber dafür werden wir dort die formelle Atmosphäre haben, die Sie sich wünschen.«
Neilson hob eine Hand. »Einen Moment bitte.« Er ging zusammen mit dem Anwalt in den
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