Die Tore Der Finsternis
sich einzumischen.«
»Meine Güte, Siobhan, wissen Sie eigentlich, wie Sie klingen?« Rebus hob seinen Stuhl vom Boden auf und ließ sich plumpsend darauf nieder. »Jedes Mal, wenn Sie mit Gill geredet haben, hören Sie sich hinterher an, als kämen Sie frisch von der Akademie.«
»Lenken Sie gefälligst nicht vom Thema ab, John!«
»Dann setzen Sie sich und lassen Sie uns darüber reden.« Ihm kam ein Gedanke. »Vielleicht lieber draußen auf dem Parkplatz. Ich könnte eine Zigarette vertragen.«
»Nein«, sagte sie entschlossen. »Wir reden hier.« Sie setzte sich auf Caffertys Stuhl. »Was haben Sie eigentlich zu ihm gesagt?«
»Es ging darum, was er zu mir gesagt hat.«
»Und das war?«
»Er weiß von Jean, weiß, wo sie wohnt.« Rebus bemerkte, welche Wirkung seine Worte auf Siobhan hatten. Nicht sagen konnte er ihr jedoch, dass Caffertys Bemerkung nicht die alleinige Ursache gewesen war. Es gab außerdem noch die Kleinigkeit einer Nachricht aus der Einsatzzentrale. Der Zettel befand sich zusammengefaltet in Rebus’ Hemdtasche. Die Mitteilung besagte, dass Dickie Diamonds Wagen in der New Town gesichtet worden war, am Straßenrand abgestellt und mit einem Strafzettel unter dem Scheibenwischer. Also hatte sich Diamond, wo immer er jetzt auch sein mochte, der Anweisung widersetzt.
Der eigentliche Katalysator war jedoch Rebus’ Frustration gewesen. Er hatte Cafferty in St. Leonard’s haben wollen, damit er sondieren konnte, wie viel der Mann über das Drogenversteck der SDEA wusste. Aber als er dann vor ihm saß, war es unmöglich gewesen, ihn auszuhorchen - jedenfalls nicht, ohne zu verraten, worum es ging.
Der einzige Mensch, den er vielleicht noch fragen konnte, der vielleicht Informationen beschaffen konnte, war das Wiesel. Aber der würde seinen Chef nicht verpfeifen - das hatte er deutlich gesagt, und auch, dass das Verhältnis zwischen ihm und Cafferty nicht mehr so eng sei wie früher.
Es gab für Rebus schlicht und einfach keine Möglichkeit herauszufinden, was er wissen wollte.
Und dieses Gefühl der Ohnmacht war in ihm hochgekocht und hatte zu dem gewaltsamen Ausbruch geführt, als Cafferty Jean erwähnte.
Der Schweinehund hatte seinen Trumpf im genauen Wissen um dessen Wirkung ausgespielt. Mein Verdacht, dass Ihnen das Spaß machen würde... mag’s im Bett gern auf die harte Tour.
»Gill hat vor, Malcolm Neilson zu verhaften«, verkündete Siobhan.
Rebus hob eine Augenbraue. »Will man ihn anklagen?«
»Sieht so aus.«
»Also wird Cafferty vom Haken gelassen?«
»Noch ist die Leine nicht durchgeschnitten. Das Problem ist nur, dass einer unserer Männer über Bord gehen könnte, wenn wir’s nicht bald tun.«
»Seien Sie nicht so melodramatisch.«
»Es ist mein voller Ernst«, sagte sie. »Lesen Sie mal bei Gelegenheit Moby Dick .«
»Ich kann keine Ähnlichkeit zwischen mir und Kapitän Ahab entdecken. Im Film hat Gregory Peck ihn gespielt, stimmt’s?«
Siobhan schüttelte den Kopf, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. Rebus nahm nicht an, dass sie seine cineastischen Kenntnisse anzweifelte.
Im Flur hörte man Geräusche, dann klopfte es an der Tür. Es war aber nicht Gill Templer, sondern ein breit lächelnder Tam Barclay.
»Hynds hat gesagt, dass Sie hier sind«, sagte er zu Rebus. »Willst du mitkommen und dir anschaun, was wir aus Leith mitgebracht haben?«
»Weiß nicht«, erwiderte Rebus. »Ist es was Ansteckendes?« Aber er folgte ihm, ging den Flur entlang, vorbei an Ward und Sutherland, die gerade über einen Witz lachten, und in VR 1 hinein, wo Jazz McCullough und Francis Gray reglos dastanden - fast wie Zoologen, die ein neu entdecktes, exotisches Wesen eingehend betrachten.
Besagtes Wesen trank gerade Tee aus einem Plastikbecher. Es schaute Rebus nicht an, war sich aber offenkundig seiner Ankunft in dem winzigen Raum voll bewusst.
»Kaum zu glauben«, sagte Gray und klatschte in die Hände. »Erste Anlaufstelle ist die Bar Z, und wer kommt uns entgegen, als wir vor der Tür stehen?«
Rebus kannte die Antwort bereits. Sie saß einen Meter vor ihm auf einem Stuhl. Er kannte die Antwort seit dem Moment, als Barclay den Kopf durch die Tür gestreckt hatte.
Richard Diamond alias Diamond Dog.
»Um die Vorstellungsrunde abzuschließen«, sagte Barclay zu Diamond, »das hier ist DI Rebus. Vielleicht erinnern Sie sich - er hat Sie vor Urzeiten einmal verhaftet.«
Diamond starrte stur geradeaus. Rebus sah zu Gray. Der zwinkerte kurz, als wolle er Rebus
Weitere Kostenlose Bücher